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Internationales Kunst- und Auktions-Haus <Berlin> [Hrsg.]
Sammlung Joe Hloucha, Prag: Ostasien, Ozeanien, Afrika, Japanische Graphik ; [3. und 4. Dezember 1930] — Berlin, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.8737#0010
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verspricht in der Zukunft der Ausgangspunkt für die Entschleierung bisher rätselhafter
Parallelen zu werden, die durch Zentralafrika einerseits bis Byzanz, andererseits bis
Indien und weiter bis zur Südsee reichen. Wir müssen somit in Werken aus diesen west-
afrikanischen Gebieten, auch wenn wir ihnen nicht als Wissenschaftler, sondern nur als
Sammler gegenübertreten, nicht einfach künstlerische Schöpfungen erblicken, an denen
wir ästhetische Freude haben, weil sie sich so seltsam adäquat in unser formstreng
stilisiertes Heim einschmiegen; sondern wir haben sie zugleich auch als menschheits-
geschichtliche Dokumente zu würdigen, deren volle Bedeutung in manchen Fällen erst
die Wissenschaft der nächsten Jahre ins rechte Licht stellen wird.

Eine erhebliche Zahl der Holzarbeiten dieser Sammlung ist aus eisenharten
Hölzern geschaffen. Wenn ich dies hervorhebe, so hat das einen besonderen Grund.
Es hat sich nämlich, seitdem afrikanische- und Südseekunst Objekt des Kunsthandels
geworden ist, unter anderen Seltsamkeiten ein Bewertungsmaßstab herausgebildet, der
wissenschaftlich keineswegs gerechtfertigt ist, der aber auch zu den Bewertungsgrund-
sätzen hinsichtlich des Materials in allen anderen Kunstprovinzen in Widerspruch steht:
man schätzt im Handel Stücke aus harten Hölzern höher als solche aus weichen! Kein
Einsichtiger wird seine Beurteilung der künstlerischen Qualität von der handwerklichen
Schwierigkeit der Materialbehandlung abhängig machen. Gewinnt etwa eine künst-
lerisch schlechte Arbeit dadurch an Wert, daß sie aus Stein oder hartem Holz mühselig
gestümpert wurde und daß man nun sagen kann: welche Arbeit muß es gemacht haben,
diese Figur zu meißeln ? Verliert ein wahrhaftes Kunstwerk aus dem schmiegsamsten,
am leichtesten zu meisternden Material, dem Ton, dadurch, daß man sich die geringe
handwerkliche Mühe des Meisters vorstellt ? Das Material darf niemals davon abhalten,
das Werk als solches zu würdigen. Aber, wie gesagt, die Sammlung enthält gerade Hart-
holzstücke in bemerkenswerter Zahl, wozu z. B. die beiden sitzenden großen Figuren
mit schwarzer Tönung aus dem Kongogebiet gehören, die man nicht etwa deshalb für
europäisch beeinflußt halten darf, weil sie auf Stühlen sitzen! Übrigens sei bei dieser
Gelegenheit auf den zierlichen Häuptlingsstuhl (Nr. 378) besonders hingewiesen. Der
objektive Beurteiler findet natürlich in einer so großen Sammlung, die auf Beisen und
durch Ankäufe in Europa allmählich im Laufe von Jahren wuchs, eine ganze Beihe
weniger bedeutender Stücke, wozu etwa die meisten farbigen Dahomeystatuen zu rechnen
sind. Unter den Masken aus dieser Gegend aber sieht man ein paar recht bemerkens-
werte, gute ältere Arbeiten, die es in ihrer Art kaum besser gibt.

Einen besonderen Hinweis möchte ich mir auf die Beihe von kleinen hölzernen
Statuetten menschlicher Figuren gestatten, aus meist gelblichem Holze, mit schöner
glänzender Spur des Abgreifens. Es sind unter diesen Kleinkunstwerken, deren Ur-
sprungsgebiete bis nach Loango hinuntergehen, wahre Kabinettstücke an Ausdrucks-
kraft zu finden, und manche stellen offenbar keine Typen, sondern Porträts dar. Wie
wundervoll ist in filigranartiger Feinschnitzerei auf einigen die Haut mit den reliefmäßig
hervortretenden Ziernarben wiedergegeben! Ich persönlich stelle viele dieser Klein-
plastiken neben die schönsten Beninbronzen. — Der ethnologisch nicht beschlagene

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