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E. Tietze-Conrat Die Bronzen der fürstlich Liechtensteinschen Kunstkammer
von Berninis hl. Theresa in Rom abgeleitet wurde, zu der ihn Matthias Steindl, der künst-
lerische Patronus seiner Lehrjahre, hingewiesen haben soll82).
Die Geschichte83) der Reliefarbeiten Soldanis für den Fürsten Johann Adam Andreas ist
durch die aufgefundene Korrespondenz fast in allen Einzelheiten festgelegt. Zuerst scheint der
Fürst das Relief der Tugend, die der Ruhm krönt (Fig. 65), bestellt zu haben; in einem Brief
vom 11. Dezember 1694 meldet Soldani, daß das Bronzerelief vor einigen Tagen schon an
den Fürsten abgegangen sei; er habe die Maße desselben zurückbehalten, um ein eventuell
gewünschtes Gegenstück liefern zu können. Gleichzeitig sendete er ein Bacchanal (Triumph
des Bacchus), aus Wachs, gleichfalls Basrelief, zu welchem als Gegenstück der Triumph der
Fig. 64 Beweinung Christi, Holzschnitzerei,
im Besitze der Frau Katharina Schratt in Wien
Ceres und als zweites Paar der Triumph der Venus und der Raub der Proserpina gemacht
werden könnten. Das Bronzerelief traf am 30. März 1695 in Wien ein und wurde mit
300 fl. bezahlt. Der Fürst war zufrieden und bestellte das Gegenstück: II tempo che scopre
la Veritä (Fig. 66). Das Wachsmodell des Bacchanals war zwar während des Transportes in
Trümmer gegangen, es ließen aber auch die einzelnen Teile noch die Schönheit desselben
erkennen. Es wurde daher samt dem von Soldani vorgeschlag-enen Gegenstück bestellt und
ein Stück wegen der vielen Mühe an den kleinen Figuren zu 350 Piastern berechnet.
Ob dieses zweite Stück jemals geliefert worden ist, steht dahin; in Fantis Katalog sind
nur die beiden ersten Pendants und das Bacchanal (Fig. 67) angeführt und auch nur diese
drei Stücke sind heute in der Galerie.
Die Allegorien sind als Gegenüber komponiert; die Gruppen sind in die Diagonalen
gelegt, die erst in Eins gefaßt das beruhigte Dreieck bilden. Die Verteilung über das
Bildfeld hebt die Szene aus jeder Wirklichkeitsillusion ins Ornamentale, Abstrakte, zur
82) Professor Wolfg. Pauker in einem am 16. Februar 83) Ich zitiere z. T. wörtlich Wilhelm, a. a. O., Beiblatt,
1916 in der Urania in Wien gehaltenen Vortrag. i^it, Sp. 103.
E. Tietze-Conrat Die Bronzen der fürstlich Liechtensteinschen Kunstkammer
von Berninis hl. Theresa in Rom abgeleitet wurde, zu der ihn Matthias Steindl, der künst-
lerische Patronus seiner Lehrjahre, hingewiesen haben soll82).
Die Geschichte83) der Reliefarbeiten Soldanis für den Fürsten Johann Adam Andreas ist
durch die aufgefundene Korrespondenz fast in allen Einzelheiten festgelegt. Zuerst scheint der
Fürst das Relief der Tugend, die der Ruhm krönt (Fig. 65), bestellt zu haben; in einem Brief
vom 11. Dezember 1694 meldet Soldani, daß das Bronzerelief vor einigen Tagen schon an
den Fürsten abgegangen sei; er habe die Maße desselben zurückbehalten, um ein eventuell
gewünschtes Gegenstück liefern zu können. Gleichzeitig sendete er ein Bacchanal (Triumph
des Bacchus), aus Wachs, gleichfalls Basrelief, zu welchem als Gegenstück der Triumph der
Fig. 64 Beweinung Christi, Holzschnitzerei,
im Besitze der Frau Katharina Schratt in Wien
Ceres und als zweites Paar der Triumph der Venus und der Raub der Proserpina gemacht
werden könnten. Das Bronzerelief traf am 30. März 1695 in Wien ein und wurde mit
300 fl. bezahlt. Der Fürst war zufrieden und bestellte das Gegenstück: II tempo che scopre
la Veritä (Fig. 66). Das Wachsmodell des Bacchanals war zwar während des Transportes in
Trümmer gegangen, es ließen aber auch die einzelnen Teile noch die Schönheit desselben
erkennen. Es wurde daher samt dem von Soldani vorgeschlag-enen Gegenstück bestellt und
ein Stück wegen der vielen Mühe an den kleinen Figuren zu 350 Piastern berechnet.
Ob dieses zweite Stück jemals geliefert worden ist, steht dahin; in Fantis Katalog sind
nur die beiden ersten Pendants und das Bacchanal (Fig. 67) angeführt und auch nur diese
drei Stücke sind heute in der Galerie.
Die Allegorien sind als Gegenüber komponiert; die Gruppen sind in die Diagonalen
gelegt, die erst in Eins gefaßt das beruhigte Dreieck bilden. Die Verteilung über das
Bildfeld hebt die Szene aus jeder Wirklichkeitsillusion ins Ornamentale, Abstrakte, zur
82) Professor Wolfg. Pauker in einem am 16. Februar 83) Ich zitiere z. T. wörtlich Wilhelm, a. a. O., Beiblatt,
1916 in der Urania in Wien gehaltenen Vortrag. i^it, Sp. 103.