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Lankheit, Klaus
Florentinische Barockplastik: die Kunst am Hofe der letzten Medici ; 1670 - 1743 — Italienische Forschungen: München, 1962

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https://doi.org/10.11588/diglit.34853#0197
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sini-Kapelle nähet, so rücken die »Tempetanza« von della Valle und die »Prudenza« des Cotnacchini gegenübet der
»Giustizia« des Giuseppe Litoni und det »Fortezza« des Giuseppe Rusconi dicht zusammen. Die Statuen det römi-
schen Künstlet sind bewegter und heroischer. Aus der Thematik allein läßt sich dieser Unterschied nicht erklären.
Noch weniger aber mit der Bemerkung, daß beide Toskaner bei Camillo Rusconi gelernt hätten. Denn von diesem
waren auch die zwei andern beeinflußt. Eben jene - oft herausgearbeiteten - charakteristischen Stilmerkmale sind
nicht bei Camillo Rusconi vorgebildet gewesen. Vielmehr hat »Aorentinischer Geist. . . mit reiner frischet Luft die
Papstkapelle durchklärt«. Und so gilt allgemein das Urteil: »Unter den Corsini und in den ersten Jahren Benedikts XIV.
besann sich Roms kirchliche Kunst unter Führung von Florentinern noch einmal auf ihre Pflicht, reich und vorbild-
lich zu spenden*39.«

Die Medailleure
»Florenz erscheint wieder reich an Künstlern.« Überwältigt von det Vielzahl der Begabungen und betroffen von der
Fülle der Erzeugnisse dieses Kunstzweiges stand der Forschet aus dem frühen 19. Jahrhundert vor den Medaillen
Soldanis und seiner Schüler '3". Wie immer man über die Leistungen insgesamt urteilen mag: Auf diesem Gebiet hat
der florentinische Spätbarock zu einer nach Umfang und zugleich künstlerischem Wert unvergleichbaren Blüte ge-
führt. Es gibt keine Epoche und keinen Bereich der abendländischen Kunstgeschichte, in denen die Medaille eine so
allgemeine Verbreitung gefunden hätte wie unter den letzten Medici in Florenz. Wohl war die Schaumünze seit der
Gründung det »Academie des Inscriptions et des Medailles« durch Ludwig XIV. eines der vornehmsten Mittel zur
Repräsentation der absolutistischen Staatsidee geworden, aber nahezu ausschließlich blieben in Frankreich und anders-
wo Fürsten, Klerus und Adel bis zur Revolution von 1789 die Träger der Medaille. Ihre Stempelschneider und Me-
dailleure übten jedoch das Prägeverfahren. »Bildhauermedailleure, die ihre Werke in Modellier- und Gußtechnik
arbeiteten, waren gering an Zahl*4*.«In Florenz gewann indessen gerade diese Technik ausschließlich die Herrschaft.
Det Ruhm ihrer Wiedererweckung knüpft sich an den Namen des Soldani, der-wie wir sahen-seinerseits römischen
Vorbildern nachstrebte. Soldani machte Florenz in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zum unbestrittenen Zen-
trum der barocken Gußmedaille. Sein Schülerkreis beherrschte den »Markt«. Die Nachfrage nach diesen Kunstwerken
intimen Formates war aber so allgemein, daß sich nahezu alle Bildhauer der Stadt darin versuchten. Die Schicht der
Auftraggeber erweiterte sich ungemein. Erstmals wurden Angehörige des Patriziates, Gelehrte geistlichen und welt-
lichen Standes - Philologen, Juristen, Mediziner -, Militärs und Poeten, Schauspieler, Sänger und bildende Künstler
gleichermaßen darstellungswürdig. Die Produktion an gegossenen Schaumünzen bietet uns nicht nur eine einzig-
artige Porträtgalerie des politischen, geistigen und künstlerischen Florenz, sie übermittelt uns zudem einen ausge-
zeichneten Überblick über die humanistische Emblematik der Epoche, die eine eigene Untersuchung lohnen würde.
Ich muß mich darauf beschränken, eine Auswahl zu geben und nach der Erwähnung der »Gelegenheitsmedailleure«
charakteristische Proben der Soldani-Schule im engeren Sinne zu behandeln *A
Daß sich selbst Gz'ozwzw Az/AkA? diesem Kunstzweig gewidmet hat, würde man kaum vermuten, wenn nicht
eine Nachricht davon erhalten wäre. Nachdem der Hofbildhauer bereits in den neunziger Jahren für Lorenzo Bellini
ein Marmorbildnis des Vincenzo Viviani geschaffen hatte, fertigte er im Jahre 1701 auch eine Medaille auf den Gelehr-
ten, der ihn einst in die Anfangsgründe der Mathematik eingeführt hatte. Format, Modellierung und Guß lassen deut-
lich erkennen, daß sich Foggini hierbei die Medaillen des Soldani zum Vorbild nahm. Das Bildnis in rechtem Profil
gibt den neunundsiebzigjährigen Greis - wie es scheint - lebenswahr wieder. Der emblematische Revers ist einfach
gehalten und bot dem Meister keine Gelegenheit zu besonderer Erfindung *43. Darin mehr Bildhauer als sein Lehrer,
hat Gz'ro/zMW TAroM/z auf einer großen Schaumünze Lorenzo Bellini dargestellt, dessen Züge uns ebenfalls durch eine
Marmorbüste Fogginis erhalten sind; er hat die Rückseite als reiche Figurenszene ausgestaltet, auf der die allegorische
Krönung des Forschers dargestellt ist *44. Eine 1701 datierte Medaille auf Giulio Benedetto Lorenzini dürfte dieser
vorausgehen. Ihr Stil ist an Soldanis Arbeiten geschult, doch fehlt dessen Meisterhand*45. Eine dritte Medaille
Ticciatis, auf Antonio Magüabecchi, wird durch einen amüsanten Brief des Bibliothekars gesichert, der von dem ver-
 
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