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Die Bronzen der fürstlich Liechtensteinschen Kunstkammer

Von E. Tietze-Conrat
Fürst Karl Eusebius von Liechtenstein (1611 —1684) hat den Grundstock zur Bronzen-
sammlung der fürstlichen Galerie gelegt. Er wollte keine eigene „Bildhauereigalerie“ besitzen,
die schönen Stücke nur dekorativen Zwecken dienend in seiner Gemäldesammlung auf-
stellen; er war in bescheidener Erkenntnis zu dieser Resignation gekommen, das Ideal einer
Skulpturensammlung, das ihm in klaren Zügen vorschwebte, nicht erreichen zu können. In
des Fürsten „Werk von der Architektur“, das er seinem Sohn zur Beherzigung geschrieben
hat, ist sein Programm entwickelt: „Jetzt folget die Erkandtnus der Statuen und Bilder,
so auch ein schene und nohtwendige Curiositet ist, zu wissen und dergleichen in seiner
Galleria zu haben, indehme von rechtswegen jeder curioser Fürst und Herr ein besondere
Galleria haben sol auf die Statuen, daß also in einer die Gemahl, in der andern die Statuen
sein. Dises aber ist hechst schwehr und schier unmiglich zu haben und zu erlangen,
besonders in Deutschlandt, indehme zu dergleichen Werk von Rechts wegen nur lauter
Antiquiteten sein sollen, das ist uhralte Stuk von dehnen gewesten vornembsten alten
Meistern, als dehnen Kriechen, so in der Sculptur alle ibertrofen haben und hechst geschatzet
werden und noch geachtet sein und werden. Dergleichen aber wo in Deutschland bekommen?.
Dieweilen aber wier die Antiquen, wie gemeldet, nicht haben können, so miessen wir uns
befleissen andere zu haben und, obgleich solche nicht von Marbl, da sie nur sehr guet sein
nach der Kunst und dem Naturei, so verschleget nicht zu vil die Matheri, besonders da sie
von Metall wehren, sie genuegsamb vornehm. Das meiste aber ist nur zu thun wegen des
Künstlers selbst, als des Bildthauers, daß man ein sehr gueten finde, so vortreflich in seiner
Kunst und Arbeit. Disen kan aber remedieret und geholfen werden, da er gleich nicht so
guet als die Alten selbst gewesen, dehren gleichen man kaum mehrers eintzigen finden
wiert, so kan man nehmen Abg'us von dehnen Antiquiteten und uhralten von Rohm und
anderst woher, solche stukweis im Gibs abwerfen, so gantz natierlich und so guet wiert als
das Original selbsten in allem aufs ähnlichste bis auch aufs geringst Harl, so netto fallet.
Diesen Abgüssen mues und sol man nacharbeiten und metallene giessen lassen, so das Aller-
vornehmste wehre;....“1) So streng und eng, wie das Programm es darlegt, hat Fürst
Johann Adam Andreas es in der Praxis nicht gehalten. Dort gilt die unbedingte Aner-
kennung des antiken Denkmals, das durch kein Werk eines Nachgeborenen erreicht werden
kann; jetzt wird die Reihe jener höchsten Schöpfungen erweitert; auch Michelangelo, dessen
Bacchus schon Gori in seinem Museo fiorentino (3. Bd. T. LI) in den Kreis der Antiken
aufnimmt, und Bernini haben Unerreichtes, Unerreichbares geleistet, dessen sich der Sammler,
weil er nicht die Originale erlangen kann, wenigstens im Abguß versichern will. Die un-
*) Victor Fleischer, Fürst Karl Eusebius von Liechtenstein, Wien-Leipzig 1910, S. 44 und 199 f.
 
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