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Internationales Kunst- und Auktions-Haus <Berlin> [Hrsg.]
Sammlung Joe Hloucha, Prag: Ostasien, Ozeanien, Afrika, Japanische Graphik ; [3. und 4. Dezember 1930] — Berlin, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.8737#0007
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Geleitwort

zur ersten deutschen Auktion primitiver Kunst

Der Aufforderung, zu dem vorliegenden Katalog der Sammlung Hloucha eine
Einführung zu schreiben, bin ich als einer derjenigen Ethnologen, die in Deutsch-
land mit zuerst für die Anerkennung primitiver Kunst eben als „Kunst" eingetreten
sind, gern nachgekommen.

Die Versteigerung der Sammlung Joe Hloucha, Prag, bildet ein Ereignis ganz
besonderer Art; sie unterscheidet sich von allen anderen Auktionen, die wir bisher in
Deutschland erlebt haben, durch die Natur der Objekte. Ist sie doch die erste Ver-
steigerung einer ganzen Sammlung von Eingeborenenkunstwerken aus Afrika
und der Südsee! Während in Belgien, in England und in Frankreich derartige Auktionen
schon mehrfach stattgefunden haben, ist Deutschland bisher nicht in diese Lage ge-
kommen. Das ist eigentlich erstaunlich; denn die wissenschaftliche und auch die populäre
Literatur über sogenannte „Eingeborenenkunst" erstand zuerst in Deutschland, und
ferner haben wir hier nicht nur in den Museen für Völkerkunde von Berlin, Hamburg,
Stuttgart, Leipzig, München reiche Schätze primitiver Kunst, sondern es befinden sich
auch bemerkenswerte Stücke in deutschem Privatbesitz.

Die Schätzung primitiver Kunst hat in Europa, aber auch in Amerika, in den
letzten Jahren außerordentlich zugenommen. Was man früher in weiteren Kreisen der
Gebildeten nur als Kuriosität, als exotische Reminiszenz ansah, was nur die ethnologischen
Fachgelehrten für sich als Ausdruck urtümlichen Kunstgefühls, als Beweis primitiven
handwerklichen Könnens studierten, meist aber nur in seiner oft religiösen Bedeutung
werteten, hat längst den Weg in die Interessensphäre der europäisch-amerikanischen
Sammler gefunden. Eindringlicher als ethnologische Werke hat vor Jahren Sigmund
Freuds „Totem und Tabu" einem großen Kreise den Blick in die (wenigstens ver-
meintliche) Psyche des primitiven Menschen geöffnet; lebendiger und packender als
hunderte völkerkundlicher Bücher hat die Anschauung der primitiven Bildwerke
selbst, hat die Übersättigung des europäischen Kunstgeschmacks bald nach der Jahr-
hundertwende, die Sehnsucht nach Ursprünglichkeit, Urwüchsigkeit, Primitivität
zuerst bildende europäische Künstler, dann die Kunstfreunde und Sammler auf die
Kostbarkeiten hingewiesen, die uns in den Eingeborenenwerken aus Afrika, der
Südsee und Amerika als Denkmäler primitiven Kunstschaffens erhalten geblieben

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