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Lankheit, Klaus
Florentinische Barockplastik: die Kunst am Hofe der letzten Medici ; 1670 - 1743 — Italienische Forschungen: München, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.34853#0066
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Cosimo II. und Ferdinando Ild^ Nahezu alle von ihm genannten Arbeiten lassen sich aber für Foggini in Anspruch
nehmen; sie sind sogar erst nach der Wende zürn 18. Jahrhundert entstanden. Durch ihre überaus reichen Formen
sind gerade sie wichtige Zeugnisse des Spätbarock in Florenz. Die Rechnungsbücher beschreiben sie ausführlich und
überliefern des Meisters und der Mitarbeiter Namen.
Die Galleria war ein Manufakturbetrieb. Vom bildenden Künstler bis zum Hilfsarbeiter fanden viele Begabungen in
ihr Betätigung. Auch die einzelnen Erzeugnisse sind meist das Ergebnis der Tätigkeit mehrerer spezialisierter Fach-
kräfte. Eigenhändige Werke des Foggini wird man angesichts dieser Organisation nur beschränkt erwarten dürfen.
Doch war der Hofbildhauer jeweils in verschiedenem Grade selbst beteiligt. Rufen wir uns seine Tätigkeit in die Er-
innerung zurück! Fast immer hat er wohl die Entwurfszeichnung geliefert oder doch überprüft. Einfachere Möbel
und Geräte, bei denen vornehmlich Schreiner, Glaser und Steinschneider beteiligt waren, benötigten sein weiteres
Eingreifen kaum. Flachornamente in Pietre Dure wurden nach seinen Zeichnungen von Kunsthandwerkern ge-
schaffen. Für den plastischen Dekor, der in Metall ausgeführt wurde, hat er auch die Modelle geformt. Am meisten
war er bei den figürlichen Arbeiten tätig. Wurden diese in Pietre Dure geschnitten, so beschränkte er sich wiederum
darauf, den Fachkräften gezeichnete Vorlagen und vielleicht Bozzetti zu liefern. Ebenso sind die Figuren in Treib-
arbeit nach seinen Angaben von Gold- und Silberschmieden geschaffen worden. Die im Gußverfahren hergestellten
Werke hingegen waren sein und seiner eigenen Werkstatt Domäne, sie wurden nicht in den Räumen der Galleria,
sondern in der Casa di Pinti geschaffen.
Es kann hier nicht datum gehen, diese Produktion in ihrer ganzen Breite darzulegen. Es sollen vielmehr einige re-
präsentative Stücke ausführlich behandelt werden, um den Aufgabenbereich der Galleria nach Gattung und Stil zu
umreißen. Daß sich unter den herangezogenen Beispielen gerade jene Arbeiten befinden, die seit langem zugleich
als die Hauptwerke gelten, gibt der Auswahl freilich - so hoffe ich - besonderes Gewicht.
Kirchen und Klöster pflegen ihren Besitz getreulicher zu hüten als weltliche Herren, sakrale Werke sind den Stürmen
von Krieg und Revolution weniger ausgesetzt als privates Gut. Schon darum überwiegen unter den erhaltenen Wer-
ken in der Regel die des sakralen Bereiches. Sie bildeten in Florenz jedoch von Anfang an die Mehrzahl. Denn es sind
meist Gegenstände der religiösen Devotion, die für den persönlichen Gebrauch des Herrschers und seines Hauses
geschaffen wurden. Aufklärerische Kunstanschauung hat in unserem Falle ein besonderes Ergebnis gezeitigt: Jenes
berühmte Sanctuarium der Palastkapelle Cosimos besteht zwar längst nicht mehr, aber viele der Prunkreiiquiare, die
einst die Schränke des Palazzo Pitti füllten, werden noch an anderem Orte bewahrt. Die meisten der figürlichen
Ostensorien des Schatzes von S. Lorenzo waren einst im Besitz Cosimos. Erst Peter Leopold I. gab sie 1782 im Tausch
gegen die achtzehn Vasen des Lorenzo Magnifico an die Kirche V
2^7 Als das Reliquiar »il piü magnifico« galt Zobi das des Königs Emeregildus von Ungarn. Es stellt bildhaft die Vision
des Heiligen dar und ist bemerkenswert nach Entwurf, Werkstoffen und Ausführung. Auf dem mit Platten von Lapis-
lazuli verkleideten Ebenholzsockel erhebt sich ein aus demselben Holz gearbeiteter Altarblock. Sein Frontale ist mit
vergoldeter Bronzeornamentik verziert und gibt durch eine Kristallscheibe den Blick auf die beigesetzten Reliquien
frei. Über der silbernen Mensa ragt - gleichsam als mächtiger Retabelaufbau - ein »plastisches Gemälde« aus vielfar-
bigen Pietre Dure auf, hintetfangen von einem großen Strahlenkranz aus vergoldetem Kupfer: die Gottesmutter mit
dem toten Sohn auf den Knien, umgeben von den auf Wolken schwebenden Engeln mit den Leidenswerkzeugen.
Die in Hochrelief gearbeiteten Figuren wirken durch die verschiedenen Steinsorten fast naturalistisch. Wie die
Wolkenglorie sind auch die sechs Engel aus farblich leicht variierendem Chalzedon, der in Volterra gebrochen wurde.
Das rote Gewand der Maria besteht aus sizilianischem Achat, der blaue Mantel aus Lapislazuli. Der Körper Christi
ist aus einem einzigen Stück Jaspis von Volterra geschnitten, dessen Färbung an fahles Fleisch erinnern kann. Sehr
kostbar ist vor allem die Figur des Heiligen gearbeitet, der in anbetender Haltung - die Rechte voller Hingabe auf
der Brust - an den Stufen des Altars kniet: der Mantel außen aus gelbem Jaspis von Sizilien, innen aus amethystfar-
benem Quarz, das Gewand aus rotem böhmischen Achat, der Gürtel aus Lapislazuli, die Strümpfe aus rotem Achat
von Gururate in der Mongolei, die Stiefel aus weißgeßeckter Focaia des Casentin. Doch damit nicht genug: Mantel-
schließe und -bordüren, Stiefelschmuck, Degen und Königskrone sind mit Diamanten, Rubinen und Perlen in gol-

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