482
reines, warmes Herz, was der Künstler für die Frau, wenn
er nicht der Mensch ist, den sie in ihm liebt und verehrt.
Habe ich mich hier nicht vielleicht nur von der Genialität
und Größe des Mannes als Virtuose blenden lassen nnd
seine Person in diesem Lichte gesehen? . . In solchen
Gedanken verbrachte Eveline schlaflos die Nacht und mit
der Vorstellung, daß sie sich furchtbar getäuscht, daß hier eine
große Kluft zwischen Künstler und Mensch läge, welch' letzterer
ihrer Liebe und all' der Opfer, die sie brachte, nicht würdig
wäre, wachte sie in schwerem Kummer dem Tage entgegen.
Am Vormittage kam Johann, seine Aufwartung zu
machen.
Er erwartete, daß Eveline ihn mit Glückwünschen über
seinen Erfolg, mit freudiger Anerkennung feines Spiels
empfangen würde.
Er empfand jedoch eine gewisse Enttäuschung, als seine
Verlobte ernst und melancholisch ihm entgegentrat und kein
Wort über den brillanten Konzertabcnd für ihn hatte, im
Gegentheil sogar von seiner Künstlerschaft, für die sie sonst
so merkwürdig geschwärmt, plötzlich recht wenig zu halten
schien; denn sie gebrauchte nach der ersten, ziemlich kurzen
Begrüßung, als "Johann den guten Erfolg erwähnte, die
Wendung:
„Ach Gott, die Kunst, sie ist ja was Schönes und
Hohes — das Höchste, was es im Menschenleben gibt,
jedoch die Liebe, die wahre, echte, tiefe Liebe eines reinen
Herzens ist doch mehr als alle Künste der Welt, vor dieser
ist die höchste Künstlerschaft Schaum und flüchtiger Schein."
Dabei sah sie ihn trübe und fast angstvoll an.
Johann konnte sich das gar nicht erklären. ES ver-
stimmte ihn.
„Nun ja," sagte er, „das Frauenleben darf die Liebe,
wie Sie das meinen, Eveline, ganz auSfüllen, der Mann
muß jedoch ein höheres Ideal haben nnd die Liebe zum
Weibe soll nicht sein Alles sein. Starke Wurzeln seines
Wesens erstrecken sich auch nach der Außenwelt, und dort
liegt der Schwerpunkt seines Wirkens und Schaffens."
„So wäre es schließlich am besten, wenn die Künstler
gar nicht heiratheten," warf Eveline trüb ein.
„Es gibt Viele, die das behaupten," erwiederte Johann.
„Ich bin nicht der Meinung. Frau und Familie ist dein
Künstler ein glückliches Heim, sein Hafen in allem Sturm
und Ungemach, und dann knüpft dieß ihn an die bürger-
liche Gesellschaft, gibt ihm einen Boden der Wirklichkeit,
auf dem ihm die Nosen des irdischen Lebens blühen."
„So betrachtet er die Fran schließlich wohl nur als die
Magd, welche für sein Behagen und seine Bedürfnisse
sorgt," warf Eveline etwas pikirt ein.
„Nur dann kann das so eintreffen, wenn die Frau nicht
mehr als eine Magd ist — nicht Theilnehmerin an dem
Fühlen und Denken des Mannes sein kann, sich nicht anf-
zuschwingen vermag zu der Höhe, in welcher er denkt,"
antwortete Johann.
„Wenn ein Künstler aber so frei denkt, daß außerhalb
seines Hauses er jeder Schönheit huldigt, die ihm gefällt,
glauben Sie, daß auch die höchststehende Frau das ruhig
aufnimmt?" fragte jetzt Eveline erregt.
„Ein Künstler, der zugleich ein braver Mensch ist, wird
anderen Frauen nur sozusagen theoretisch huldigen — das
heißt seine Augen nicht verschließen für Alles, was schön
ist," äußerte Johann.
„Und glauben Sie, Johann," sprach jetzt Eveline mit
Nachdruck, „daß ein großer Künstler auch zugleich ein
braver Mensch sein muß — oder kann daS Eine ohne das
Andere bestehen?"
„Der wirklich große, vollendete Künstler ist immer ein
edler Mensch, ohne Falsch nnd echt wie Gold; bei Künst-
lern zweiten und dritten RangcS kann meiner Meinung
nach da wohl ein Zwiespalt sein."
Das befriedigte Eveline auch nicht völlig. War dieser
Mann ein so vollendeter Künstler? — Sie hielt ihn dafür
— war er dieß aber auch wirklich, sah sie ihn nicht mit
den Alles verschönernden, vergrößernden, verklärenden
Augen der Liebe? Diese Frage hielt sich das erregte
Mädchen entgegen, nnd dann stieg der drückende Zweifel in
ihr auf, ob sie sich vielleicht nicht nur in den Zauberglanz
des Künstlers verliebt hätte und aus dieser Liebe in Johann
auch den edelsten der Menschen sähe. Und ständig sah sie
ihn neben jenem Mädchen, das in seinen Wagen gestiegen.
