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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Unser Preis-Ausschreiben: Entwürfe für Zimmerdecken in Holz oder Stuck oder Mosaik oder einem andern Material
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0174

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i6o

UNSER PREIS-AUSSCHREIBEN.

Entwürfe für Zimmerdecken in Holz oder Stuck oder Mosaik oder einem andern Material.

Das Januar-Heft des Jahrgangs 1906 der »Innen-Deko-
ration« enthielt unter anderen redaktionellen Preis-
Ausschreiben ein solches für Zimmerdecken. Als End-
termin für die Einsendung war der 10. September 1906
bestimmt. Indes gingen bis zu diesem Tage nur 14
größtenteils sehr unbedeutende Entwürfe ein. Das Preis-
gericht machte daher von seinem Rechte Gebrauch,
das Ausschreiben zu erneuern, und schob nunmehr den
Einlieferungstermin bis zum 10. Februar 1907 hinaus.
Diesmal war die Beteiligung wesentlich reger. Im ganzen
wurden 77 Entwürfe eingesandt. Um den Künstlern
möglichste Freiheit zu wahren, hatte man die gestellte
Aufgabe nach keiner Seite hin umgrenzt und auch keine
Vorschriften bezüglich der Art der Darstellung gemacht.

Schon ein Möbelstück entfaltet seine ganze Wirk-
samkeit nur in dem Räume, für den es geschaffen ist;
um wieviel mehr eine Zimmerdecke, die doch nicht
zu den beliebig beweglichen Gegenständen gehört, zumal
in unseren ganz einheitlich gestimmten modernen Räumen,
in denen gerade der Übergang von der Vertikalen der
Wand zur Horizontalen der Decke für die Raumwirkung
von der größten Wichtigkeit ist. Will man die Wirkung
einer Zimmerdecke zeigen, so sollte man von ihr neben
dem Flächenbild gleichzeitig ein Raumbild, also neben
der geometrischen auch eine perspektivische Ansicht
geben. Nicht, daß die geometrische Darstellung in
Verbindung mit einem Querschnitte nicht von Wichtig-
keit wäre; im Gegenteil, der Handwerker, der die Decke
anfertigt, kann ihrer durchaus nicht entraten, wünschens-
wert aber bleibt es immer, wenn der Besteller der Decke,
der Bauherr, oder in unserem Falle das Preisgericht,
nicht nur weiß, wie das abstrakte Bild aussieht, sondern
wie die Decke wirkt.

Viele unserer jungen Künstler stehen noch viel zu
stark im Banne eines altmodischen Zeichenunterrichtes,
der den Wert lediglich auf solche geometrische Dar-
stellungen legt. So kommt es, daß auch zu diesem Wett-
bewerbe fast ausschließlich geometrische Ansichten ge-
fertigt wurden, diese allerdings wenigstens meist schattiert;
nur einige Künstler fügten Querschnitte bei, und ein einziger,
Emanuel Margold, gab auf einem Blatte eine geometrische
in Verbindung mit einer perspektivischen Ansicht, in
einem andern vier perspektivische Ansichten. Sie mögen
nicht in jeder Hinsicht vollkommen korrekt gezeichnet
sein, aber sie gewähren allein eine klare Vorstellung
davon, wie der Architekt sich die Decken und zumal
ihr Verhältnis zu den Wänden gedacht hat. Wie
schwierig es ist, aus dem geometrischen Bilde allein die
Absicht des Künstlers zu erkennen, möge der im übrigen
vortreffliche Entwurf von E. Pirchan beweisen.

Was nun die Entwürfe selbst betrifft, so scheiden
sie sich in solche für Holz- und für Stuckdecken.
Anderes Material ist nur in vereinzelten Fällen in Be-
tracht gezogen worden. So stellt sich A. Holub seine
Decke folgendermaßen vor: Grauer Marmor, gemasert,
von gewellten Bronzebändern gehalten; Mittelraum weißer
Stuck mit eingepreßten roten Glasuren; Mitte mit Stuck-
ornament und farbigen Mosaikeinlagen; daselbst Be-
leuchtungskörper; Wände, gleich dem Plafond, mit einer
Reihe von Marmorplatten belegt. Auch Verbindungen
von Holz und Metall finden sich. Beispielsweise ver-

sieht Margold die Balken einer seiner Decken mit ge-
triebenen Metallbeschlägen, doch herrscht hier der Holz-
charakter durchaus vor.

