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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Editor]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 5.1911

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Kurth, Betty: Ein Freskenzyklus im Adlerturm zu Trient
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https://doi.org/10.11588/diglit.18127#0075
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54

Betty Kurth Ein Freskenzyklus im Adlerturm zu Trient

Im allgemeinen war Pisanos Interesse an großen Kompositionen und Raumdarstellungen
gering. Ihn interessierte vor allem die Detailschilderung des Einzelobjektes. Dementsprechend
zeigt auch die Durchbildung der einzelnen Figur bei diesem Künstler eine mächtige Fort-
entwicklung. Er hat uns nicht nur in seinen religiösen Darstellungen einzelne kräftig indi-
vidualisierte von allem Konventionellen befreite Porträtköpfe geboten, wir danken ihm auch
die ersten um ihrer selbst willen gemalten italienischen Porträttafeln überhaupt108).

Über die Art seines Schaffens und den erreichten Grad der Naturtreue geben uns Pisanos
Zeichnungen und Skizzen den besten Aufschluß. Wenn wir einzelne derselben betrachten,
wie z. B. die vollständig durchmodellierte Zeichnung des reichgezäumten Maultieres, Kodex

tv 3m, - s. ; •-, i

F'g- 32 Paris. Louvre. Antonio Pisano da Verona. Zeichnung

Vallardi 2380 fol. 174 oder die Skizzen der ruhenden Rinder, Kod. Vallardi 2411 fol. 204
(Fig. 32), so erkennen wir, daß hier kein gedächtnismäßiges Konstruieren mehr vorhanden
ist, keine Addition aus Erinnerungen von Natureindrücken. Ein solcher Grad von Lebens-
wahrheit konnte nur durch ein konsequentes Naturstudium erreicht werden. Die Tiere
sind in einer für sie charakteristischen Stellung und Bewegung erfaßt und das Ringen des
Künstlers um den besten Ausdruck zeigen uns Blätter, wie das der ruhenden Rinder, wo
ein und dasselbe Tier in mannigfachen mehr oder weniger gelungenen Stellungen und Be-
wegungen, gleichsam wie in einer Reihe von Momentaufnahmen, skizziert wurde. Auch die
Struktur der Oberfläche des Felles oder Gefieders ist mit dem Stift der Natur abzulauschen

los) Die Porträts vor Pisano waren alle al fresco ge-
malt und wenig individualisiert. "Wir konnten jedoch in der
veronesischen Kunst eine spezifische Neigung für Porträt-
darstellungen schon seit dem Anfang des XIV. Jhs. be-
obachten. Ein wichtiges Glied dieser Entwicklung ist uns

mit den Carraresen- und Skaligerporträts Altichieros und
Avanzos verloren gegangen, von denen uns einige spätere
Kopien nur eine blasse Vorstellung zu geben vermögen.
Vergleiche darüber Sciii.osskr: op. cit. Jahrbuch d. Samml.
d. Allerh. Kaiserhauses, B. XVI-
 
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