Johann, dem die Stimmung seiner Verlobten unbehag-
lich war und der sie für übel gelaunt und leidend hielt,
blieb heut nicht lange. Er sprach seine Vermuthung, daß
Eveline vielleicht die Aufregung des gestrigen Abends an-
gegriffen hätte, sanft aus, und Eveline, die froh war, einen
Grund zu haben, ihre Sorgen maökiren zu können, stimmte
darin ihm bei.
So fand denn Johann diesen Besuch, von dem er sich
versprach, daß Eveline sein Glück über den großen gestrigen
Erfolg theilen würde, durchaus nicht so, wie er sich ihn
vorgestellt hatte. Eveline kam ihm seltsam, stolz, zurück-
haltend, thcilnahmlos vor, und die Frage drängte sich ihm
auf, ob eine weniger anspruchsvolle Frau als diese Tochter
eines Millionärs für ihn, den einfachen Künstler, nicht
passender wäre. Freilich, sic gestand ja, daß sie leidend scsi
„Die Sorgen über meine "Gefangenschaft haben sichtlich
ihre Gesundheit angegriffen," warf sich Johann ein. „Sie
hat ja meinetwegen gelitten. Frauen sind schnell verstimmt
nnd ich will Nachmittag wieder hin zu ihr, um sie aufzu-
heitern." So beruhigte sich Johann.
Eveline jedoch fühlte sich nach Johann's Fortgang noch
Illustrirte Welt.
bedrückter. Sie hatte so viel von der Untreue der Künstler
gehört und gelesen, man hatte sie auch von manchen Seiten
versteckt gewarnt, einen Künstler zu heirathcn — dann
stellte sie sich aber vor, wie Johann die ganze Zeit über,
so lange sie ihn kannte, gewesen, von dem Moment an, als
sie den auffallend schönen Mann, den das Schicksal zwang,
niedrige Dienste zu nehmen, zum ersten Mal gesehen, sein
Verhalten während dieser Monate, sein Benehmen Flora
und den anderen Schönheiten gegenüber, die ihm so merklich
entgegenkamen, und sie gelangte zu dem Schluß, daß
Johann nicht schlecht sein könne, daß Künstler und Mensch
ihm, dessen Haupttugend ja Offenheit und Ehrlichkeit war,
Eins sein mußte, und sie machte sich Vorwürfe darüber,
daß sie aus Stolz und um ihre Eifersucht nicht zu offen-
baren, nicht offen und gerade heraus mit ihm gesprochen
und ihn gefragt hätte, wer die Dame gewesen, für welche
er gestern solche Fürsorge gezeigt. Sie hätte ihn gern jetzt
gleich wieder zurückgerufen und ihm Alles gestanden, was
sie veranlaßte, über Künstler und Mensch so philosophisch
zu denken; sie trat an das Fenster, um über die Straße
zu sehen. Sie schämte sich jedoch dieser Eile. Für wie
launenhaft mußte er sie anseheu, wenn sie jetzt ihm nach-
schickte, nm ihn zurückzuholen, und gänzlich verändert sich
ihm.zeigte. Sie bezwang sich und beschloß, Mittags ein
Briefchen zu senden und ihm beruhigend zu melden, daß
ihr Unwohlsein verschwunden sei. „Aber so, das sühle
ich, kann es nicht weiter fortgehen," sann Eveline. „Dieß
seltsame Verhältnis;, daß er mein Bräutigam ist und doch
wieder nicht, diese Unklarheit und Unentschiedenheit ertrage
ich nicht länger. Seine soziale Stellung jetzt, seine Ein-
nahmen sind ja so, daß er völlig und ganz und auch vor
der Welt als mein Verlobter auftreten kann, dann werden
auch Andere keine Ansprüche mehr au ihn machen, und er
wird meiner Stellung zu ihn: dann auch Rücksicht tragen,
wenn seine Harmlosigkeit als Künstler ihn bestimmen sollte,
so handeln zu wollen wie gestern. Ich werde mit meinem
Vater darüber sprechen."
Das waren Evelinens Gedanken und Entschlüsse an
diesem Vormittage.
