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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Sachs, Hans Richard: Etwas über Antiqitäten-Möbel
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0069

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ETWAS ÜBER ANTIQUITÄTEN-MÖBEL.

Von Hans Richard S a c h s - Berlin.

Ein alter Danziger Stuhl wurde mir in einer
jungen Häuslichkeit präsentiert. Der Stuhl
zeigte das übliche Aussehen: schwarzbraun ge-
beitztes Holz, hohe Rückenlehne mit Wappen in
reicher Bildhauerarbeit, Löwenköpfe als Endigungen
der Armlehnen, schlangenförmig gedrehte Füße.

Ich nannte den Kauf von Antiquitäten-Möbeln
ein Vergehen wider das keimende Leben der
jungen Kunst unserer Tage, ein Verbrechen bei
denen, welche begabt sind, an ihr Mutterschaft
auszuüben.

Es war nämlich die junge Häuslichkeit bisher
zeitgemäß eingerichtet; die Möbel zeigten jene
Schönheiten in Haltung, Farbe, Form, wie sie erst
seit wenigen Jahren geschaffen werden und allge-
mein sinnfällig geworden sind. Nun hatte man
mit dem Danziger Stuhl den Anfang gemacht, das
Empfangszimmer des Herrn, eines Arztes, mit

Antiquitäten-Möbeln auszustatten, um hier würdig
zu repräsentieren. Würdige Repräsentation ist not-
wendig, ist im Berufe des Arztes ein Heilmittel.
Mit Antiquitäten aber repräsentiert sich der moderne
Arzt bestenfalls in den Formen der Zeit des Arztes
von Annodazumal, bei der Beschaffenheit der heute
käuflichen Antiquitäten aber meistens in nach-
äffenden, gefälschten, possierenden Formen, denen
eines Charlatans vergleichbar.

Nicht minder sind der moderne Großindustrielle,
der Bankdirektor, der zeitgemäße Diplomat Ana-
chronismus in der Umgebung der schwerfälligen
altertümlichen Möbel behäbiger Senatoren und
Kaufherren, zopfiger Würdenträger und bedäch-
tiger Biedermeier.

Diese Gegensätze lassen sich verstandesgemäß
erfassen, sobald das Auge wahrgenommen, wie die
Haltung und das Wesen der Menschen unserer
 
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