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Internationale
Ui ’
Zenfralblaff für Sammler, Liebhaber und Kunstfreunde.
Herausgeber: Harbert ehrlich und J. Hans Prosl.

1. Jahrgang.

Wien, 1. llonember 1909.

Hummer 19.

Die neuenföetkfen (Aosaiken von Flquileia.

Von Professor Dr, Heinrich Swoboda,

Rektor lllagnifikus der Unioersität Wien, k. u k. Hofkaplan etc*)

■an Aquileia drangen in den leßten Wochen fast
allarmierende nachrichten, übertrieben und nach
der materiellen Größe des fundes rechnend, zu
uns, Berichte über neuentdeckte römische fflo-
_ saiken, die größer seien als die größten der
Kaiserthermen Roms. Es sei mir darum, wenn
auch nur kurz, gegönnt, aus vertrauterem Llm-
gang mit jener vergessenen Stätte, die zu den
interessantesten in Österreich gehört, ein klärendes,
wenngleich noch nicht völlig abschließendes Wort
zu sprechen.
Wer heute den Dom non flquileia betritt,
findet ihn non Grund auf verändert. Der ganze
Boden ist durchwühlt. Was mir seinerzeit oer-
geblich wünschten, als die Studien für dasAquileia-
1 Werk Sr. Exzellenz des Grafen Eanckoronski
abgeschlossen wurden, was aber damals nicht in unserer
Ulacht gelegen war, das hat heute, ohne den Widerspruch
der dortigen Bevölkerung zu reizen, eine notwendige Ent-
feuchtungsarbeit in der Basilika förmlich über flacht er-
möglicht. Oberingenieur IRachnitsch hatte diese Arbeiten
durchzuführen und wurde so zum glücklichen Entdecker
der Schöße, non denen wir wohl ein Bruchstück kannten,
deren Ausdehnung und Inhalt wir aber nicht feststellen
konnten.
Der jeßige Dom stammt im wesentlichen aus dem
11. Jahrhundert, gotische und Renaissancearbeiten haben
ihn nur dekorativ oerändert. Die Krypta weist aber karo-
lingische formen, das Querschiff byzantinische Arbeit auf,
und unter und neben dem ganzen Dombau konnten wir
schon seinerzeit antikrömische und altchristliche Basiliken-
reste finden, die daselbst eine großartige Doppelkirchen-
anlage vor der Zerstörung durch Attila anzunehmen zwangen.
Auch sonst war der Basilikenreichtum des altchristlichen
Aquileia kein geringer.
Gegenwärtig zeigt nun unser Dom sozusagen zwei
fußböden, den einen bisherigen, im flioeau des 11. Jahr-
hunderts gelegenen, und einen ungefähr in metertiefe
darunter gefundenen. Die nüchternen Kelheimerplatten des
oberen sind jeßt durch Bretter, welche brückenartig liegen,
miteinander verbunden, um die ausgedehnten Grabungen
zu ermöglichen, aus denen wahre Schuttberge gehoben

* Wir entnehmen diese hochinteressanten Ausführungen mit
freundlicher Brlaubnis Seiner fflagnifizenz, des hochwürdigen Herrn
Rektors dessen am 20. Oktober gehaltenen Inaugurationsrede.

und außerhalb der Kirche oorläufig abgelagert wurden.
So schmucklos der obere Boden ist, ebenso prachtvoll und
durch seine Eigenart überraschend wirkt der neuerstandene.
Er gehört einer Basilika an, die bis zur mitte des Domes
reicht und dabei auf dem fehle des heutigen mittel- und
Seitenschiffes selbst eine weit ältere dreischiffige Anlage
darstellt. Unsere seinerzeitigen Annahmen sind damit im
wesentlichen, aber doch nur zum Teil bestätigt. Soweit
sie nicht stimmen, scheint eine Differenz zwischen diesen
Ausgrabungen und unseren seinerzeitigen funden um das
Baptisterium zu bestehen. Das damals gefundene Atrium
fordert nämlich, vielleicht für eine spätere Bauperiode
aber vor 452, eine breitere, der jeßigen Domanlage ent-
sprechende Anordnung. Die Schwierigkeiten werden sich
läsen, sobald auch die Verbindung zur Krypta hin fest-
gestellt ist.* 1)
Bleiben wir bei den IHosaiken. Der erste Blick
lehrt, daß wir antike Arbeit vor uns haben, sowohl in
der Zeichnung, Raumbehandlung, flaturauffassung und
farbengebung des JTlosaiks, wie in der Zusammenseßung
des ITlörtelbettes, in dem seine Steinchen stecken.
Jn den allerleßten Tagen trat sogar die langersehnte
Bauinschrift ans Eicht, welche einen Theodor als Vollender
des Baues nennt: Theodore felix adjuvante Deo omnipo-
tente et poemnio coelitus tibi tradito omnia beate fecisti
et gloriose dedicasti.-) Bischof Theodor wird für 308 oder
1 Die ITlosaiken um das Baptisterium (fanckorohski,
Dam uon flquileia, 5. 18 ff., Taf. Vit) gehören, wenn auch inner-
halb der Zeitperiode uor flttila, einer späteren Bauperiode an als
der hier in Srage stehende, vielleicht um ein Jahrhundert ältere
Basilikenbau. Sehr interessant wird auch eine Vergleichung der
neuen ITlosaikfunde mit den seinerzeitigen Sunden der flordbasilika
um den Kampanile herum sein.
2 Hach einer brieflich übermittelten Abschrift des Herrn Ober-
ingenieurs machnitsch und einer Photographie lautet die in einem
Kreisbogen stehende Weiheinschrift:
P
>l<
THEODORE • FELI[X]
[A]DIVVANTE • DEO
OMNIPOTENTE ■ ET
POEMNIO CAELITVS ■ TIBI
[TRAJDITVM • OMNIA
[BJÄEATE ■ FECISTI ■ ET
GLORIOSE • DEDICAS
TI
Theodorus, Heil Dir! lllit Hilfe des allmächtigen Gottes und der
uom Himmel Dir anuerfrauten Herde hast Du alles glücklich
durchgeführt und glorreich geweiht.
 
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