-r-
Als der Morgen graute, erwachte Karl BlaaS von der
Berührung eines Mannes, der seine Hand an des Schlafen-
den Uhrentasche brachte. Karl sprang schnell auf und suchte
seine Gedanken zu sammeln. Die Steifheit seiner Glieder
und die verkommene Gestalt mit der Äiebsphysiognomie
vor ihm, die jetzt scheu nnd eilig wie ein Schatten ent-
wischte, brachte ihn zum Bewußtsein, wo er die Nacht zu-
gebracht. Aber mit dem völligen Erwachen kehrte auch
sein Elend wieder, und sein Herz krampfte sich ihm zu-
fammen vor Verzweiflung und Eifersucht. Er war jetzt
gänzlich von ihr verstoßen, sie ihm für immer verloren —
denn das empfand er — den Vergleich mit dem schönen
Menschen konnte er nicht auShaltm, der jung, sein wie ein
Prinz und so blühend war wie eine Rose. . . nnd ihn fing
sie mit ihrem Gelde, mit dem sie ihre Schönheit erhöhte,
fo dachte Karl — deßhalb hatte er also das Verbrechen be-
gehen helfen; es trieb ihn ja weiter nichts als die Liebe zu
dem Mädchen, am Gelde lag ihm wenig, ihm schmeckte daö
Schlechte wie das Gute, er wußte nicht, ob er hart oder
weich lag, er trank nicht und spielte nicht, er hatte keine
Bedürfnisfe, strebte nicht nach Gelde — am Gelde lag ihm
wenig, jedoch um des Mädchens willen wäre er gern reich
gewesen, damit sie Genuß davon hätte und stolz sein könnte.
Ihretwegen war er zum Verbrecher geworden, der den
Blick des ehrlichen Menschen scheuen mußte, und nun —
nachdem sie ihn zu dem gemacht, was er war — verließ
sie ihn, stieß sie ihn in die öde Welt hinaus, nm sich einen
fchöncn jungen Menschen mit dem Raube zu erkaufen, den
Wredow, welchem sie Alles zubrachte und so ihr Verbrechen
wieder gut machte, indes; er in Schuld und Sünde bleiben
mußte . . . Diese seltsamen Gedanken rangen sich aus dem
Finstern von Karl Maas' Seele empor. Er fühlte sich
namenlos elend und auf das Furchtbarste betrogen, von
dem Mädchen betrogen um seine Ehre und sein Seelenheil,
kalt, herzlos, lächelnd betrogen . . . „Das soll nicht sein!"
rief er jetzt aus und ballte die Hände wie ein Wahn-
sinniger, so daß einzelne Vorübergehende den seltsam sich
geberdenden Mann verwundert anstarrten. „Nein, daS
soll nicht sein! Sie soll nicht schuldlos davongehen, wäh-
rend ich zeitlebens mich mit der Sünde schleppen muß..."
Dann ergriff ihn der furchtbarste Neid und Haß gegen
Johann Wredow. Er sollte sie besitzen, die seine Äraut
gewesen und noch ist... er dachte sich daS Mädchen in
dessen Armen, und Grete diesen Mann mit freundlichen
Blicken umfangen, während sie ihm nie-einen Kuß nur ge-
stattete. Hätte diesen Augenblick Johann Wredow vor ihm
gestanden, er würde ihn ohne Besinnen ermordet haben.
„Nein! nein! nein, tausendmal nein!" stieß er hervor und
eilte wie von Furien getrieben vorwärts. „Kein Anderer
soll sie besitzen und auch sie keinen andern Mann, ich leid's
nicht, ich leid's nicht — und wenn wir Beide zu Grunde
gehen, Grete und ich, es ist mir gleich — es ist mir lieber,
als sie bei 'nem Andern zu wissen. Das ist schlimmer als
Tod nnd Verdammnis', das ist ewige Hölle, die mich ver-
brennt, Tag und Nacht, jede Stunde, jede Minute — so
lange ich lebe, wie glühendes Eisen .. ." Dann richtete
Karl plötzlich sich auf und ward ruhig, und mit unheim-
licher Starrheit des Gesichts sprach er: „Er wird sie nicht
nehmen, er wird sie verabscheuen, wenn er es erfährt —
und sie soll nicht glücklich werden mit einem Andern. . ."
Karl rief einen Kutscher an und ließ sich nach dem
Hafen fahren und ging dann in ;ein Logis. Der
war noch nicht auf. Karl stieg die Treppe empor
aus seinem Koffer ein wohlverwahrtes Paket und fuhr n m
Unionhotel.
Er mußte lange warten, bis man ihm erlaubte am«-
fragen, ob er Johann Wredow sprechen könnte. Die Ant-
wort kam herab, daß Johann ihn erwarte. Ein Diener
führte Karl über Treppen und Gänge bis an Johann's
Thür, pochte an und ließ ihn, sobald Johann öffnete, allein
War Johann schon erstaunt bei der Ankündigung dieses
Besuches, so ward er noch mehr in Verwunderung gesehj
über Karl's seltsame Haltung und steinerne Gesichtszüqe
— eS wurde ihm unheimlich zu Muth, als er die weis-
glitzernden Augen so geistesabwesend aus dem aschfarbenen
Gesicht auf sich gerichtet sah.
„Was führt Sie in aller Frühe zu mir?" begann er
daher mit etwas unsicherer Stimme, Karl einen Sessel an-
weisend.
Der Bauer blieb jedoch stehen.
