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Jäger, Hermann
Gartenkunst und Gärten sonst und jetzt: Handbuch für Gärtner, Architekten und Liebhaber — Berlin, 1888

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https://doi.org/10.11588/diglit.20105#0263
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Die Gärten im französischen Stil.

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krönte und von unten gesehen fast außer Zusammenhang mit den unteren großen Anlagen
erschien. Diesen Eindrnck macht Sanssouci, wenn man nahe stehst noch heute. Zugleich
wurden die „Weinberge", abermals aus Nützlichkeitsrücksichten, angelegt und mit den
Ziergärten verbunden. Zur Anlage der unvermeidlichen Muschelgrotten an den Seitcn der
Terrassen ließ der König den holländischen „Wasserkünstler" Heidert kommen. Auch das
untere Parterre war echt holländisch mit Glaskorallen und Muscheln verziert. Wie wenig
die dabei angebrachten Obstbäume dazu paßten, fühlte der große König nicht. Sein
Mangel an gutem Geschmack zeigte sich auch an den Statuen, mit welchen der Garten
überreich geziert oder vielmehr verunziert war, denn er ließ viele derselben von Blei
anfertigen und vergolden. Kopisch, der Geschichtsschreiber der königlichen Schlösser und
Gärten*), sagt über Friedrich: „Sein Humor trug ihn über Fehlerhaftes in der bildenden
Kunst oft leichter hinweg, als eben die Kunst erlaubt. Es fehlte ihm der feingebildete
Geschmack, sonst würde er nicht so viel Mittelgutes aufgestellt haben. Friedrich empfand
sogar im späteren Alter Freude am Fratzenhaften." An die Schöpsung seiner Lnstschlösser
und Gärten ging der große König mit der ganzen Energie seines Wesens, und es wurde
sogar während der Noth der Schlesischen Kriege daran fortgearbeitet, und er erließ aus dem
Feldlager des zweiten Schlesischen Krieges Befehle an seinen Baumeister von Knobelsdorff,
die Ausführung Zu beschleunigen. Den Schluß seiner Anlagen nach endlichem Frieden
bildete das sogenannte Neue Palais am Westende des alten Sanssouci, senes noch bestehende
und jetzt von dem Kronprinzen von Preußen und des Deutschen Reichs bewohnte große
Prachtschloß in einem so edlen Rokolostil, daß es an die besten Bauten der Renaissance
erinnert. Dieses Schloß macht eine rühmliche Ausnahme von andern Bauwerken und
Anlagen, und man erkennt daran, daß der Banmeister sreien Willen hatte, während früher
der König durch eigenmächtige Befehle und Anordnungen vieles verdarb. Die einfachen
Gartenanlagen mit ihren breiten Alleen, Kanälen und den vor und dahinler liegenden
Parterres, zeichneten sich vorteilhaft vor den ersten Anlagen in Sanssouci aus. Uebrigens
betrifft der ausgesprochenen Tadel nur die Schloßterrasse, denn der große ebene Teil von
Sanssouci mit seinem frischen Laubwald zeigt nichts Geschmackloses, ist großartig angelegt
und besriedigt noch jetzt. Allerdings ist ein Uebergäng zu einem Landschastsgarten
unverkennbar; aber Lenns, welcher dies bewirkte, hat es verstanden, das Alte anmutiger
zu gestalten, ohne die Grundformen anzutasten. Jn neuerer Zeit ist sogar der Eingang
zu Sanssouci (Fig. 114) von der Stadt aus, welcher ganz verändert war, in der ursprüng-
lichen Form wiederhergestellt worden. Der König beschästigte eine große Anzahl
von Hofgärtnern, Obergärtnern und „Planteurs", welche unter dem Bau-Jntendanten
(Lurinttzwäuwl) von Knobelsdorff standen, aber noch mehr direkte Befehle, Verweise u. s. w.
vom König empfingen. Der König liebte es sogar, über Kleinigleiten, Anpflanzungen u. s. w.
selbst genaue Vorschriften zu geben. Außerdem waren besondere „Brunnenmacher" sür die
Wasserkünste angestellt, die ihm viel Aerger bereiteten. Als die neue Wasserleitung von
dem noch jetzt bestehenden Reservoir auf dem Ruinenberge kläglich verunglückte, ließ der
König ein lebensgroßes Bild malen, welches zwei Esel darstellte, darunter die Unterschrift

Ein sehr reichhaltiges Buch, welches Allen Zu empfehlen ist, die sich für Potsdams Gärten
speziell interessieren. Reiches Material enthält serner die Schrift: „Die Königliche Landesbaumschule
und Gärtner-Lehranstalt" von F. Jnhlke, Königl. Hofgartendirektor (Berlin 1872, Verlag von Panl
Parey), in welchem die Befehle des Königs Friedrich II. an seine Gärtner wörtlich abgedruckt sind.
 
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