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Jahrbuch der Baukunst und Bauwissenschaft in Deutschland — 2.1845

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Menzel, Carl August: Grundzüge zur Vorschule einer allgemeinen Bauformenlehre in Bezug auf den Standpunkt der Baukunst in jetziger Zeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.19237#0068
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II. Grundzüge zur Norschule

ruuaße derselben (Symmetrie) und bei den gleichlaufenden Linien (Paratle-
lismus) näher kennen lernen.

Der ägyptische und griechische Baustyl bieten nur viereckige Oeffnun-
gen dar, sie waren nach den ältesten Mustern oben enger als unten, um
dein Decksteine möglichste Unterstützung zu geben, und selbst bei den Mu-
stern der höchsten Entwickelung dieses Styls, wie am Erechteion zu Athen,
neigen sich noch Thüren und Fenster um ein Geringes oben zusammen.
Eben so sind dabei die fteinernen Seitenpfosten oben schmäler als unten,
um der tragenden Stütze unterhalb mehr Krast und zugleich mehr Stand-
sähigkeit zu geben.

Die griechischen Tempelüberreste zeigen höchst selten die Anwendung
von Lichtöffnungen (Fenstcr). Es fiel also das Licht entweder nur durch die
Thüre oder in der ersten Zeit gewiß durch die Metopen des Gebälkes, wie
mehrere Stellen alter Schriftsteller vermuthen lassen, und es muthmaßlich
bei den alten Holztempeln der Fall war. Auch bei steinernen Gebälken
blieb es dem einfachen Tempelbau, welcher uoch keine ihn umgebende Säu-
lenhallen hatte, uubenommen, das nöthige Licht durch die Metopen einfal-
len zu lassen, welche dann also nicht durch Vorsetzsteine geschlossen sein
konnten.

Bei dem späteren prachtvollen griechischen Hypäthron ward im Jn-
nern die Beleuchtung vollständig dadurch erzielt, daß überhaupt auf dem
mittleren Theile des Tempels kein Dach vorhanden war.

Jm römischen Baustyl sehen wir neben dem Rechteck häustg den
halbkreisförmigen OeffnungSschluß angewendet, da hier die wagerechte
Decke mit dem Gewölbe vereint auftreten. Auch die oben offene Kuppel
erscheint als Lichtöffnung und die Mannichsaltigkeit der Formengebung
nimmt dadurch bedeutend zu, wenn auch die strenge Einfachheit des grie-
chisch-dorischen Styls längst verloren gegangen ist.

Durch die Anlage der vorn offenen, an den Seiten geschlossenen
Tempelvorhalle wurden zur Tragung der Decke Unterstützuugen nörhig,
und hier bestnden wir uns bei dem Punkte, wo die Säuleu und Pseiler
ihre Entstehuug gewinnen.

Man könnte geneigt sein, die Forur dcr griechischen Säule allein
aus dem runven nach oben sich verjüngenden Holzstamme herzuleiten,
allein der ägyptische und indische Baustyl, welcher seine Entstehung aus
denr Holzbau auf keine Weise nachweisen läßt, haben ebenfalls runde,
nach oben verjüngte Säulen; es müssen also bei ihrer Formung allge-
meinere Gesetzc, als das ciner bloßen Nachbildung, mitgewirkt haben.

Daß man (vie runde Grundrißform anstatt einer andern wählte,
liegt lwohl in mehreren Ursachen. Sie gewährte den größten offnen Raum
 
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