„Herr Wredow," sprach er jetzt mit einem Tone, der
keuchend klang, „hier sind fünfzigtausend Thaler, — was
fehlt, habe ich verbraucht die wir Ihnen gestohlen haben
ich nnd Grete, sie hat das andere Geld. Ihre Mutter hat
gar kein Testament gemacht, sie ist plötzlich gestorben; da
hat Grete sich in das Bett gelegt — es war Nacht, ich
habe eilig den Schultheiß geholt — Grete hat Euch ent-
erbt, sie hat anstatt Ihrer Mutter gesprochen ... Alles ist
Lug und Trug! Sie ist schuldig, ich bin schuldig. Hier
ist mein Geld, der Hof ist noch nicht verkauft. .." schloß
Karl die stoßweise, aber seltsam ruhig gesprochene Rede.
Johann starrte den Sprecher ganz fassungslos an.
„Ihr seid wahnsinnig," rief er darauf. -„Ihr ver-
leumdet sie aus Haß, weil sie Guck' nicht will. Ihr seid
ein schändlicher Kerl und Werth, gehängt zu werden," schloß
Johann empört.
„Mit ihr, Herr, mit Grete," fuhr Karl unbeirrt und
ruhig fort. „Eure Blutter starb mit Eurem letzten Brief
in der Hand. Sie hat Euch nie vergessen und nie ver-
stoßen, und wenn sie nur einen Tag länger gelebt hätte,
würde sie ein Testament gemacht haben, denn den Schulzen
zu bestellen bin ich schon von ihr geschickt worden."
Der Ton, die Art, in welcher der Bauer sprach, die
näheren Umstände, die er erwähnte, Alles war so glaub-
würdig, das; Johann von seiner Ansicht, mit einem Wahn-
sinnigen, mit einem Verleumder aus Haß zu thun zu haben,
abkam.
„Erzählt mir Alles genau, Karl," nahm er jetzt weh-
müthig das Wort, indem er sich in einen Sessel vor dem
steif nnd aufrecht stehenden Bauern fallen ließ, und Karl
Blaas berichtete nun einfach und schlicht, ohne nur eine
Sekunde zu stocken, ausführlich, wie der Betrug damals
vor sich gegangen und leicht auögeführt werden konnte.
„Ich kann es immer noch nicht glauben," warf Johann
jetzt ein, „sollte solch' eine Verstellung möglich sein? —
Welche Instinkte, welche Talente schlummern in dem Weibe,
wenn daS bei einem einfachen Bauernmädchen möglich,
Tenfel und Engel in einer Gestalt, welch' Näthsel, welch'
unlösbare Räthsel!" so sprach er vor sich hin. „Ich kann
es nicht glauben, Karl," entgegnete er jetzt laut. „Ich will
mich selbst davon überzeugen — warte Du hier im Zimmer,
bis ich zurückkommen werde — ich bleibe nicht lange."
Karl nickte stumm und Johann verließ das Zimmer,
welches er hinter sich abschloß.
Er begab sich zum Musiksalon, wo in der frühen
Morgenstunde noch Niemand anwesend war, und ließ durch
die Äufwärterin Fräulein Grete Meinhardt benachrichtigen,
daß er ihr eine Mittheilung zu machen habe und sie er-
suchte, ihm einige Minuten hier Gehör zu schenken.
Grete erschien mit dem heitersten Gesicht und dem lieb-
lichsten Lächeln nach kurzer Zeit.
Es schnitt Johann in die Seele, als er sie so frisch und
heiter eintreten sah, und doch erweckte sie ihm Abscheu, denn
er nahm jetzt deutlich auf ihrem Gesicht einen Zug von
Verschlagenheit und Falschheit wahr, den die Weichheit und
Rundung ihrer Linien eher hervorhob als verdeckte. Sic
schaute Johann, der bleich und aufgeregt auSsah, was sie
sofort bemerkte, etwas unsicher an.
„Grete!" begann jetzt Johann. „Karl Blaas war
bei mir."
Das Mädchen zuckte heftig zusammen und athmete schwer.
„Ich kann Sie vor den: Mann nicht schützen," fuhr
Johann ernst fort, „denn er hat eine furchtbare Waste
gegen Sie, die Sie ihm selbst in die Hand gegeben, dem
Sie sind Genossin eines Verbrechens."
Grete wankte, sie sank in die Kniee und starrte mit
glanzlosen, wilden Blicken Johann an. , .
„Er hat mir Alles gestanden, was da zu Harste w
Stepnitz vorgegangen . .. Ist es wahr, Grete?"
„Wahr, wahr!" stieß Grete rauh hervor.
„Und Sie haben das Testament gemacht?"
„Ich!" kam cs klanglos von des Mädchens erblichenem
Munde.
„Sie waren arm, und das vergebe ich Ihnen — der
Teufel bekam Macht über Sie, die Verführung lag nahe,
und Armuth ist ein schreckliches Leid; daß Sie aber auch
jetzt noch belogen und solch' eine Rolle vor mir spielten .
das, Grete, verzeihe ich Ihnen nie, denn das zeigt w»,
! daß Sie ein bodenlos schlechtes Herz haben und Verstellung
I Ihr Lebenselement ist."
reines, warmes Herz, was der Künstler für die Frau, wenn
er nicht der Mensch ist, den sie in ihm liebt und verehrt.
