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Kunsthistorisches Institut <Wien, Universität> [Editor]
Jahrbuch des Kunsthistorischen Institutes — 6.1912

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Jonas, J. E.: Bericht über die Ausgrabungsarbeiten auf der Kaiserburg zu Eger im Jahre 1911
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https://doi.org/10.11588/diglit.19094#0244
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J. E. Jonas Bericht über die Ausgrabungsarbeiten auf der Kaiserburg zu Eger im Jahre 1911

92

an welcher noch unterschiedliche Wappen zu er-
sehen ; die Königlichen Wohnzimmer (N, O, P, Q, R)
seyndt durchaus vnsicher zu betreten, und ganze
Stück Wand herausgefallen. Vnterhalb den untern
Stock ist eine gemauerteM) Stallung (U, und U2),
samt einem Gefängnuss59 60), das feegfeuer ge-
nannt.“

Diese eben gegebene Beschreibung der Ört-
lichkeit scheint allerdings keinen Zweifel darüber
aufkommen zu lassen, daß man im Jahre 1727, also
93 Jahre nach der schrecklichen Begebenheit, der
Ansicht war, daß die Ermordung der Wallenstein-
schen Getreuen in dem von Carmine bezeich-
neten Zimmer stattgefunden hat.

Ich glaube die Richtigkeit der CarminEschen
Auffassung noch befestigen zu können, wenn ich auf
ein Ölgemälde aufmerksam mache, welches die
Ermordung der Wallensteinschen Offiziere auf der
Burg darstellt und sich im städtischen Museum
zu Eger befindet61). Das Bild trägt die Inschrift:
„Wahre Abbildung der Jenigen Execution, So zu Eger
den 25. Februar Anno 1634 fürübergangen“, und ist eine
Arbeit des Egerer Malers Kart. Hofreuter, welche
derselbe im Aufträge des Rates im Jahre 1736 (also
102 Jahre nach der Exekution, 9 Jahre nach jener
Beschreibung des Burgverwalters) angefertigt hat02).
Auf diesem Bilde, von welchem ich hier eine Abbil-
dung wiedergebe (Fig. 47), erkennt man ganz deut-
lich den Erker des Raumes A1( und zwar genau an
derselben» Stelle, an welcher ihn der Plan vom Jahre
1694 aufweist, und woselbst ihn die Ausgrabung
festgestellt hat.

Das gleiche Museum besitzt noch zwei weitere
Ölgemälde63), welche dieselbe Szene wiedergeben
und Kopien des ersteren sind.

Des weiteren existiert eine beträchtliche Anzahl
von Darstellungen der Exekution, meist Kupfer-

59) Die bei der Ausgrabung freigelegten Mauerungen
werden also wohl in einer gewissen Beziehung zu dieser
„gemauerten Stallung“ stehen.

60) Vielleicht der kleine gewölbte Raum, welcher
links durch eine Tür von der heute noch zu dem untersten
Geschosse des Palas führenden Rampe aus zugänglich ist.

61) Museum zu Eger, II. Zimmer (Wallensteinzimmer)
a. d. Ostwand Nr. 298.

62) Der Blick des Beschauers ist nach Süden gewendet.

63) An der gleichen Wand Nr. 310 und 312. Ein

sonderbarer Zufall fügte es, daß ich bei dem Berliner Anti-
quar Martin Breslauer ein mit dem Ölgemälde N r. 3 1 o
des Egerer Museums vollständig übereinstimmendes
Ölgemälde auf Holz entdeckte, welches sich nur dadurch
unterscheidet, daß der Maler seinen Namen Josef Stadler
angibt, während das Gemälde in Eger über den Schöpfer
keine Auskunft gibt.

Stiche. Doch sind alle diese Bildchen nicht von
ortskundigen Zeichnern hergestellt worden und da-
her wohl größtenteils als Phantasiegebilde zu be-
zeichnen, bei welchen die Wiedergabe eines mög-
lichst wilden Handgemenges die Hauptrolle spielte
und auf die richtige Darstellung der Örtlichkeit
noch weniger Wert gelegt wurde als auf die der
Vorgänge selbst. Es erübrigt sich daher wohl, diese
Abbildungen näher zu besprechen. Es genüge der
Hinweis auf den Hofreuterschen Plan, der von einem
geborenen Egerer, also ortskundigen Maler, her-
gestellt worden ist und daher wohl Anspruch auf
Zuverlässigkeit erheben darf, wobei ebenso wie bei
dem Berichte des Burggrafenamtsverwalters zu be-
rücksichtigen ist, daß die Exekution in der Weise
dargestellt worden ist, wie sie sich jene Zeit vor-
stellte.

Es entsteht nun allerdings die Frage, ob sich
die Anschauungen über den Vorgang im Verlaufe
von fast hundert Jahren nicht etwa wesentlich ver-
ändert haben. Eine derartige Befürchtung wäre viel-
leicht bezüglich der Schilderungen des Vorganges
selbst am Platze, da in der Überlieferung Ereignisse,
insbesondere derartig erschütternde, von Generation
zu Generation aufgebauscht zu werden pflegen, doch
wohl aber kaum bezüglich der Örtlichkeit, zumal
die Exekution sich nicht etwa in dem Saale, wohin
sie die Phantasie gewiß lieber verlegt hätte, son-
dern in dem kleinen Erkerzimmer abgespielt
haben soll.

Die sicherste Probe auf das Exempel gibt ein
Vergleich zuverlässiger Schilderungen der
Ermordungsszene mit der Örtlichkeit. Ich
habe die Wallenstein - Litteratur64), soweit

64) Angaben über die Exekution an den Getreuen
Wallensteins fanden sieb in folgenden Schriften:

a) Relation Das ist: Eigentlicher Bericht/ Wie der
Hertzog von Friedland/ x. General/ Graf! IlloFeld-Marschalck/
Graf! Terzky/ Graff Kinzky/ noch 4 Obersten vnd viel
Diener auff dem Schloss zu Eger sind ermordet/ drey Gräffl.
Gemahlin/sowol Hertzog Frantz Albrecht vonSassen gefangen
vnd nach Pilsen geführet worden. Gedruckt im Jahr 1634.

b) Gründlicher Bericht Welcher gestalt Der Keys.
General/ Albrecht/ Hertzog von Fridland/ x. Neben andern
Kayserischen Obersten / als Graf Tertzky / Graf Kintzky / Illo
vnd Newman/ auch des Fridländers Hoffmeister/ zu Eger vn-
versehener vnd jämmerlicher weiss vmbgebracht vnd ermordet /
auch wo hernacher ihre todte Cörper sind hingeführet / vnd
was für ein Vrtheil darüber gefallet worden. Im Jahr 1634.

c) Warhafftiger vnd eigentlicher Bericht/ Wie es mit
den Egerischen Blutbad zu vnd Abgängen / den 15. Febr.
1634.

d) Eigendliche Beschreibung/ Was sich mit dem
General Wallenstein/ beneben etlichen andern Officirern
 
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