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Humann, Carl; Puchstein, Otto
Reisen in Kleinasien und Nordsyrien: ausgeführt im Auftrage der Königlichen Preussischen Akademie der Wissenschaften (Text) — Berlin, 1890

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https://doi.org/10.11588/diglit.5242#0213
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Ausflug nach Khores 207

von Kiakhta erst vor kurzer Zeit nach Diarbekir gebracht worden — eine
Angabe, welche allerdings noch weiterer Bestätigung bedarf.

Von hier brach ich am dritten Tage dieses Ausfluges, nachdem der
Vormittag zu photographischen Aufnahmen der Burg und ethnographischer
Typen verwendet war, nachmittags nach Khores auf und erreichte in 5."/*
Stunden Külbisch, das ebenso wie die unterwegs berührten gleichfalls rein
kurdischen Dörfer Dschimik und Hut auf einer flachen Bergstufe liegt, die
etwa 10 km breit und zweimal so lang sich parallel dem Euphrat etwa
200 m höher als dieser dahinzieht und nur von spärlichen aber bis zu 70 m
tief eingeschnittenen Wasseradern durchzogen wird.

Am nächsten Tage in fast genau nördlicher Richtung in go Minuten
nach Kumik, das ganz in der Sohle eines solchen Wasserrisses, etwa 65 m
unter dem Niveau der Ebene gelegen ist, ferner in 40 Minuten nach Ge-
wusz, dem Hauptorte dieses Plateau's, mit einem grofsen aus Stein gebauten
Konak des Kurden-Schekh's Hadschi Achmed Aga, dann in 45 Minuten nach
Salmadin-köi, von wo man in 20 Minuten den Rand des Plateau's erreicht;
nach einer Viertelstunde steilen Abstieges ist man am Euphrat (450 m) und
steigt, nachdem man ein breites, jetzt fast trockenes Flufsbett überschritten,
wieder eine halbe Stunde bis zur Burg von Khores. Diese zeigt sich von
der Landseite ganz anders als vom Flusse her, von wo sie Moltke zuerst
gesehen; dort erscheint sie ganz aus gewaltigen Quadermauern aufgetürmt,
die vom Euphrat bespült hoch aufragen; hier von Norden und von Osten ge-
sehen, erscheint sie als ein fast halbkugeliger Hügel mit einem sorgfältigen
Belage von Quadern ganz ähnlich den Burgbergen von Aleppo, Aintab,
Mar'asch und Diarbekir. Für das Alter dieser gepflasterten, zum Teile
künstlich errichteten Vesten fehlt es bisher an sicheren Anhaltspunkten, und
fast scheint es, als ob sich an ihnen das zweite vorchristliche'und das zweite
nachchristliche Jahrtausend, spätes Mittelalter und die graue Vorzeit die
Hände reichten. Inschriften, welche an keiner der ähnlichen Burgen fehlen,
habe ich in Khores nicht gefunden; meine Leute, die bei einer Luft-Tem-
peratur von 40° C. einen längeren Aufenthalt in der schattenlosen Wüstenei
unbehaglich finden mochten, drängten unter allerlei Vorwänden zum Auf-
bruch, und unten am Flusse die nächste Morgenkühle abzuwarten verbot
die Rücksicht auf die überhaupt so kurz bemessene Zeit. So mufste ich
im nahen Dorfe nach kurzer Rast um 3h 30 den Rückweg antreten. Genau
Nordwest in der Richtung nach Kara-kusch reitend, erklimmt man bald wieder
das einförmige Plateau von Gewusz (wenn es erlaubt ist, dieses nach seinem
Hauptorte zu nennen) und gelangt nach 2JA Stunden an den Lilan-tschai,
einen selbst im Sommer noch sehr wasserreichen 15 m breiten Zuflufs des
Kiakhta-su und nach 45 Minuten in das Dorf Gigan. Hier verläfst man das
Plateau, geht den Kiakhta-tschai aufwärts, durchfurtet denselben, was selbst
unter der Leitung eines hier angesiedelten armenischen Müllers immer als
 
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