Habe ich mich hier nicht vielleicht nur von der Genialität
und Größe des Mannes als Virtuose blenden lassen nnd
seine Person in diesem Lichte gesehen? . . In solchen
Gedanken verbrachte Eveline schlaflos die Nacht und mit
der Vorstellung, daß sie sich furchtbar getäuscht, daß hier eine
große Kluft zwischen Künstler und Mensch läge, welch' letzterer
ihrer Liebe und all' der Opfer, die sie brachte, nicht würdig
wäre, wachte sie in schwerem Kummer dem Tage entgegen.
Am Vormittage kam Johann, seine Aufwartung zu
machen.
Er erwartete, daß Eveline ihn mit Glückwünschen über
seinen Erfolg, mit freudiger Anerkennung feines Spiels
empfangen würde.
Er empfand jedoch eine gewisse Enttäuschung, als seine
Verlobte ernst und melancholisch ihm entgegentrat und kein
Wort über den brillanten Konzertabcnd für ihn hatte, im
Gegentheil sogar von seiner Künstlerschaft, für die sie sonst
so merkwürdig geschwärmt, plötzlich recht wenig zu halten
schien; denn sie gebrauchte nach der ersten, ziemlich kurzen
Begrüßung, als "Johann den guten Erfolg erwähnte, die
Wendung:
„Ach Gott, die Kunst, sie ist ja was Schönes und
Hohes — das Höchste, was es im Menschenleben gibt,
jedoch die Liebe, die wahre, echte, tiefe Liebe eines reinen
Herzens ist doch mehr als alle Künste der Welt, vor dieser
ist die höchste Künstlerschaft Schaum und flüchtiger Schein."
Dabei sah sie ihn trübe und fast angstvoll an.
Johann konnte sich das gar nicht erklären. ES ver-
stimmte ihn.
„Nun ja," sagte er, „das Frauenleben darf die Liebe,
wie Sie das meinen, Eveline, ganz auSfüllen, der Mann
muß jedoch ein höheres Ideal haben nnd die Liebe zum
Weibe soll nicht sein Alles sein. Starke Wurzeln seines
Wesens erstrecken sich auch nach der Außenwelt, und dort
liegt der Schwerpunkt seines Wirkens und Schaffens."
„So wäre es schließlich am besten, wenn die Künstler
gar nicht heiratheten," warf Eveline trüb ein.
„Es gibt Viele, die das behaupten," erwiederte Johann.
„Ich bin nicht der Meinung. Frau und Familie ist dein
Künstler ein glückliches Heim, sein Hafen in allem Sturm
und Ungemach, und dann knüpft dieß ihn an die bürger-
liche Gesellschaft, gibt ihm einen Boden der Wirklichkeit,
auf dem ihm die Nosen des irdischen Lebens blühen."
„So betrachtet er die Fran schließlich wohl nur als die
Magd, welche für sein Behagen und seine Bedürfnisse
sorgt," warf Eveline etwas pikirt ein.
„Nur dann kann das so eintreffen, wenn die Frau nicht
mehr als eine Magd ist — nicht Theilnehmerin an dem
Fühlen und Denken des Mannes sein kann, sich nicht anf-
zuschwingen vermag zu der Höhe, in welcher er denkt,"
antwortete Johann.
„Wenn ein Künstler aber so frei denkt, daß außerhalb
seines Hauses er jeder Schönheit huldigt, die ihm gefällt,
glauben Sie, daß auch die höchststehende Frau das ruhig
aufnimmt?" fragte jetzt Eveline erregt.
„Ein Künstler, der zugleich ein braver Mensch ist, wird
anderen Frauen nur sozusagen theoretisch huldigen — das
heißt seine Augen nicht verschließen für Alles, was schön
ist," äußerte Johann.
„Und glauben Sie, Johann," sprach jetzt Eveline mit
Nachdruck, „daß ein großer Künstler auch zugleich ein
braver Mensch sein muß — oder kann daS Eine ohne das
Andere bestehen?"
„Der wirklich große, vollendete Künstler ist immer ein
edler Mensch, ohne Falsch nnd echt wie Gold; bei Künst-
lern zweiten und dritten RangcS kann meiner Meinung
nach da wohl ein Zwiespalt sein."
Das befriedigte Eveline auch nicht völlig. War dieser
Mann ein so vollendeter Künstler? — Sie hielt ihn dafür
— war er dieß aber auch wirklich, sah sie ihn nicht mit
den Alles verschönernden, vergrößernden, verklärenden
Augen der Liebe? Diese Frage hielt sich das erregte
Mädchen entgegen, nnd dann stieg der drückende Zweifel in
ihr auf, ob sie sich vielleicht nicht nur in den Zauberglanz
des Künstlers verliebt hätte und aus dieser Liebe in Johann
auch den edelsten der Menschen sähe. Und ständig sah sie
ihn neben jenem Mädchen, das in seinen Wagen gestiegen.
