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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Lasser, Moritz Otto von: Kleine Lehren von einer Grossen Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0406

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392

INN EN-DEKORATION

IZleine lehren von einer grossen ausstel-

' *• LUNO. Die große Debschirj-Ausstellung ist vorüber.
Richtiger: die Ausstellung für angewandte Kunst. Allein
die Erinnerung daran ist noch sehr lebendig und ich glaube
überhaupt, daß das, was wir in den Räumen der Hohen-
zollernstraße geschaut haben, noch lange fortleben, weiter-
schwingen wird. Auch mein Notizbuch glaubt das; es ist
ganz voll von Aufzeichnungen, Daten. Darf ich einen ganz
kleinen Auszug davon geben? Von den Kleinigkeiten ein
wenig plaudern, die mich auf der großen Ausstellung
so sehr interessiert hatten? Leise Lehren wurden einem näm-
lich da beinahe auf
Schritt und Tritt er-
teilt, das Thema
immer wieder auf-
gerollt, wie man sehr
wohl auch durch ge-
ringeMittel,mit wenig
Aufwand prächtige,
malerische, architek-
tonische Wirkungen
erzielen könne . . .
— In der reizvollsten
Weise sah man dies
dargetan in einigen
Interieurs und zwar
unter Zuhilfenahme
von — einigen roten
Waldbeeren, ein paar
Blumen. So war bei-
spielsweise durch ein
kleines Sträußchen
gelbroter Essig-
beeren in einem
Damen-Zimmer ein
eben so eleganter
als malerisch kost-
barer Kontrast ge-
schaffen worden, zu
dessen sonstigen
grauen,sandfarbenen,
matt rötlichen und
lichtgrünen Farb-
werten. Auch er-
innert mich mein
Büchlein daran, daß
sich vom violetten
Grunde eines Saales
ein anderer Herbst-
strauß in schier un-
erlaubter Pracht ab-
hob. Und was noch
mehr dergl. war. —
Eine andere „Klei-
nigkeit" konnte dem
künstlerisch geschul-
ten Besucher auch
kaum verborgen blei-
ben. Man sah näm-
lich dort und da —
und stets sehr ge-
schickt dem Ganzen
eingeordnet — an-
tike kunstgewerb-
liche Darbietungen
als Schmuckstücke
der stets modernen
Möbel; sah wunder-
schöne bronzebraune,
japanische Tempel-
körbe in Gemächern
allermodernster Hal-

EMANUEL J. MAKGOLD : ENTWURF ZU EINEM GESTICKTEN VORHANG,

tung. Wunderbar genug . . . aber die junge und die alte
Kunst, hier vertrugen sie sich ganz famos. Von Tier-
fellen ist auch in meinen Anmerkungen die Rede. Davon,
daß sie an und für sich schön sehr hübsch waren, will
ich jedoch schweigen, nicht aber über ihre „Aufmachung".
Lagen sie doch in der Ausstellung nicht wie gewöhnlich
unregelmäßig, verzottelt „eingefaßt" zu meinen Füßen,
sondern streng nach dem Lineal geschnitten, rechteckig
gehalten, wie ein Blatt Papier. Man wird mir's nicht glauben,
was diese kleine Zurichtung auszurichten vermag; man
wolle sich deshalb nur selbst von der Sache überzeugen.

— Da schon von
Fellen die Rede, fügt
es sich wohl nicht
allzu schlecht an,
wenn ich mir auch von
ausgestopften Tieren,
von bunten Vögeln
einige Worte zu sagen
erlaube. Sie werden
als dekorativer Wert
einmal zu wenig, ein
andermal wieder nicht
richtig eingeschärjt.
Doch wenn wir diesen
Gedankengang weiter
verfolgten, würden
wir heute kaum mehr
zu Ende kommen,
denn der Tierkörper
im Wohnräume, im
Gemach ist bis heute
im Buche der Innen-
Architektur über-
haupt kaum behan-
delt worden. Hier
also nur noch schnell
ein Wort über dieVer-
wendung stilistisch
oder malerisch beson-
ders wertvollerVögel.
Solche sind: Möven,
Raben, Eulen, der
Paradiesvogel, die
Mandelkrähe, der Eis-
vogel. Der großen
Möve müssen wir aber
eine ganzeWand allein
lassen; den Raben ge-
statten wir eine Türe
zu bekrönen; der
Paradiesvogel — in
Zeichnung und Farbe
erlesen — breite sich
auf kostbarem Maha-
goni-Bücherschrank !
Die Mandelkrähe mit
ihrem herrlichen Ge-
fieder muß natürlich
durch eine passende
Umgebung ihre ganze
schillernde Farben-
pracht verausgaben
können, den Herrn
Eisvogel würde ich
aber gar zu einem
Rendezvous mit einem
dunkel und erlesen
braunem echten
Tempelkorb auf einer
Lambris einladen.

MÜNCHEN. M. LASSER,
 
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