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Aus dem Tagebuche

den meisten Gegenden Deutschlands — sich vorfanden, beginnt nun jene
eigenthümliche Anordnung der Wohnhäuser, welche, aus uralten Zeiten
stammend und dem Wechsel der Zeiten wenig unterworfen, sast auf der
ganzen Alpenkette von da an, wo noch französisch gesprochen wird, durch
die Schweiz und Tyrol hindurch bis tief in die Länder des slawischen
Volksstammes hinein, fast allgemein verbreitet ist, und nicht allein dem
Bauer und Hirten zum Obdach dient, sondern auch in den meisten Städten
vorwiegend üblich ist» Ein ziemlich staches Dach, mit langen und dicht
übereinandergelegten Schindeln eingedeckt und auf weit vorragenden Fetten
ruhend, bildet die bedeutendste Eigenthümlichkeit. Der große Holzüberfluß
dieser hochgelegenen Berggegenden war wohl die nächste Veranlafsung dieser
Formation, und aus diesem Material pflegen auch, Block auf Block hori-
zontal übereinandergelegt und an den Ecken über Kreuz verschnitten, in den
meisten Gegenden dieser Bauweise die Wände aufgeführt zu werden. Ein
zierliches Schnitzwerk der vortretenden Balken und Fetten, umlaufende
Gallerien unter dem vortretenden Dache, gleichfalls mit geschnitztem Ge-
länder versehen, verleihen meist dem Aeußeren einen reichen und doch soli-
den Schmuck. Doch sind diese Beiwerke der Mode und Landessi'tte mehr
unterworfen; so fand ich in Oberbaiern und Tyrol die Wände häusig
ganz massiv, oder doch rmr mit Brettern überkleidet, und den flachen
Giebeln pflegt wohl auch ein Schlagbrett vorgenagelt zu sein, welches
wiederum zierlich ausgeschnitzt ist.

Auch Farbenschmuck darf nicht fehlen. Das Holzwerk selbst behält
meist seinen natürlichen braunen Ton, der durch Ueberzug von Theer oder
Firniß oft noch erhöht wird, und einzelne Ornamente in Schwarz, Weiß
oder Roth, an den passenden Stellen angewendet, geben dem Ganzen et-
was eigenthümlich Pikantes. Andere Farben sindet man selten; doch fand
ich in Kunigsdorf, etwas oberhalb Wolfrathshaufen, das Handwerk des
Besitzers höchst originell als Motiv der Verzierung angewendet. An dem
schon genannten Giebelbrette nämlich waren länglich viereckige Felder in
röthlicher Umschließung angebracht, so viele als Raum genug war bis zur
Firste hinauf, und alle enthielten in gleicher Weise Schuhe, Stiefel, Schee-
ren, oder auch im blauen Felde hellgesärbte Fische.

Benediktbeuren, das erste Nachtquartier, ward erst im Dunkel erreicht.
Schon zwischen den Bergen gelegen, wurden wir doch wenig davon ge-
wahr, nur im Mondschein schienen die hohen Riesen sich immer mächtiger
zu gestalten. Noch weniger aber erlaubte der Nebel des folgenden Mor-
gens, die näheren Umgebungen, namentlich auch den Kochelfee, zu sehen,
an defsen Ufer unser Weg hart vorbeiführte. Nur die brausenden Wafser-
falle der benachbarten Gießbächp konnten wir befuchen, als der Nebel all-
 
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