IV
Schönheit), wie Hirt selbst sagt) ein Resultat von mehreren Momenten ist, so
mufs doch noth wendig, wenn sich die Momente ändern, auch dieses Resultat
ein anderes werden. Konnten demnach unsere Voreltern (um mich blofs auf
die altdeutschen Gebäude zu beschränken) bei Bedürfnissen, Klima und Ma-
terial, die alle so aufserordentlich verschieden von den griechischen waren,
dennoch im griechischen Style bauen? Und ist der altdeutsche Styl, der so
ungeheure Bedürfnisse mit meist schlechtem Material auf das vollkommenste
befriedigt, flach zu nennen, weil er sich nicht an die griechischen Formen und
Verhältnisse, die aus gutem Material und kleinen Tempeln entsprungen, band,
und sich ebenso aus sich selbst herausbildete, wie einst der griechische Styl,
der ja auch keine Nachahmung, des älteren ägyptischen ist? Nein, eine solche
Beschränktheit — die Schönheit, welche ein ganz Relatives ist, für ein Abso-
lutes zu halten — ist einem Professor und Schriftsteller in unsern aufgeklärten
Zeiten gar nicht zu verzeihen. Auch sollte man sich doch eher befleifsen, seine
schwachen Einsichten zu verbessern, als ein ganzes Jahrtausend, das so eigen-
thümlich und consequent dasteht, dreist zum Fenster hinaus zu werfen.
Bei der nun folgenden Vertheidigung der einzelnen Punkte bitte ich um
Geduld, wenn sie oft zu breit werden sollte. Die Schuld liegt indessen nicht
an mir. Herr Hirt suchte meine Meinung durch Wortverfälschungen und ge-
schraubte Auslegungen zu entstellen, und ich mufs nun doch diese langweiligen
Knoten, der Vollständigkeit halber, wieder auflösen.
Rom, den 10. Januar 1824.
Heinrich Hübsch.
Schönheit), wie Hirt selbst sagt) ein Resultat von mehreren Momenten ist, so
mufs doch noth wendig, wenn sich die Momente ändern, auch dieses Resultat
ein anderes werden. Konnten demnach unsere Voreltern (um mich blofs auf
die altdeutschen Gebäude zu beschränken) bei Bedürfnissen, Klima und Ma-
terial, die alle so aufserordentlich verschieden von den griechischen waren,
dennoch im griechischen Style bauen? Und ist der altdeutsche Styl, der so
ungeheure Bedürfnisse mit meist schlechtem Material auf das vollkommenste
befriedigt, flach zu nennen, weil er sich nicht an die griechischen Formen und
Verhältnisse, die aus gutem Material und kleinen Tempeln entsprungen, band,
und sich ebenso aus sich selbst herausbildete, wie einst der griechische Styl,
der ja auch keine Nachahmung, des älteren ägyptischen ist? Nein, eine solche
Beschränktheit — die Schönheit, welche ein ganz Relatives ist, für ein Abso-
lutes zu halten — ist einem Professor und Schriftsteller in unsern aufgeklärten
Zeiten gar nicht zu verzeihen. Auch sollte man sich doch eher befleifsen, seine
schwachen Einsichten zu verbessern, als ein ganzes Jahrtausend, das so eigen-
thümlich und consequent dasteht, dreist zum Fenster hinaus zu werfen.
Bei der nun folgenden Vertheidigung der einzelnen Punkte bitte ich um
Geduld, wenn sie oft zu breit werden sollte. Die Schuld liegt indessen nicht
an mir. Herr Hirt suchte meine Meinung durch Wortverfälschungen und ge-
schraubte Auslegungen zu entstellen, und ich mufs nun doch diese langweiligen
Knoten, der Vollständigkeit halber, wieder auflösen.
Rom, den 10. Januar 1824.
Heinrich Hübsch.