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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Zobel, Victor: Pützer'sche Hausbauten in Darmstadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0127

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INNENDEKORATION

XVIII. SflHRSflllS, Darmlfadf 1907. HPRIh-HOT,

PÜTZER'SCHE HAUSBAUTEN IN DARMSTADT.

Die Kunst des Wohnens, die vor nicht gar zu
langer Zeit auch in Deutschland gekannt
wurde, war mit dem Abreißen der stetigen Ent-
wicklung aller Lebensformungen in den ersten Jahr-
zehnten des vorigen Jahrhunderts fast völlig bei uns
verloren gegangen. Und erst in den letzten Jahren
mehrt sich die Zahl der Denkenden und mit ihrer
Zeit Fühlenden, die den Wunsch haben, daß die
Wohnung wieder ein Teil ihrer Persönlichkeit, ihrer
Art zu leben werde. Wir sind freilich noch nicht
so weit, wie die Engländer; aber die neue Gemeinde
ist doch schon zahlreich genug, um die Erfüllung
ihrer Wünsche möglich zu machen. Denn der
Wunsch ist immer eher da, als die Erfüllung.

Bei dieser neuen Bewegung spricht die Sehn-
sucht stark mit, aus dem geräuschvollen Treiben
der großen Städte und ihren unwürdigen Miet-
wohnungen herauszukommen und in ruhiger, länd-
licher Umgebung im Eigenen zu wohnen. Das
Landhaus und das unter ähnlichen Bedingungen
gewordene Einzelhaus der städtischen Umgebung
hatte in der Verfallszeit die Gepflogenheiten des
Miethauses einfach übernommen und unterschied
sich nur in spielerischen Äußerlichkeiten von ihm.
Das aufblühende Kunstgewerbe hat nun von innen

her auch die Baugesinnung beeinflußt, und England
gab auch hier den Aufmerksamen die besten Lehren.
Bei uns in Deutschland würdigte man besonders
wieder die Schönheit und vornehme Zurückhaltung
der Bauten aus der Goethe-Zeit und man erkannte
andererseits, daß das Bauernhaus für die neuen
Aufgaben starke Anregungen geben konnte. Auf
diesen Grundlagen wuchsen allmählich die Forde-
rungen der schlichten Zweckmäßigkeit für das
Außere des ländlichen Einzelhauses, die freie, aus
den Bedürfnissen des Wohnens wachsende Grund-
form, die unserer älteren germanischen Überlieferung
entspricht, und — vielleicht als das auffälligste —
das hohe und behagliche, stark für den Gesamt-
eindruck mitsprechende Dach, das unser unbestän-
diges Klima mit seinen reichen Niederschlägen not-
wendig macht.

Die freie, nicht gebundene Haltung ist für das
freistehende, ländliche Haus gewiß die gegebene
Gestaltungsweise. Meines Erachtens sind indessen
auch hier oft Fälle denkbar, in denen eine Lösung
in strengen, mehr dem Monumentalen zuneigenden
Formen künstlerisch gefordert ist, wie diese Art
für das eigentliche Stadthaus sich mit Notwendig-
keit ergibt. Überhaupt liegt die Frage, ob freie

1907. IT. 1.
 
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