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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Hrsg.]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 5.1911

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Kurth, Betty: Ein Freskenzyklus im Adlerturm zu Trient
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https://doi.org/10.11588/diglit.18127#0067
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Betty Kurth Ein Freskenzyklus im Adlerturm zu Trient

Der Kodex gelangte dann, wahrscheinlich als Geschenk, in den Besitz Kaiser Wenzels90).
Das beweist die Titelminiatur und Blatt 21 recto. Auf ersterer ist ein Kaiser im Krönungs-
ornat91) mit Zepter und Reichsapfel ganz nach mittelalterlicher Tradition dargestellt, dem
von drei geistlichen und drei weltlichen Fürsten gehuldigt wird. Die letzteren sind durch
mehrere angebrachte Wappen als sechs Kurfürsten gekennzeichnet92). Wir haben hier ohne
Zweifel das Bild eines deutschen Kaisers zu sehen. An einen solchen läßt uns auch der
auf Blatt 21 recto gemalte schwarze, einköpfige, gekrönte Adler auf Goldgrund denken. Es
ist das deutsche Reichswappen. Und der Umstand, daß nur sechs Kurfürsten außer dem
Kaiser dargestellt sind, deutet auf Wenzel, der ja selbst Kurfürst von Böhmen war. Rup-
recht von der Pfalz ist nicht in Betracht zu ziehen, da der Pfalzgraf vom Rhein ohnehin

Fig. 24 Rom, Biblioteca Casanatense. Kodex Nr. 459

dargestellt ist. Und gegen Kaiser Sigismund spricht der Stil der Miniaturen, die einer so
späten Zeit nicht angehören können. Dagegen scheint uns dieser Stil gerade auf Wenzel
zu weisen. Die beiden geschilderten Miniaturen weichen im Stil vollständig von allen anderen
Bildern der Handschrift ab und scheinen einem andern Kunstkreis anzugehören. Es dünkt
uns nicht unmöglich, daß sie am Hofe Kaiser Wenzels selbst gemalt wurden. Beziehungen
zu den Miniaturen der für ihn geschmückten Kodizes sind vorhanden. Ein Vergleich mit der
in der Wiener Hofbibliothek befindlichen „Goldenen Bulle" Kaiser Karls IV. (Kod. Nr. 338)

00) Die Beziehungen zwischen Gian Galeazzo und
Wenzel waren die denkbar besten. Auf dem Titelblatt des
Krönungsmissale ist der Abgesandte und Stellvertreter
Wenzels dargestellt, der Gian Galeazzo krönte. Und mehr-
fach erscheint hier der deutsche Reichsadler neben dem
Wappen der Visconti.

01) Der Kaiser trägt auch ein über der Brust gekreuztes
goldenes Band mit kleinen schwarzen Adlern.

92) Der vorderste der geistlichen Würdenträger trägt
ein weißes Rad auf rotem Feld, ist also der Erzbischof von

Mainz. Der vorderste der weltlichen Fürsten ein viergeteiltes
Wappen, zwei goldene Löwen auf Schwarz und zwei blau-
weiße rhombisch quadrierte Felder, das Wappen der Pfalz-
grafen vom Rhein. Der hinler ihm befindliche zeigt einen
roten Adler auf weißem Feld, ist daher der Markgraf von
Brandenburg. Umgeben ist das Mittelbild an drei Seiten
von den Gestalten der sieben Kardinaltugenden. Oben be-
finden sich zwei geflügelte Helme. Den untern Teil nimmt
Text und Randleiste ein.
 
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