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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Vogt, Adolf: Der neue Zeichen-Unterricht und das Kunst-Gewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0159

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INNENDEKORATION

XVIII. 3HHRGHI1G. Dcirmlfcidt 1907, mHI-HCTT.

Der neue Zeichen-Unterricht und das Kunst-Gewerbe.

VON ADOLF VOGT.

Seitdem das Unglaubliche geschehen ist, seit-
dem der preußische Staat in einer künstle-
rischen und pädagogischen Reform den meisten
andern deutschen Staaten vorangegangen ist und
sich einen wirklich neuzeitlichen Zeichenunterricht
geschaffen hat, sind auch die üblichen Begleit-Er-
scheinungen, welche jede derartige Reform in
Deutschland hervorzurufen pflegt, pünktlich ein-
getroffen. Daß sofort Dutzende von Lehrbüchern
für die »neue Methode« wie Pilze aus dem Boden
schießen, daß Propheten auftreten, die mit Eiferer-
art die Lehre formulieren, einseitig mißdeuten und
intolerant im höchsten Grade, wie alle »in tiefster
Brust Überzeugten«, ihr Proselyten zuführen, zu-
zwingen wollen, das wundert niemand, der weiß,
wie der Deutsche ist. Jede neue Bewegung führt
bei uns unfehlbar in kürzester Frist in den Irr-
garten der Sektiererei, wo dann die beste Kraft in
dem bekanntlich immer endlosen Streit um das
»Rechthaben« sich verzehrt.

Allein, eine gute Seite hat dieses Eiferer- und
Prophetentum doch. Die davon Befallenen sind
genötigt, wenn sie ihre Überzeugung demonstrieren,

wenn sie für die »Lehre« Anhänger werben wollen,
sich in die Öffentlichkeit zu flüchten, Ausstellungen
ihrer Arbeiten zu veranstalten und in der Presse
von ihrem Wollen und Wirken Zeugnis abzulegen.
Auf diese Weise bleibt wenigstens die Allgemein-
heit über die Vorgänge und Veränderungen in
sonst abgeschlossenen Institutionen, wie in unserm
Fall denen der Schulen, orientiert und kann selbst
mit mehr oder weniger Interesse daran teilnehmen.
Gerade Ausstellungen von Schüler-Zeichnungen
sind in den letzten Jahren besonders häufig ver-
anstaltet worden und haben die Presse wiederholt
zu ausführlicher Stellungnahme veranlaßt. Man
kann es den Lehrern nicht verdenken, wenn sie
jetzt so gern und so oft ihre Schätze zeigen. Denn
während Schüler-Zeichnungen früher das Lang-
weiligste darstellten, was auf diesem Gebiet zu
sehen war — leere, gequälte Kopien geistlosester
Vorlagen — sind sie jetzt nicht nur inhaltlich un-
endlich viel mannigfaltiger, frischer und reizvoller
— die freien Phantasie-Zeichnungen bieten oft
Schildereien von köstlichster Erfindung — vor
allem aber geben sie ein wirklich authentisches

1907. V. 1.
 
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