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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Sachs, Hans Richard: Etwas über Antiqitäten-Möbel
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0070

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56 INNEN-DEKORATION

professor bruno paul—berlin. Herren-Zimmer. Schreibtisch und Bücherschrank.

Ausführung: Vereinigte Werkstätten für Kunst im Handwerk—München.

Zeit der Haltung und dem Wesen altväterlicher
Möbel zuwiderlaufen. Die praktische Benutzung
der Antiquitäten-Möbel aber lehrt, daß sie nicht
paßrecht und nicht zweckgemäß sind und fast nur
als Atrappen dienen können. Sie sind auch nicht
gleich überkommenen historischen Kostümen, son-
dern sind im Gebrauch wie entliehene Masken-
garderoben, unsauber, von fremden Leuten schon
getragen, falls sie echt sind. Zumeist sind sie un-
echt, oft lächerlich falsch. Große Industrieen in
der Nähe alter Kunststätten stellen sie her, durch-
geführt bis zu den Wurmlöchern mit Hilfe von
Schrotschüssen. Aber selbst ein aristokratisches
Publikum ist hierin Liebhaber und Käufer und
repräsentiert in seinen Häusern Herkommen und
Bestand durch Ungetüme Spinde, hölzerne Kamine
mit kindlich bemalten Kacheln, durch schwülstig
überladene Stühle, Tische und Truhen, durch Talg-
lichtkronleuchter und Blaker, alles mit Vorliebe in
dem bäurischen Geschmack der Handwerkergilden,

denen diese Dinge oder deren Vorbilder vielfach
nur als Prunkgeräte in ihren Gewerkschaftshäusern
zu seltenem Gebrauch gedient haben.

Die Kunstgeschichte berichtet, daß die alt-
christliche Zeit aus den Römerbauten früherer Jahr-
hunderte Säulenschäfte, Kapitale und alle Zierarten
entnommen und den eigenen Bauwerken eingefügt
hat; die Kunstgeschichte nennt dieses Verfahren
barbarisch und schreibt dieser Zeit Mangel an
künstlerischem Sinn für das Detail zu.

Den Antiquitäten-Kultus unserer Tage wird
eine jüngere Generation bald allgemein belächeln.

£

Neuere Arbeiten von Professor Bruno Paul sind
außer in vorliegendem Hefte auch im Mai-
Heft 1906 der »Innen-Dekoration« und im November-
Heft 1906 und Januar-Heft 1907 der Zeitschrift
»Deutsche Kunst und Dekoration« erschienen. Auf
die letztgenannten umfangreichen Publikationen
sei hier besonders aufmerksam gemacht. d. r.
 
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