Johann, dem die Stimmung seiner Verlobten unbehag-
lich war und der sie für übel gelaunt und leidend hielt,
blieb heut nicht lange. Er sprach seine Vermuthung, daß
Eveline vielleicht die Aufregung des gestrigen Abends an-
gegriffen hätte, sanft aus, und Eveline, die froh war, einen
Grund zu haben, ihre Sorgen maökiren zu können, stimmte
darin ihm bei.
So fand denn Johann diesen Besuch, von dem er sich
versprach, daß Eveline sein Glück über den großen gestrigen
Erfolg theilen würde, durchaus nicht so, wie er sich ihn
vorgestellt hatte. Eveline kam ihm seltsam, stolz, zurück-
haltend, thcilnahmlos vor, und die Frage drängte sich ihm
auf, ob eine weniger anspruchsvolle Frau als diese Tochter
eines Millionärs für ihn, den einfachen Künstler, nicht
passender wäre. Freilich, sic gestand ja, daß sie leidend scsi
„Die Sorgen über meine "Gefangenschaft haben sichtlich
ihre Gesundheit angegriffen," warf sich Johann ein. „Sie
hat ja meinetwegen gelitten. Frauen sind schnell verstimmt
nnd ich will Nachmittag wieder hin zu ihr, um sie aufzu-
heitern." So beruhigte sich Johann.
Eveline jedoch fühlte sich nach Johann's Fortgang noch
Illustrirte Welt.
bedrückter. Sie hatte so viel von der Untreue der Künstler
gehört und gelesen, man hatte sie auch von manchen Seiten
versteckt gewarnt, einen Künstler zu heirathcn — dann
stellte sie sich aber vor, wie Johann die ganze Zeit über,
so lange sie ihn kannte, gewesen, von dem Moment an, als
sie den auffallend schönen Mann, den das Schicksal zwang,
niedrige Dienste zu nehmen, zum ersten Mal gesehen, sein
Verhalten während dieser Monate, sein Benehmen Flora
und den anderen Schönheiten gegenüber, die ihm so merklich
entgegenkamen, und sie gelangte zu dem Schluß, daß
Johann nicht schlecht sein könne, daß Künstler und Mensch
ihm, dessen Haupttugend ja Offenheit und Ehrlichkeit war,
Eins sein mußte, und sie machte sich Vorwürfe darüber,
daß sie aus Stolz und um ihre Eifersucht nicht zu offen-
baren, nicht offen und gerade heraus mit ihm gesprochen
und ihn gefragt hätte, wer die Dame gewesen, für welche
er gestern solche Fürsorge gezeigt. Sie hätte ihn gern jetzt
gleich wieder zurückgerufen und ihm Alles gestanden, was
sie veranlaßte, über Künstler und Mensch so philosophisch
zu denken; sie trat an das Fenster, um über die Straße
zu sehen. Sie schämte sich jedoch dieser Eile. Für wie
launenhaft mußte er sie anseheu, wenn sie jetzt ihm nach-
schickte, nm ihn zurückzuholen, und gänzlich verändert sich
ihm.zeigte. Sie bezwang sich und beschloß, Mittags ein
Briefchen zu senden und ihm beruhigend zu melden, daß
ihr Unwohlsein verschwunden sei. „Aber so, das sühle
ich, kann es nicht weiter fortgehen," sann Eveline. „Dieß
seltsame Verhältnis;, daß er mein Bräutigam ist und doch
wieder nicht, diese Unklarheit und Unentschiedenheit ertrage
ich nicht länger. Seine soziale Stellung jetzt, seine Ein-
nahmen sind ja so, daß er völlig und ganz und auch vor
der Welt als mein Verlobter auftreten kann, dann werden
auch Andere keine Ansprüche mehr au ihn machen, und er
wird meiner Stellung zu ihn: dann auch Rücksicht tragen,
wenn seine Harmlosigkeit als Künstler ihn bestimmen sollte,
so handeln zu wollen wie gestern. Ich werde mit meinem
Vater darüber sprechen."
Das waren Evelinens Gedanken und Entschlüsse an
diesem Vormittage.
