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Heydemann, Heinrich
Hallisches Winckelmannsprogramm (Band 11): Jason in Kolchis — Halle a.S., 1886

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https://doi.org/10.11588/diglit.5998#0006
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als Ausländerin, durch den Kasten mit den Zaubermitteln, den sie auf beiden Händen haltend
dem vor ihr stehenden Jason zeigt, als Zauberin gekennzeichnet2; der Führer der Argonauten,
mit Chlamys und Schuhen bekleidet, mit Lanze und Schwert bewaffnet, ist dagegen äusserlich
vor seinen Begleitern nicht weiter hervorgehoben, aber durch sein Stehen vor und sein Unterhalten
mit Medea — er streckt im Gespräch die Rechte lebhaft aus — als solcher deutlich bezeichnet.
Wir haben jene Zusammenkunft vor uns, welche bei Apollonios Rhodios (III 828 ss.) bei Morgen-
grauen im Hain des Hekateheiligtums stattfindet und bei welcher sie ihm für den Schwur seiner
steten Liebe zugleich mit Rathschlägen übergibt das rettende

(fMQy.a-a.ov, o qq<x te (paol IlQOfirjd-ttov xaZstoftcu3.

In Sage und Dichtung geht diese Zusammenkunft ohne Zeugen vor sich; die bildende Kunst da-
gegen fügte dem Jason Tbeilnehmer des Argonautenzuges hinzu, zur Abrundung und Vervoll-
ständigung der Darstellung: ausser Jason sind auf der Berliner Vase die beiden geflügelten
Boreaden und ein dritter Argonaut zugegen, den wir namenlos lassen müssen.

Das andere Vasenbild ist zum ersten Mal auf der beifolgenden Tafel unter no. 2 (in halber
Originalgrösse) abgebildet nach einer Zeichnung im archäologischen Apparat des Berliner Museums;
es zierte eine Hydria, die einst im Besitz des Kunsthändlers Catalani in Neapel war; wo sie jetzt
ist, vermag ich nicht zu sagen. In der Mitte sitzt Medea, in griechischer Tracht und phrygischer
Kopfbedeckung; auf der linken Hand hält sie den runden Zauberkasten, dessen Deckel sie mit
der Rechten öffnet Vor ihr Jason, auf Schild und Lanzenschaft gestützt, zuschauend und die
Uebergabe des 'Pharmakon', das Medea aus dem Kasten nehmen wird, abwartend; er ist mit
Chlamys und Petasos versehen. Hinter der Zauberin noch einer der Argonauten, mit Mantel
und Lanzenschaft; er ist im Begriff sich zu entfernen und blickt zu den Beiden um.

Hieran reiht sich als dritte Darstellung jenes Bild, welches der jüngere Philostratos
zusammenphantasiert hat (Imag. VII). Und zwar hat er die Scene doch wol im Gedanken an
Apollonios Rhodios4 entworfen und geschildert, welchen er für zwei andere rhetorische Bild-
beschreibungen — die Astragalenspieler Eros und Ganymedes (Imag. VIII = Apoll. Rhod. III
111 ss.)5 und die Verfolgung der Argo durch den auf seinem Viergespann ihr nachsetzenden Aietes
(Imag. XI = Apoll. Rhod. IV 183ss.)° — unzweifelhaft, ja gradezu sklavisch benutzte, während
für jene Beschreibung der Medea und des Jason dem alexandrinischen Epiker nur die allgemeine
Stimmung und Situation entlehnt sind. Der Rhetor denkt sich Medea als Priesterin7, im Palast
des Königs wol sitzend8, und vor ihr stehend Jason, der eben in Kolchis angelangt ist und dessen

2) Vgl. dazu Apoll. Rhod. III 844 ((pwpiufttk); n. a. m. bei Jahn Rh. Mus. für Phil. Nf. VI S. 206 f.

3) Vgl. auch Pindar Pyth. IV 221 (392): avv 8' iXaUf (fuQi.iaxwauia uvzizofiu axefitäv oSwSv äwxe

ypisoSai.

4) Vgl. die ausführliche Schilderung von Medea's Seelenzustand bei Apoll. Rhod. III 275 ss.

5) Vgl. dazu Friederichs Jahrb. für class. Phil. SnppL V S. 141 ff; 2. Hall. Winckelinannspr. S. IS ff.

6) Vgl. dazu Matz de Philostr. fide p. 112ss. und Piniol. 31 S. 622 f.

7) lIeQ07igsni](; rijv xwfitjv — etwa geknotete Wollfiiden (vittac) im Haare tragend.
S) So vermuthcte zuerst richtig Heyn" Opusc. acad. V p. 175.
 
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