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Hyrtl, Joseph
Onomatologia anatomica: Geschichte und Kritik der anatomischen Sprache der Gegenwart ; mit besonderer Berücksichtigung ihrer Barbarismen, Widersinnigkeiten, Tropen, und grammatikalischen Fehler — Wien, 1880

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https://doi.org/10.11588/diglit.14858#0052
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16. Ancon und Anconaeus quartus.

bei späteren griechischen Autoren erleben wir die Anastomosis
selbst als Gefässverengerung. Sysstomosis führt Aristoteles
als zugespitzten Mund, und Strabo, als Einmündung
eines Flusses an. — Anastomosis mit Ein- oder Zusammen-
mündung zu übersetzen, wie es in deutschen Anatomien oft
geschieht, widerstreitet dem Sinn des griechischen Wortes,
denn avd enthält hier den Begriff von auf, nicht von ein
oder zusammen.

16, Ancon und Anconaeus quartus,

Ein griechisches Adjectiv irpuovaiog existirt nicht; also
darf es kein lateinisches anconaeus geben. 'A*p«i!)V war den
Griechen — Armbug, und mancherlei anderes Eingebogenes.
Dass sie das vorspringende Olecranon, auch ayv-wv nannten,
wie Galen und Rufus bezeugen1), mag daraus zu erklären
sein, dass das Olecranon, am gebleichten Knochen, eine
tiefe Concavität (Caritas sigmoidea s. lunata major) zeigt'2).
Da nun das Olecranon = Ancon ist, nannte Winslow den
dreiköpfigen Armmuskel, welcher am Olecranon endigt: An-
cone, und zwar le grand Ancones\ zum Unterschied des petit
Ancone, unseres jetzigen Anconaeus quartus. Dass man diesen
Anconaeus (nur in Wien) als quartus bezeichnet, ergiebt sich
daraus, dass der Wiener Anatom und Chirurg, Ferdinand
Leber, in seinen Praelectionibus anatomicis (1778), den langen,
mittleren, und kurzen Kopf des Triceps, als Anconaeus longus,
externus, und internus beschrieb, somit drei Anconaei legitimi
vorhanden waren, denen der alte Anconaeus des Cowper, als
Anconaeus quartus sich hinzugesellte. Anconaeus ist zwar besser

') Articuli angulus, quo nitirnur, Ancon est, sive Olecranon, im
Rufus, De partibus hominis, pag. 50.

2) Vergleiche den Artikel Olecranon.

3) Traite des muscles, pag. 239 und 37,9.
 
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