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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Schulze, Otto: Das Naturstudium an den Kunstgewerbe-Schulen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0141

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INNEN-DEKORATION

12',

PROFESSOR FRIEDRICH PUTZER—DARMSTADT.

Hatts im Loss—Darmstadt, Diele.

DAS NATURSTUDIUM AN DEN KUNSTGEWERBE-SCHULEN.

VON OTTO SCHULZE—ELBERFELD.

Es liegt schon im Worte »Naturstudium«, daß mit
, dem bloßen Abmalen von Menschen, Tieren oder
Pflanzen, oder auch mit dem Nachmodellieren von solchen,
kein eigentliches Naturstudium, also kein tieferes Ein-
gehen und Eindringen in die unter der Erscheinungsform
dieser Geschöpfe und Gebilde sich regenden Kräfte, ge-
meint sein kann. So lange man denken kann, sind für
die Zwecke der Kunst Naturstudien gemacht worden, teils
um der möglichst naturgetreuen Nachbildung und Dar-
stellung willen, vielfach aber auch, ja man möchte sagen,
noch häufiger zwecks Verwertung innerhalb der Aufgaben
der Architektur, des Kunstgewerbes, der angewandten
Kunst. Wir verwahren von Altmeistern köstliche Schöp-
fungen dieser Art.

Mir scheint das Wort »Naturstudium« in dieser Aus-
legung nicht richtig gebraucht. Vielfach müßte, ja könnte
überhaupt nur von »künstlerischen Studien nach der
Natur« gesprochen werden. Die Kunstgeschichte lehrt,
daß, wo ein solches in übertriebenem Maße gepflegt
worden ist, Naturalismus und Verfallkunst eins sind.
Blumenkunst und Jugendstil liegen noch gar nicht lange
hinter uns, spuken auch noch in zurückgebliebenen

Industrien und im Dilettantismus. Es hat nie bösere
Zeiten für die Kunst gegeben als jene, in denen eben
Natur — Kunst sein sollte. Erst unsere Bestrebungen
haben hier eine Gesundung angebahnt, daß wir empfin-
den lernten, daß auch die raffiniertesten »Kunstwerke«,
die Natur vortäuschen sollten, mit der Kunst selbst, die
eben nur »schöpferisch« sein kann, herzlich wenig zu
tun haben. In dieser Erkenntnis ging man dann mit
der Einführung des Studiums der historischen Kunst als
Wall gegen solche Entgleisungen törichterweise so weit,
das künstlerische Naturstudium zugunsten des Abzeichnens
und Nachbildens von Gipsen und alten Kunstobjekten
fast ganz fallen zu lassen. Als damit das Schöpferische
in der Kunst noch mehr verödete, verfiel man darauf,
die auf dem üblichen Wege der Darstellungstechniken
gewonnenen, gewiß nicht schlechten, Naturstudien zu
---stilisieren, zu vereinfachen. Die methodisch ange-
wandten Rezepte schufen eine bloße Papierkunst, gewandte
aber geistarme Zeichner. — England hat uns daraus auf-
gerüttelt; Frankreich ist mehr oder weniger im Natura-
lismus verblieben. Ein wirklich ersprießliches künstle-
risches Naturstudium, das über die Erscheinung der
 
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