-r-
Als der Morgen graute, erwachte Karl BlaaS von der
Berührung eines Mannes, der seine Hand an des Schlafen-
den Uhrentasche brachte. Karl sprang schnell auf und suchte
seine Gedanken zu sammeln. Die Steifheit seiner Glieder
und die verkommene Gestalt mit der Äiebsphysiognomie
vor ihm, die jetzt scheu nnd eilig wie ein Schatten ent-
wischte, brachte ihn zum Bewußtsein, wo er die Nacht zu-
gebracht. Aber mit dem völligen Erwachen kehrte auch
sein Elend wieder, und sein Herz krampfte sich ihm zu-
fammen vor Verzweiflung und Eifersucht. Er war jetzt
gänzlich von ihr verstoßen, sie ihm für immer verloren —
denn das empfand er — den Vergleich mit dem schönen
Menschen konnte er nicht auShaltm, der jung, sein wie ein
Prinz und so blühend war wie eine Rose. . . nnd ihn fing
sie mit ihrem Gelde, mit dem sie ihre Schönheit erhöhte,
fo dachte Karl — deßhalb hatte er also das Verbrechen be-
gehen helfen; es trieb ihn ja weiter nichts als die Liebe zu
dem Mädchen, am Gelde lag ihm wenig, ihm schmeckte daö
Schlechte wie das Gute, er wußte nicht, ob er hart oder
weich lag, er trank nicht und spielte nicht, er hatte keine
Bedürfnisfe, strebte nicht nach Gelde — am Gelde lag ihm
wenig, jedoch um des Mädchens willen wäre er gern reich
gewesen, damit sie Genuß davon hätte und stolz sein könnte.
Ihretwegen war er zum Verbrecher geworden, der den
Blick des ehrlichen Menschen scheuen mußte, und nun —
nachdem sie ihn zu dem gemacht, was er war — verließ
sie ihn, stieß sie ihn in die öde Welt hinaus, nm sich einen
fchöncn jungen Menschen mit dem Raube zu erkaufen, den
Wredow, welchem sie Alles zubrachte und so ihr Verbrechen
wieder gut machte, indes; er in Schuld und Sünde bleiben
mußte . . . Diese seltsamen Gedanken rangen sich aus dem
Finstern von Karl Maas' Seele empor. Er fühlte sich
namenlos elend und auf das Furchtbarste betrogen, von
dem Mädchen betrogen um seine Ehre und sein Seelenheil,
kalt, herzlos, lächelnd betrogen . . . „Das soll nicht sein!"
rief er jetzt aus und ballte die Hände wie ein Wahn-
sinniger, so daß einzelne Vorübergehende den seltsam sich
geberdenden Mann verwundert anstarrten. „Nein, daS
soll nicht sein! Sie soll nicht schuldlos davongehen, wäh-
rend ich zeitlebens mich mit der Sünde schleppen muß..."
Dann ergriff ihn der furchtbarste Neid und Haß gegen
Johann Wredow. Er sollte sie besitzen, die seine Äraut
gewesen und noch ist... er dachte sich daS Mädchen in
dessen Armen, und Grete diesen Mann mit freundlichen
Blicken umfangen, während sie ihm nie-einen Kuß nur ge-
stattete. Hätte diesen Augenblick Johann Wredow vor ihm
gestanden, er würde ihn ohne Besinnen ermordet haben.
„Nein! nein! nein, tausendmal nein!" stieß er hervor und
eilte wie von Furien getrieben vorwärts. „Kein Anderer
soll sie besitzen und auch sie keinen andern Mann, ich leid's
nicht, ich leid's nicht — und wenn wir Beide zu Grunde
gehen, Grete und ich, es ist mir gleich — es ist mir lieber,
als sie bei 'nem Andern zu wissen. Das ist schlimmer als
Tod nnd Verdammnis', das ist ewige Hölle, die mich ver-
brennt, Tag und Nacht, jede Stunde, jede Minute — so
lange ich lebe, wie glühendes Eisen .. ." Dann richtete
Karl plötzlich sich auf und ward ruhig, und mit unheim-
licher Starrheit des Gesichts sprach er: „Er wird sie nicht
nehmen, er wird sie verabscheuen, wenn er es erfährt —
und sie soll nicht glücklich werden mit einem Andern. . ."
Karl rief einen Kutscher an und ließ sich nach dem
Hafen fahren und ging dann in ;ein Logis. Der
war noch nicht auf. Karl stieg die Treppe empor
aus seinem Koffer ein wohlverwahrtes Paket und fuhr n m
Unionhotel.
Er mußte lange warten, bis man ihm erlaubte am«-
fragen, ob er Johann Wredow sprechen könnte. Die Ant-
wort kam herab, daß Johann ihn erwarte. Ein Diener
führte Karl über Treppen und Gänge bis an Johann's
Thür, pochte an und ließ ihn, sobald Johann öffnete, allein
War Johann schon erstaunt bei der Ankündigung dieses
Besuches, so ward er noch mehr in Verwunderung gesehj
über Karl's seltsame Haltung und steinerne Gesichtszüqe
— eS wurde ihm unheimlich zu Muth, als er die weis-
glitzernden Augen so geistesabwesend aus dem aschfarbenen
Gesicht auf sich gerichtet sah.
„Was führt Sie in aller Frühe zu mir?" begann er
daher mit etwas unsicherer Stimme, Karl einen Sessel an-
weisend.
Der Bauer blieb jedoch stehen.
