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Robert, Carl
Hallisches Winckelmannsprogramm (Band 18): Die Marathonschlacht in der Poikile: und weiteres über Polygnot — Halle a. S., 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.6004#0110
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IV.

Nachträgliches zu den Lesche-Bildern.

In der Einleitung zur Nekyia S. 4 hatte ich ausdrücklich hervorgehoben, dass es sicli bei
den von mir unternommenen Rekonstruktionsversuchen nur um eine Etappe in dem Fortschritt unserer
Erkenntniss handeln könne, und die Hoffnung ausgesprochen, dass ihnen bald andere und bessere
folgen möchten. Einigermassen hat sich diese Hoffnung auch erfüllt. Zwar Schöne beschränkt sich in
seiner mehrfach erwähnten Rezension fast ausschliesslich auf Negation; dagegen hat Schreiber in einem
Artikel, der das Motto trägt fiövoig yäq ijiiiv rjliog v.ai (ftyyog 'iXctQÖv sativ (Festschrift für Over-
beck S. 184 ff.), einen positiven und wenigstens schematisch durchgeführten Rekonstruktionsvorschlag
für die Nekyia und für einen Abschnitt der Uiupersis vorgelegt. Am ernsthaftesten und gründlichsten
aber hat Paul Weizsäcker die Frage angefasst, der in seiner wohldurchdachten Schrift „Polygnots
Gemälde in der Lesche der Knidier in Delphi" selbständige, bildlich ausgeführte Rekonstruktions-
entwürfe der beiden delphischen Bilder giebt. Dazu treten gelegentliche Einzelbcmerkungen anderer
Forscher, unter denen sich namentlich die von Six (Athen. Mitth. XIX 1894 S. 335 ff.) durch Feinheit
und Scharfsinn auszeichnen. Ich glaube, meine Polygnot-Forschungen nicht abschliessen zu dürfen,
ohne zu diesen Arbeiten Stellung zu nehmen.

Schreiber und Weizsäcker stellen zunächst die Frage nach der Gestalt der Lesche in den
Tordergrund. Beide entscheiden sich für eine auf der einen Seite offene Säulenhalle, auf deren Lang-
seite die beiden Bilder nebeneinander angebracht gewesen seien. Ich habe diese Möglichkeit Nekyia
S. 45 sehr ernsthaft erwogen, und ich meine, wer meine Worte liest, muss merken, wie schwer es
mir geworden ist, diese Annahme fallen zu lassen. Auch glaubte ich damals der Erste zu sein, der
diesen Gedanken überhaupt in Betracht zöge. Dass mir sowohl Schubart1) als Michaelis2) voran-
gegangen sind, war mir entgangen; ja, ich bekenne, dass ich das schöne Programm des letzteren erst
jetzt, fünfundzwanzig Jahre nach seinem Erscheinen, kennen gelernt habe. Nicht zu meiner Entschul-
digung, nur zur Erklärung füge ich hinzu, dass ich, als jene Schrift erschien, im Felde stand, und bei
der Heimkehr der eben fertig gewordene „Parthenon" mich begrüsste, durch den ich alles Frühere
erledigt glaubte. Wenn ich es also auch beklagen muss, in meiner Darstellung der Entwickelung
des Problems (Nekyia S. 33 — 36) Michaelis den ihm gebührenden Ehrenplatz nicht eingeräumt zu

') Ztsohr. f. Alterthumswissenschaft 1855 S. 395 ff. und Fleckeisons Jahrb. CV, 1872 S. 174.
J) lieber die Komposition der Giebelgruprjen am Parthenon (Tübinger Fakultäts-Progr. 1870).
 
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