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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Schölermann, Wilhelm: Gedanken über bunte Häuser
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0206

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INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT F. HABICH UND ARCHITEKT M. FELLER.

Erfrischungsraum. Esche graugrün gebeizt.
Ausführung: M. Ballin. Beleuchtungs-Körper
Kupfer. Ausführung: Wilhelm & Co. *

täglichen Lebens, zum Beispiel in der Gewandung,
in Weste oder Frack, wie im Hausanstrich einzu-
führen, ähnlich wie das so lange vernachlässigte
oder verpönte Grün. Gerade hier wäre erlaubt,
was gefällt, d. h. was dem gesunden Auge gefällt,
das farbenempfänglich, nicht farbenblind ist.

Ich gehe dabei von dem praktischen Gedanken
aus, daß es sich nicht darum handelt etwas zu
ändern durch Zerstörung dessen was da ist, sondern
das schon Vorhandene tunlichst zu verwerten und
annehmbar zu machen. Durch Farbe kann man
manches Häßliche verbessern. Das Kapitel von der
Erziehung zur Farbe sollte auf der Gasse beginnen.
Wenn wir im Volke heitere, angenehme Eindrücke
wecken, so übt das auf alle Lebensäußerungen, auf
Umgangsformen und den Verkehr unter einander
einen woltuenden, einen sittlichen Einfluß aus. Auf
die zwischen heiteren Häusern und freundlichen
Straßen verkehrenden Menschen werden ihre bunten
Bauten — auch wenn der Anstrich lange trocken
ist — noch abfärben. Bunte Straßen aus farb-
losen zu machen, ist leichter als wir meinen. Wir
sind an ihren Anblick nicht mehr gewöhnt.

Man vergegenwärtige sich nur die Fenster-
kreuze. In der üblichen stumpfen, erdigen Anpinse-
lung, oder gar imitierter Holzmaserung wirken sie
düster und verleihen ganzen Straßenfronten einen
mumienhaften Charakter. Es ist auch ein falsches
Prinzip. Holz kann in jeder beliebigen Farbe an-
gestrichen werden, weiß, rot, grau, grün, nur nicht
in falscher Holziaxhe. Soll Holz seinen Naturton
behalten, der durchaus hell und nicht stumpf ist
wie der imitierte, so mag man es einfach polieren
oder beizen. Buntfarbige Fensterkreuze beleben
schon die ödesten Kasernen und bringen Abwechs-
lung ins Trostlose der Etagen-Wohnungen, die
mit ihren schmutzigen Putzfassaden und lasten-
den Ziegelmassen jetzt ganzen Straßen etwas
Niederdrückendes geben. Dabei kann man von
Schuld und Versäumnis kaum reden, da solche
Massenwohnungen dem unabweisbaren Bedürfnis
nach höchster Raumausnützung eben entsprechen.
Wir sind schon zufrieden, wenn sie die Forderungen
der Reinlichkeit und Hygiene erfüllen. In diese toten
Massen ist mit ein paar gesunden Kontrasten aus
dem Malertopfe schon Leben hineinzubringen. Schön
 
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