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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Schölermann, Wilhelm: Gedanken über bunte Häuser
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0207
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INNEN-DEKORATION

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ARCHITEKT F. HABICH UNI) ARCHITEKT M. FELLER.

werden sie wohl auch dann nicht, aber halbwegs
erträglich doch. Natürlich hängt das von dem Wie ab.
Selbstverständlich darf nicht jeder Mieter oder Haus-
eigentümer sinnlos drauflospinseln. Da kämen wir
aus der Bratpfanne ins Feuer! Doch mit künst-
lerischem Beirat und ein wenig Geschmack sind
Massenwohnungen nicht nur sauber zu erhalten;
auch eine gewisse Freudigkeit kann wieder mit ein-
ziehen in die Quartiere.

Hier ein paar Beispiele. Unsre Marinestadt
Kiel ist Alles andere, nur nicht hübsch. Aber sie
hat einen netten Marktplatz mit einer Reihe alter
Häuser, den »Persianern«, nebst einem kleinen,
alten Rathaus. Man will sie bald fortnehmen. Es
ließe sich aber mit der hier angedeuteten Weise
noch eine ganz freundliche Wirkung in frischen
Farben so lange erhalten, bis die Bauten wirklich
baufällig sind, was immerhin noch jahrelang währen
kann. Mit dem alten, holzschnitzverzierten Hause
in der Haßstraße hat man schon durch Bemalung
der Täfelung nebst Inschriften Alles wieder auf-
gefrischt. Vor 5 Jahren malte ein Wirt seine Wirt-
schaft, an der Ecke der Dänischen Straße, frisch
an, mit einem laternenhaltenden, schmiedeeisernen
Nachtwächter in einer Ecknische. Das sah prächtig
aus. Jetzt wird es Zeit, das zu erneuern!

Weimar hat ganz entzückende ältere Winkel,
Höfe, Tore und Gassen. Manches ist so fein, daß
jedes Anrühren, jedes Streichen nur stören könnte.

Büfett im Erfrischungsraum.
Ausf.: M. Ballin—München.

Andere Straßen, z. B. Marienstraße, Ackerwand,
oder im Innern der Stadt sind farbig leicht zu er-
neuern, besonders weil in Weimar sehr nett, ein-
fach bürgerlich gebaut worden ist, meistens lang-
gestreckte, selten über 1—2 Stockwerk aufragende
Häuser. Auf meine Anregung wird die Großher-
zogliche Kunstschule eine Mappe mit Zeichnungen
und farbigen Skizzen dieses altern Weimar heraus-
geben. Da wird etliches Gute erhalten bleiben,
zur Freude der Mit- und Nachgeborenen.

Darmstadt hat ja durch die Künstler-Kolonie
genug Anregung gehabt. Im »Tintenviertel« ist eine
ganz neue Stadt entstanden. Vielleicht ließe sich
auch in den älteren Teilen allerlei koloristisch er-
wägen und nachprüfen und darnach auffrischen,
»auffrohen«, wenn das Wort erlaubt ist.

Der Lenz ist vor der Tür. Er ist die Zeit des
Neuanstrichs der Häuser. Versuchen wir mal mutig
mit bunten Fensterkreuzen und Mauern anzufangen.
Es wird schon glücken. Bei diesen einfachen Dingen
kommt es auf unermüdliches Anregen an, auf Aus-
dauer im Wünschen. Neu ist der Vorschlag wohl
weniger, als notwendig. Vor Jahren habe ich schon
ausgesprochen, daß seine Befolgung in Ergänzung
aller modernen Bestrebungen manches Straßenbild
aufheitern könnte. Gewiß haben vor und mit
mir Andere, und nicht nur die Künstler ein Ähn-
liches empfunden und befürwortet. Vereinzelt ver-
sucht es dieser und jener. Dabei blieb es. —
 
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