Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 28.1917

DOI Artikel:
Utitz, Emil: Ein Wohn- und Herrenzimmer von Emil Pohle
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10024#0455
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
INN EN-DEKORATION

433

emil pohle. erhöhter fensterplatz im herrenzimmer

Sinn. Wertvolle erste Preise begleiten die Lauf-
bahn des Werdenden und Reifenden. Studienreisen
weiteten den Blick. Längere Zeit verweilte er in
Düsseldorf, wo er sich vornehmlich an Professor
Kreis anschloß, von dem er manche Förderung er-
fuhr. Hannover und Darm Stadt sind die nächsten
Etappen. Es wird fleißig geschafft, und die Öffent-
lichkeit kargt nicht mit Auszeichnungen. Die
Darmstädter Ausstellung 1914 beherbergte eine
ganze Reihe von Arbeiten Pohles.

Er will nun selbständig werden und übersiedelt
nach Braunschweig. Der Beginn ist günstig. Auf-
träge und Entwürfe häufen sich. Da gesteht er:
»Leider hat der Krieg alle schönen Träume zerstört,
und es bleibt uns nur die Hoffnung auf eine spä-
tere, schönere Zeit, die Zeit der Denkmalsbauten.«

Die große Berliner Kunstausstellung ehrt den
jungen Künstler mit dem großen Architekturpreis.
Die Verpflichtung einer einjährigen Reise kann
auch erst im Frieden erfüllt werden.

Im Schützengraben träumt er von seinem »Ideal«,
als Lehrer an eine Kunstgewerbeschule zu kommen.
»Vielleicht bringt der Friede eine gute Gelegen-
heit zur Betätigung. Meine vielseitige Ausbildung
käme mir dabei recht zu statten. Ich denke an
einen Posten als Lehrer für Architektur und Innen-

raum, denn es liegt mir daran, nicht nur Innenraum-
ausstattung allein zu lehren. Ich hänge mit allen
Fasern und mit einer glühenden Begeisterung an
meinem Berufe, überhaupt an allem Schönen.
Wagner-Musik, Reinhardtsche Aufführungen, Tänze
von Clotilde von Derp und dergleichen gute, neue
Sachen neben der unvergleichlichen Antike sind so
der Kreis, in dem ich mich wohl fühlen könnte, und
den ich hier draußen schmerzlichst missen muß.«

In flüchtigen Zügen erblicken wir das Porträt
eines rastlos tätigen und sich entfallenden Lebens;
den Weg von handwerklicher Enge zur Freiheit
künstlerischen Bildens. Es liegt mir fern, Pohle
dem Publikum als »große Entdeckung«, als »ver-
kanntes Genie« oder unter einer ähnlichen Marke
vorstellen zu wollen. Aber er hat die Eigenschaften
und Vorzüge, die wir dringend brauchen: gediege-
nes Können, künstlerische Gestaltungskraft und
reinen Willen. Darum wollen wir ihn im Auge behal-
ten und ihm viel Heil zu neuen Taten wünschen, wenn
der Krieg zu friedlichem Tun ihn entläßt, e. utitz.
*

"\ Tiemand kann ganz von vorne anfangen. Wer
1 \| alles aus sich allein nehmen wollte, der würde
damit nur ein Narr auf eigene Faust. Nur auf dem
Boden der Gesetzlichkeit und Notwendigkeit, der
durch vorausgegangene Arbeit geschaffen worden
ist, kann sich das wirklich Geniale erheben. Das
gilt von der Wissenschaft; das gilt ebenso von der
Kunst. Es gibt gar keinen großen Meister, in
dessen Entwicklung man nicht die Wurzeln auf-
weisen könnte, die er in den nährenden Mutter-
boden der Vergangenheit geschlagen und durch die
er aus diesem Lebenssaft gewonnen hat. friedr. jodl

architekt e. pohle—hedersleben. nahtisch mit arbeitsbeutel
 
Annotationen