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Illustrierte Welt : vereinigt mit Buch für alle: ill. Familienzeitung — 51.1903

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Heft 28
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https://doi.org/10.11588/diglit.55112#0607
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Hest W. vereinigt mit „Such tiir Wie". 2»hrg. imz.


krütili'ng;itüriiis.
koman von M. Srcikin v. künciu.
tkorttehung unp 5ckluh.)
(Nacküruck verdolsn.)
fürchte, ich habe Ihnen keinen guten Dienst
I geleistet," sagte Graf Rotenburg beim Diner
leise zu Freda. „Ihr Reitpferd bewahrte ich
MM zwar vor ungeschickten Anfängerinnen, aber
die Laune unserer hohen Herrin verbesserte mein
Widerspruch gerade nicht."
„Sie haben es gut gemeint." Freda sah ihn
dankbar an.
Er betrachtete unzufrieden ihr blasses, verwein-
tes Gesicht. „Sie sollten sich nicht über diese Er-
bärmlichkeiten grämen," tadelte er. „Ich wünschte,
ich könnte Sie zn Ihrer Mutter bringen."
Er brach ab, denn er sah, daß Fräulein v. Bergen,
die ihnen schräg gegenüber saß, mit gespannter Auf-
merksamkeit ans jedes ihrer Worte achtete.
„Ich fahre für
ein paar Tage nach

an sie gerichtet. Wie sollte sie es anfangen, die
verlorene Gunst wieder zn gewinnen?
Einsames Grübeln in Gegenwart der Herrin
war jedenfalls nicht richtig. Sie stand daher ans
und trat zur Erbprinzeß. „Soll ich vielleicht etwas
spielen? Ich habe einige neue Sachen eingeübt,
die Eure Hoheit noch nicht kennen."
„Danke!" Die Erbprinzeß wandte kaum den Kopf.
„Übrigens brauchst du Lilli dein Reitkleid nicht zu
borgen. Rotenburg macht so viele Schwierigkeiten,
daß ihr Reiten vorläufig unterbleibt. Du hattest
ihm wohl dein Leid geklagt?"
„Ich habe keine Silbe davon gesagt. Graf
Rotenburg sprach erst bei Tisch niit mir darüber,"
entgegnete Freda. Der feindselige Ton der Erb-
prinzeß tat ihr weh.
Da Ihre Hoheit nicht weiter von ihr Notiz nahm,
sondern mit Lilli Bergen leise tuschelte und lachte,
setzte sich Freda wieder still auf ihren Platz.
Rotenburg hatte die kleine Szene beobachtet.
„Empörend! Ich lasse Sie nicht länger so behan-
deln." Er stand auf. „Fräulein v. Nordeck! Ich will
Ihnen lebewohl sagen. Ich gehe auf einige Tage

nach Hanse. Wenn ich wiederkomme, bitte ich Sie
sofort um eine Unterredung unter vier Augen. Bis
dahin leben Sie wohl!" Er beugte sich über ihre
Hand, die sie ihm znm Abschied gab.
„Auf Wiedersehen!" sagte sie ganz leise — wie
im Traum.
„Axel, kommen Sie, unser Whist wartet!" rief
der Erbprinz.
„Sofort, Hoheit!"
Nach einer kurzen, sehr kühlen Verabschiedung
von der Erbprinzeß verließ Graf Rotenburg das
Zimmer.

Cllte; Kapitel.
Die Tage ohne ihn vergingen Freda trübselig
genug. Die Erbprinzeß sah sie kaum. Wenn sie
doch einmal zn einer Ausfahrt oder sonstigen Dienst-
leistung herangezogen werden mußte, empfand sie
die unfreundliche Kälte, mit der ihre Herrin sie be-
handelte, sehr bitter.
Auch die Oberhofmeisterin begegnete ihr nur mit
unnahbarer Amtsmiene. In der ganzen Atmosphäre
des Schlosses lag
etwas wie Gewit-

Rotenburg," setzte
er laut hinzu. „Der
Pächter nimmt die
Abfindungssumme
an. Er übergibt mir
mein Eigentum wie-
der."
„Axel, Sie wer-
den uns doch nicht
untren?" rief der
Erbprinz. „Was
soll ich ohne Sie
anfangen?"
„Niemand ist
unersetzlich," meinte
der Kammerherr
gelassen. „In Ro-
tenburg fehlt das
Auge des Herrn.
Pächterwirtschaften
ruinieren immer."
Freda konnte
ihren Schreck kaum
verbergen. Graf
Rotenburg wollte
fort! Vorläufig ja
nur für wenige
Tage, aber bald
auf immer! Wie
würde es ihr hier
ergehen ohne sei-
nen Schutz und Rat?
Das Herz tat ihr
so weh — sie hielt
kaum die Tränen
zurück. Die Erb-
prinzeß hatte sic den
ganzen Abend igno-
riert, noch kein Wort


Clne lnterellmte Cniäeckung. llacli einem Semäläe von Eultav köliler. (5. öd?)

terschwüle.
Freda fühlte ihr
Herz ängstlich klop-
fen, als die Jung-
fer ihr sagte, Ex-
zellenz wünsche das
gnädige Fräulein
sogleich zu sprechen.
„Was mag sie
nur wieder von
mir wollen?" dachte
Freda unruhig.
„Etwas Angeneh-
mes sicher nicht!"
Doch ging sie
sofort.
„Exzellenz haben
mich rufen lassen?"
Fran v. Laroche
stand von ihrem
Schreibtisch stnhl
ans. Ein geöffne-
ter Brief lag auf
ihrer Mappe. Freda
mußte lebhaft an
ihre erste Begeg-
nung, hier in dem-
selben Zimmer, vor
bald einem Jahre
denken. Freundlich
hatten sich ihre bei-
derseitigen Bezie-
hungen seitdem nicht
gestaltet.
„Ich habe eine
Nachricht erhalten,
Fräulein v. Nord-
eck ," sagte die
Oberhofmeisterin —
 
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