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Internationales Kunst- und Auktions-Haus <Berlin> [Hrsg.]
Sammlung Joe Hloucha, Prag: Ostasien, Ozeanien, Afrika, Japanische Graphik ; [3. und 4. Dezember 1930] — Berlin, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.8737#0013
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JOE HLOUCHA

Im November 1929 wurde in Prag im Beisein hervorragender Persönlichkeiten eine Ausstellung außer-
europäischer Kunst und Kunstgewerbe eröffnet. Im Riesenbau des neuen Messepalastes der Prager Mustermesse
und zurzeit wohl des größten Messegebäudes der Welt, waren fiir die Dauer von drei Monaten in mehreren großen
Sälen Kunstgegenstände ausgestellt, welche aus verschiedenen Gebieten des fernen Ostens und sonstigen exotischen
Ländern stammten und sich des regsten Interesses aller Kunst- und Fachkreise erfreuten. Die Ausstellung um-
faßte die Kunst und Kunstgewerbe des alten China, Japan, Siam, Birma, Tonkin, Indien, Indochina und Tibet
mit ausgezeichneten und seltenen Objekten, und enthielt eine umfangreiche Abteilung der primitiven Kunst der
afrikanischen und ozeanischen Naturvölker, die eine besondere Sensation nicht nur für Prag, sondern auch für
Kunst- und Sammlerkreise des kunstverständigen Auslandes bildete. Die Veranstaltung wurde von der gesamten
Fach- und Tagespresse mit Begeisterung und Anerkennung aufgenommen und durch ausführliche Referate weit-
gehendst gefördert. Die hohe Besuchsziffer bewies zugleich den großen erzieherischen und kommerziellen Wert
dieser Exposition, welche infolge des äußerst lebhaften Interesses der Allgemeinheit nach kurzer Zeit einen vollen
Erfolg verzeichnen konnte. Der Veranstalter und Besitzer der ausgestellten Kunstgegenstände war der tschecho-
slowakische Schriftsteller und Forschungsreisende Joe Hloucha, ein begeisterter Freund und Kenner ostasiatischer
Kultur und feinsinniger Sammler der alten orientalischen und exotischen Kunst.

Die im vorliegenden Katalog beschriebene Sammlung Joe Hloucha, deren fast unverminderte Bestände
die Prager Ausstellung bildeten, war die größte Privatsammlung außereuropäischer Kunst in der Tschechoslowakei.
Die Sammlung enthält ein außerordentlich gutes und reichhaltiges Material, und einzelne Gruppen weisen sogar
Stücke auf, welche den Stolz auch der großen Museen bilden könnten. Sie war das wissenschaftliche und samm-
lerische Ergebnis großer Auslandsreisen und gehörte jahrelang zu den Sehenswürdigkeiten unter den privaten
Kunstsammlungen der Tschechoslowakischen Republik.

Die Grundlagen dieser bedeutenden Sammlung sind vom Sammler bereits vor 30 Jahren gelegt worden,
er unternahm große und kostspielige Studienreisen nach den entferntesten Gebieten des Erdballs, wobei er das male-
rische und kunstfreudige japanische Inselreich stets als Hauptziel seiner Wcltwanderungen bevorzugte. Und in
Japan, wo er in Kioto und Osaka, der Heimat der großen Meister des farbigen Holzschnittes, längere Zeit seines
Auslandsaufenthaltes zubrachte, ist auch der größte Teil seiner Kunstsammlungen entstanden. Als Kenner und
verständiger Sammler war Joe Hloucha stets bemüht, seine Sammlungen systematisch auszubauen, sein Sammel-
eifer entwickelte sich jedoch auch in einiger Anlehnung an seine große Liebe für Japan und China und unter dem
Gesichtspunkt seiner umfangreichen literarischen Tätigkeit. Außer zahlreichen Objekten von allgemeinem Interesse
und bedeutendem internationalem Werte, finden sich unter seinen vielen Bronzen, Keramiken, Holzplastiken,
kunstgewerblichen Erzeugnissen und Bildern auch Gegenstände von besonders betontem persönlichem Geschmack
vor. Auch Erwerbungen aus aufgelösten großen europäischen Sammlungen, wie die Sammlung des berühmten
französischen Schriftstellers Pierre Loti, mit dem der Sammler in literarischen Beziehungen stand, Sammlung
Siebold, Godefroy u. a. befinden sich unter den Beständen und stützen das gegenwärtige Interesse für zahlreiche
Einzelobjekte der Sammlung Hloucha.

Neben der großen, der Kunst der Naturvölker gewidmeten Sondergruppe, welche im vorliegenden Katalog
durch den bekannten Forscher auf diesem Spezialgebiete, Dr. Leonhard Adam, ihre Würdigung gefunden hat,
ist namentlich China und Japan durch wertvolle Objekte vertreten. In der chinesischen Abteilung treten ins-
besonderefolgende Plastiken hervor: die Holzfigur der 4 armigen Gnadengöttin „Avalokitesvara" nordchinesischer
Provenienz, die große aus Sammlung Pierre Loti stammende siidchinesische Supraporte aus Holz mit zahlreichen,
sorgfältig geschnitzten Figuren, drei überlebensgroße Hartlackfiguren des sitzenden Buddha aus der großen Pagode
zu Kanton, nebst zwei großen Holzfiguren der „Wu-ti", die Elfenbeinfigur einer Göttin in wundervoller poly-
chromer Ausführung, einige Tonfiguren aus der Zeit der Tang-Dynastie, sowie der charakteristische Kopf des
Buddha aus Bronze der Sung-Epoche. Beachtenswert sind ferner zwei mit Türkisen besetzte Bronzebäumchen
und eine signierte Garnitur Altargeräte aus herrlichem Kantonemail der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die
 
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