Die Holzdecke wird entweder von parallelen Pfetten
oder von sich kreuzenden Balken getragen, jene lassen
zwischen sich Raum für schmale, länglich-rechteckige,
diese für meist quadratische, zuweilen auch rechteckige
Felder. Die Felder selbst bieten Gelegenheit zu deko-
rativer Schmückung. Die Mitte der Decke ist in der
Regel stärker betont, sei es durch ein besonders großes
und reich geschmücktes Feld, sei es durch eine Zu-
sammenfassung mehrerer Karrees. Kommen demnach
für die Struktur der Holzdecke im ganzen nur zwei
Typen in Betracht, so kann die Ornamentierung
sich in der freiesten und selbständigsten Weise ent-
falten. Im allgemeinen wurde sie indes sehr zurück-
haltend verwendet. Aus dem Überschwang im Orna-
mentieren, wie er in den Kinderjahren des neuen
Stiles herrschte, sind wir nun in das entgegengesetzte
Extrem verfallen, in eine Sparsamkeit, der häufig nicht
kluge Berechnung, sondern lediglich Armut zu Grunde
liegt. Unter den Ornamentierungen gehören jene der
Decken von Maienfisch mit zu den erfreulichsten.

Stuckdecken sind weniger organisch als Holzplafonds
und lassen daher der Dekoration weit mehr Freiheit.
Die eingereichten Entwürfe zu Stuckdecken zeigten denn
auch die größte Mannigfaltigkeit in der Ausschmückung.
Vom Rokoko- und Biedermeier-Ornament alle Schattie-
rungen bis zum Pflanzenschnörkel des seligen Jugend-
stiles. Mit am vornehmsten, aber nicht eben originell
wirkten schlichte Felderdecken mit kleinen quadratischen,
zum Teile noch ornamentierten Kassetten. Wirklich
individuellen Charakter trug nur die mit dem dritten
Preise gekrönte Arbeit. Wie sich der Architekt die
Ausführung dieser Decke denkt, geht aus dem folgen-
den uns freundlichst zur Verfügung gestellten Schreiben
hervor:

»Um die Herstellung der Decke zu erleichtern, wurde
die Fläche in einzelne Felder geteilt. Jedes Feld ist
aus einer Gipsdiele geschnitten, erhält eine Ornamentik
aus einem leichten Stuckauftrag und wird durch weiß-
lackierte Holzleisten, die das Randornament tragen, an
die Deckenbalken geschraubt. Es fällt hierdurch nicht
nur das schwierige Arbeiten an der horizontalen Decken-
fläche weg, sondern die Decke enthält auch mehr Be-
wegungsfreiheit als wenn sie aus einer kompakten Masse
besteht, und somit ist die Hauptursache der an Stuck-
decken so oftmals auftretenden Sprünge entfernt.«

Das Preisgericht setzte sich zusammen aus den
Herren: Kommerzienrat Glückert, Hofrat Koch, Professor
Kleukens, Redakteur Franz Stanger, Dr. J. Baum, und
erkannte auf folgende Auszeichnungen: I. Preis Motto
»Stuck« Emanuel Margold—Wien. II. Preis Motto »In
Holz II« Paul Maienfisch—Dresden. III. Preis Motto
»Sesam« Emil Pirchan—Brünn. Lobend erwähnt wurden :
1. Motto »Dekorativ« Adolf Holub—Wien. 2. Motto
»Einfach« Emanuel Margold—Wien. 3. Motto »In Holz I«
Paul Maienfisch—Dresden. 4. Motto »Holzbalken« Franz
Bunse—Essen (Ruhr). 5. Motto »Das vornehme Haus«
Erich Große—Meißen, sämtlich hier abgebildet.

Darmstadt, März 1907. die schriftlkitung.
 
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