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E. Tietze-Conrat Die Bronzen der fürstlich Liechtensteinschen Kunstkammer
So beschreibt Baldinucci die Burleske (9. Bd., 554 f.) Das Modell hat Orazio Mocchi gemacht
„in figure di due terzi di braccia in circa fu poi formato, e veggonsene tuttavia andare
attorno rilievi gettati o di cera, o di gesso, o di metallo“; nach diesem Modell hat Romolo
Ferrucci die große Steingruppe im Boboligarten gearbeitet.
Es war ein Intermezzo, der verwandten Richtung zuliebe eingeschaltet. Wir kehren zu den
Formen Bolognas zurück. Von den beiden in Fantis Katalog genannten Zentauren, die ein
Lapithenmädchen entführen, ist nur mehr ein Stück (Fig. 40) in der Galerie; es ist ein
Exemplar des kleiner dimensionierten Typus des Wiener Hofmuseums44), ein vorzüglicher
Fig. 39 Orazio Mocchi, Bronzegruppe im Museum in Grenoble
Guß, den ich dem geformten Detail nach gleichfalls in Francesco Susinis Werkstatt hinauf-
rücken möchte.
Der Autor der letzten Gruppe, des schon im ersten Inventar genannten Herkules, der
den Zentauren erschlägt (Fig-, 41), war wohl auch Susini. Die Beschreibung im alten In-
ventar ist bezeichnend: „Item ein Hercules, der ein Weib, die sich in ein Ross verwandelt,
mit dem Brügl erschlagen thut.“ In der Tat hat der Zentaur mit dem bartlosen feinen Gesicht,
dem langen Haupthaar und dem weichen Körper weiblichen Habitus; er ist ganz anders
gestaltet als der übliche mit dem gefurchten markigen Kopf und dem lockigen Bart, sein
Antlitz ähnelt dem geraubten Lapithenmädchen.
Auch ist der Concetto ganz verändert. Bei dem Exemplar des Flofmuseums, das als
das beste anerkannt wird45), ist der Zentaur in den Vorderknien allein zusammengebrochen,
44) v. Schlosser, Werke der Kleinplastik etc., Wien 45) Fritz Goldschmidt, a. a. O. S. 32. Ich wage es
1910, I. Bd., S. II, Fig.y; die Draperie ist verändert. nicht, dieser Ansicht entgegenzutreten; jedenfalls ist es die
E. Tietze-Conrat Die Bronzen der fürstlich Liechtensteinschen Kunstkammer
So beschreibt Baldinucci die Burleske (9. Bd., 554 f.) Das Modell hat Orazio Mocchi gemacht
„in figure di due terzi di braccia in circa fu poi formato, e veggonsene tuttavia andare
attorno rilievi gettati o di cera, o di gesso, o di metallo“; nach diesem Modell hat Romolo
Ferrucci die große Steingruppe im Boboligarten gearbeitet.
Es war ein Intermezzo, der verwandten Richtung zuliebe eingeschaltet. Wir kehren zu den
Formen Bolognas zurück. Von den beiden in Fantis Katalog genannten Zentauren, die ein
Lapithenmädchen entführen, ist nur mehr ein Stück (Fig. 40) in der Galerie; es ist ein
Exemplar des kleiner dimensionierten Typus des Wiener Hofmuseums44), ein vorzüglicher
Fig. 39 Orazio Mocchi, Bronzegruppe im Museum in Grenoble
Guß, den ich dem geformten Detail nach gleichfalls in Francesco Susinis Werkstatt hinauf-
rücken möchte.
Der Autor der letzten Gruppe, des schon im ersten Inventar genannten Herkules, der
den Zentauren erschlägt (Fig-, 41), war wohl auch Susini. Die Beschreibung im alten In-
ventar ist bezeichnend: „Item ein Hercules, der ein Weib, die sich in ein Ross verwandelt,
mit dem Brügl erschlagen thut.“ In der Tat hat der Zentaur mit dem bartlosen feinen Gesicht,
dem langen Haupthaar und dem weichen Körper weiblichen Habitus; er ist ganz anders
gestaltet als der übliche mit dem gefurchten markigen Kopf und dem lockigen Bart, sein
Antlitz ähnelt dem geraubten Lapithenmädchen.
Auch ist der Concetto ganz verändert. Bei dem Exemplar des Flofmuseums, das als
das beste anerkannt wird45), ist der Zentaur in den Vorderknien allein zusammengebrochen,
44) v. Schlosser, Werke der Kleinplastik etc., Wien 45) Fritz Goldschmidt, a. a. O. S. 32. Ich wage es
1910, I. Bd., S. II, Fig.y; die Draperie ist verändert. nicht, dieser Ansicht entgegenzutreten; jedenfalls ist es die