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Seite 214.

Internationale Sammler-Zeitung,

Hummer 14.

im Königreiche Sachsen beigefügt. JTlan entnimmt den
niitteilungen, die unter mithilfe der „Vertrauensmänner“
zusammengestellt wurden, interessante Daten über die
fokalmuseen im Königreiche. So besitzt z. B. das Stadt-
museum in Hainichen noch die Wiege des Fabel-
dichters Gellert, sowie ein Stück uon dem ersten
Papier des in Hainichen geborenen Erfinders des Holz-
schliffes, Gottlob Keller. Das Ortsmuseum des Ge-

werbeoereins in Großröhrsdorf meist u. a. die kom-
plette Einrichtung einer Bauernstube aus der Zeit um
1800 und unter seinen Altertümern als sehenswertes
Stück das Türschloß der alten, im Jahre 1745 abge-
tragenen Ortskirche, ein llleisterstück mittelalterlicher Kunst-
schlosserei, auf.
Ruf einzelne größere Hluseen werden wir noch zu-
rückkommen.


Fälsdierkünste.

In das Dunkel der Fälscherwerksfätte leuchtet ein Werkchen
hinein, das dieser Tage im Herder’schen Verlag zu Freiburg
im Breisgau erschienen ist. 6s betitelt sich „Gefälschte Kunstwerke“
und hat Stephan Beissel zum Verfasser.
Beissel hat mit seinem Buche sehr tierdienstliche Arbeit
geleistet, mit einem wahren Bieneneifer hat er alles zusammen-
getragen, was auf dem ergiebigen Seide des Kunsfschwindels auf-
sproß. In seiner Reichhaltigkeit stellt das Werkchen eine Ency-
klopädie der Fälschungen uon den ältesten Zeiten bis auf die
Gegenwart dar. Der
Sammler erfährt daraus,
wie es gemacht wird, er
. lernt die uielfachen Tricks
kennen, die angewendef
werden, um den Käufer
zu düpieren und um
sein schönes Geld za
bringen.
Bei einer gefälsch-
ten Sache, so führt
Beissel in seinem Buche
aus, ist zu unterscheiden
zwischen dem, der sie
anfertigte, und dem, der
sie zu einem „Altertum“
machte. Die Teufe, die
gefälschte Dinge her-
stellen, sind oft wahre
Künstler und zudem un-
schuldig an den Betrüger-
eien, durch die ihre
Sachen alt gemacht und
an den Wann gebracht
werden. Flicht nur Andrea
del Sarfo stellte sich in
die Reihen der Fälscher,
sondern auch Hlichel-
angelo. Gr meißelte
nach Vasaris Bericht zu
Florenz einen Tiebesgott
ausJTkrmor, der in Rom
als alte griechische Arbeit
an denKardinal Giorgio
u erkauft wurde. Als der
Käufer die Wahrheit er-
fuhr, gab er das Stück
zurück. Später bildete
der große Künstler aus
Hlarmor eineCeres, brach
ihr den Arm ab, uergrub
sie und sorgte, daß sie
efunden wurde. Archäo-

logen erklärten sie als das Werk des Praxiteles. Er wartete
längere Zeit und brachte ihnen dann den oon ihm oerfertigfen Arm,
der genau in die Bruchstelle hineinpaßte. Schon als Anfänger
kopierte er Blätter uon alten meistern so treu, daß sie den Ori-
ginalen gleich kamen, färbte, räucherte und beschmußte s'e auf
verschiedene Weise, bis sie ein altes Aussehen haften und man
keinen Unterschied zwischen den seinigen und jenen gewahr wurde.
Das weiteren erzählt Beissel: Der Florentiner Händler
Giouanni Freppa hatte 1848 in Bastiani aus Fiesoie einen
lllann, der ihm herr-
liche Sachen im Stile
der Frührenaissance
machte, z. B ein Bas-
relief „Die heilige Familie
oon Verrochio“, das in
einem der größten
Hluseen Europas auf-
gestellt war. 1864 nahm
Bastiani den Arbeiter
Bonajutti aus einer be-
nachbarten Tabakfabrik
zu einem JTlodell zu
einer Büste des Dichters
Beninern (f 1542). Der
Händler zahlte dem
Künstler 550 Franks und
verkaufte die Büste für
700 an Herrn de llolioos,
oon dem sie bei Ver-
steigerung seiner Sachen
um 15.600 Franks an den
Generaldirektor der
Hluseen, Graf Flieuwer-
kerke und dann in das
Touore kam. Als die
Echtheit angefochten
wurde und jemand be-
hauptete, das Kunstwerk
sei uon einem lebenden
Künstler, bot llieuwer-
kerke 15.000 Franks,
wenn man ihm das
Seitenstück liefere. Bas-
tiani meldete sich und
sandte das Zeugnis der
Arbeiter ein, ihr Kamerad
Bonajutti habe als
illodellgedient. Die Büste
mußte aus dem Saale der
Renaissance in einen
Schrank wandern. Der
Bildhauer Paul Dubois


Fig. 5. Tausa. Bild oor der Jnstandseßung.
'Zu Artikel: „Die Kunstpflege in Sachsen“ auf Seite 212.)
 
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