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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Schölermann, Wilhelm: Gedanken und Vorschläge zur Innen-Einrichtung moderner Kriegs- und Handels-Schiffe
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0269

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INNEN-DEKORATION

255

GEDANKEN U. VORSCHLÄGE ZUR
INNEN-EINRICHTUNG MODERNER
KRIEGS- UND HANDELS-SCHIFFE.

VON WILHELM SCHÖLERMANN.

Acht Jahre mögen verflossen sein, da
X~\ ich den Panzerkreuzer »Fürst Bis-
marck« vor seiner Ausreise nach Ostasien
besuchte und in Begleitung des Kom-
mandanten auch die Innenräume des
Riesenschines durchmusterte. — Etwas
Unbehagliches, beinahe Störendes überkam
mich in der Wahrnehmung, daß zwischen
des Schiffes Exterieur und seinem Interieur
eine gewisse Unzusammengehörigkeit be-
stand. Als hätte der Schiffsbauingenieur
von 1900 in seinem modernen Eisen-
mechanismus eine Zimmerausstattung von
Anno 1550 hineinbauen lassen! Nicht
etwa aus Freude und Pietät für das Alte.
Denn das Holz war ja neu, eben frisch
aus dem Magazin bezogen. Mein freund-
licher Führer schien etwas zu merken
und teilte mir's durch vielsagendes
Lächeln mit. Es ist mir mehrfach an-
genehm aufgefallen, daß einige unserer
jüngeren Seeoffiziere gern Fühlung mit der
Zeitbewegung in Literatur und Kunst
halten. Sie lesen unsre Anregungen, be-
halten sie auch und denken in Urlaubs-
stunden über Wesen, Sinn und Gestalt
der Dinge nach.

Dabei mag es manchem ähnlich
ergangen sein, wie mir. Bei Flottenbe-
suchen in Kiel, Wilhelmshafen oder auf
Auslandsstationen fällt es scharfblickenden
Beobachtern auf, wie brillant Alles an
Bord klappt, nur in der Innenausstattung
da haperts noch manchmal auf deutschen Kriegs-
schiffen ! — Bei der englischen und amerikanischen
Marine fällt dies vielleicht weniger auf; dort ist die
Einrichtung der Messen und Kabinen ohnedies zumeist
sehr raumbeschränkt, fast spartanisch einfach; auf
Heizung u. dgl. wird wenig Wert gelegt. Zudem kann
die Tradition in den angelsächsischen Lebensgewohn
heiten auch mit dem Bordleben einigermaßen in Ein-
klang gebracht werden. In der modernen Entwicklung
steht England überhaupt jetzt etwas hinter Deutschland
zurück. Das kann jeder schon auf Reisen in Groß-
britanien beobachten. — Von deutschen Schiffen seien
hier nur ein paar Beispiele gegeben. Zur Anregung.

Im Herbst 1905 lud ein Torpedoboots-Kommandant*)
mich zu einer mehrtägigen Meerfahrt auf einem unserer
großen (Divisions)-Torpedoboote ein, welche die Elbinger
Schichauwerft in so mustergiltiger Konstruktion baut,
daß sie bis jetzt von keiner ausländischen Werft an
Schönheit und Leistung übertroffen werden. Es war
ein Genuß, den so sicher ineinander wirkenden Mecha-
nismus des Bootes, wo »ein Schlag tausend Verbindungen
schlägt«, seinen messerscharfen Bug, seine leicht ge-
schwungene Decklinie mit dem federnden, fast ebenso

*) Vergleiche »Die Poesie des Torpedo-Bootes* in der
Zeitschrift »Propyläen«, München Oktober 1905.

HF.Kl'KItKI.TK l.FINFNF VORHANCF Fl' K K I N 11KK-/1M M I.K . AUSGEFÜHRT VON DEN
WURZNER TFl'l'ICH- U. VKl.Ol'RS-FAHK1KKN A.-G. ABTKILUNG KUNST-STICKEREI.

scharfen Heck und Steuerapparat, die Maschinen, die
Signalapparate, kurz, das ganze Wunderwerk dieser
Technik an kundiger Hand sehen und verstehen zu
lernen. Es liegt darin gewiß eine neue Schönheit.
Eine Schönheit und Poesie des Panzerschiffes,
wie ich diese in den > Kieler Neuesten Nachrichten, 1904,
und eine Ästhetik des Torpedobootes, wie
ich sie in den Miinchener »Propyläen« 1905 geschildert
habe. — Diese Schönheit ist die Ästhetik des Ingenieurs,
des Technikers, die wissenschaftliche Ästhetik des
Maschinen-Architekturstils, von Bahnhofshallen,
Lokomotiven und Turbinen — es hat das schon mancher
besser ausgesprochen, als es hier Zeit und Raum zu-
lassen. — Wir gingen hinunter in die hübsche, ge-
räumige Offiziersmesse. Diese war, wie die sechs an-
grenzenden Offizierskabinen und die Doppelkabine des
Kapitäns, ganz bequem, ja fast luxuriös eingerichtet.
Rotes Mahagoniholz, säuberlich poliert, in Schreiner-
arbeit ausgeführt, zeigte die Ornamentik der Spät-
Renaissance und des beginnenden Barock. Die Schränke
desgleichen. Decke und Skylights erinnerten an die
Plafonds in irgend einem großstädtischen Hotel. Man
war auf einmal unter Deck in eine ganz andre Welt
versetzt, in eine Welt, in welche die Marinemütze
und straffe, ernst-schlichte Uniform des
Offiziers ebensowenig hineinpaßte, wie elek-
 
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