„Herr Wredow," sprach er jetzt mit einem Tone, der
keuchend klang, „hier sind fünfzigtausend Thaler, — was
fehlt, habe ich verbraucht die wir Ihnen gestohlen haben
ich nnd Grete, sie hat das andere Geld. Ihre Mutter hat
gar kein Testament gemacht, sie ist plötzlich gestorben; da
hat Grete sich in das Bett gelegt — es war Nacht, ich
habe eilig den Schultheiß geholt — Grete hat Euch ent-
erbt, sie hat anstatt Ihrer Mutter gesprochen ... Alles ist
Lug und Trug! Sie ist schuldig, ich bin schuldig. Hier
ist mein Geld, der Hof ist noch nicht verkauft. .." schloß
Karl die stoßweise, aber seltsam ruhig gesprochene Rede.
Johann starrte den Sprecher ganz fassungslos an.
„Ihr seid wahnsinnig," rief er darauf. -„Ihr ver-
leumdet sie aus Haß, weil sie Guck' nicht will. Ihr seid
ein schändlicher Kerl und Werth, gehängt zu werden," schloß
Johann empört.
„Mit ihr, Herr, mit Grete," fuhr Karl unbeirrt und
ruhig fort. „Eure Blutter starb mit Eurem letzten Brief
in der Hand. Sie hat Euch nie vergessen und nie ver-
stoßen, und wenn sie nur einen Tag länger gelebt hätte,
würde sie ein Testament gemacht haben, denn den Schulzen
zu bestellen bin ich schon von ihr geschickt worden."
Der Ton, die Art, in welcher der Bauer sprach, die
näheren Umstände, die er erwähnte, Alles war so glaub-
würdig, das; Johann von seiner Ansicht, mit einem Wahn-
sinnigen, mit einem Verleumder aus Haß zu thun zu haben,
abkam.
„Erzählt mir Alles genau, Karl," nahm er jetzt weh-
müthig das Wort, indem er sich in einen Sessel vor dem
steif nnd aufrecht stehenden Bauern fallen ließ, und Karl
Blaas berichtete nun einfach und schlicht, ohne nur eine
Sekunde zu stocken, ausführlich, wie der Betrug damals
vor sich gegangen und leicht auögeführt werden konnte.
„Ich kann es immer noch nicht glauben," warf Johann
jetzt ein, „sollte solch' eine Verstellung möglich sein? —
Welche Instinkte, welche Talente schlummern in dem Weibe,
wenn daS bei einem einfachen Bauernmädchen möglich,
Tenfel und Engel in einer Gestalt, welch' Näthsel, welch'
unlösbare Räthsel!" so sprach er vor sich hin. „Ich kann
es nicht glauben, Karl," entgegnete er jetzt laut. „Ich will
mich selbst davon überzeugen — warte Du hier im Zimmer,
bis ich zurückkommen werde — ich bleibe nicht lange."
Karl nickte stumm und Johann verließ das Zimmer,
welches er hinter sich abschloß.
Er begab sich zum Musiksalon, wo in der frühen
Morgenstunde noch Niemand anwesend war, und ließ durch
die Äufwärterin Fräulein Grete Meinhardt benachrichtigen,
daß er ihr eine Mittheilung zu machen habe und sie er-
suchte, ihm einige Minuten hier Gehör zu schenken.
Grete erschien mit dem heitersten Gesicht und dem lieb-
lichsten Lächeln nach kurzer Zeit.
Es schnitt Johann in die Seele, als er sie so frisch und
heiter eintreten sah, und doch erweckte sie ihm Abscheu, denn
er nahm jetzt deutlich auf ihrem Gesicht einen Zug von
Verschlagenheit und Falschheit wahr, den die Weichheit und
Rundung ihrer Linien eher hervorhob als verdeckte. Sic
schaute Johann, der bleich und aufgeregt auSsah, was sie
sofort bemerkte, etwas unsicher an.
„Grete!" begann jetzt Johann. „Karl Blaas war
bei mir."
Das Mädchen zuckte heftig zusammen und athmete schwer.
„Ich kann Sie vor den: Mann nicht schützen," fuhr
Johann ernst fort, „denn er hat eine furchtbare Waste
gegen Sie, die Sie ihm selbst in die Hand gegeben, dem
Sie sind Genossin eines Verbrechens."
Grete wankte, sie sank in die Kniee und starrte mit
glanzlosen, wilden Blicken Johann an. , .
„Er hat mir Alles gestanden, was da zu Harste w
Stepnitz vorgegangen . .. Ist es wahr, Grete?"
„Wahr, wahr!" stieß Grete rauh hervor.
„Und Sie haben das Testament gemacht?"
„Ich!" kam cs klanglos von des Mädchens erblichenem
Munde.
„Sie waren arm, und das vergebe ich Ihnen — der
Teufel bekam Macht über Sie, die Verführung lag nahe,
und Armuth ist ein schreckliches Leid; daß Sie aber auch
jetzt noch belogen und solch' eine Rolle vor mir spielten .
das, Grete, verzeihe ich Ihnen nie, denn das zeigt w»,
! daß Sie ein bodenlos schlechtes Herz haben und Verstellung
I Ihr Lebenselement ist."