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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 18.1907

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Schölermann, Wilhelm: Gedanken über bunte Häuser
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https://doi.org/10.11588/diglit.7501#0204

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GEDANKEN ÜBER BUNTE HÄUSER.

VON WILHELM SCHÖLERMANN-WEIMAR.

Auf allen Gebieten des öffentlichen wie privaten
_/" \ Lebens scheint die Farbe ihre Herrschaft zu
befestigen, die Farbe als Freudenbringer. Wir
haben ihren Wert als heiteren oder als herben Grund-
klang und Stimmungsgeber wieder erkannt und er-
probt. Im Kunsthandwerk, im Plakat- und An-
noncenwesen, in Kleidung und Buchausstattung wie
im Innenraum der Wohnung zogen sie ein, die beiden
heitern Zwillingsschwestern: Lichtfreude und Farben-
lust. — Wie aber sieht es an den Außenwänden unsrer
Häuser aus? Im Ganzen noch recht trübe. Zwei
liebliche Komplementärtöne: Backsteine und Zement
erlaben das Auge Ich spreche hier nicht von
neuen, modernen Bauten, Villen und Landhäuschen,
nicht von rein architektonischer Zweckmäßigkeit
und Schönheit. Der folgerichtige Ausbau einer
zeitentsprechenden Bauform vollzieht sich mählich
und unaufhaltsam. Er ist noch nicht fertig, aber

er wird und wächst zusehends. Fertig ist leider
das, was wir schon in Masse haben, das Bestehende,
das Durchschnittliche: jene älteren und neueren
Straßen und Stadtviertel, Winkel- und Wohn-
kasernen, welche eine rentenhungrige Bauspekulation
als Denkmäler unsterblichen Stumpfsinns sich selber
errichtet hat. — Was fangen wir an mit dieser trost-
losen Realität, mit diesem Bleigewicht von Tatsachen
aus jenem Kapital, auf das das Wort brutal so
sinnvoll reimt? Abdecken und herunterreißen geht
nicht. An der formalen Häßlichkeit ist nichts mehr
zu ändern. Wie wäre es, wenn wir es mal mit
dem Farbentopf, mit der einfachen Tünche versuchten?

Ich glaube, für weite Schichten der Bevölkerung
unserer Städte könnten buntangestrichene Häuser
eine erste, primitive Schulung des Auges werden.
Bunte Bauten, ein- oder mehrfarbig angestrichen,
müßten aus mancher finstern Mietskaserne, aus
 
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