Marianne Zweig Die gräflich Althanschen Gartenpaläste in Wien
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rend der warmen Jahreszeit bewohnte und daß seiner
großen musikalischen Neigung entsprechend daselbst
Opern Vorstellungen79) und Konzerte stattfanden, an
denen neben Mitgliedern des Hofes und der adeligen
Kreise das geistige Wien dieser Epoche teilnahm.
Wir sehen den Fürsten, Theodor Körner fördern,
mit Caroline Pichler in freundschaftlichen Verkehrso),
1812 zum Hoftheaterdirektor ernannt, aber wegen
gänzlich zerrütteter Vermögensverhältnisse schon ein
Jahr später dieses Amt niederlegen. Gräfin Lulu
Thürheim erzählt, der Fürst habe „wahrhaft könig-
lichen Aufwand getrieben“81), er habe „eine eigene
Kapelle aus ausgezeichneten Musikern gehalten
und in Gesellschaft von allerhand Possenreißern
sein Vermögen verschwendet“. Seine Gattin, eine
geborene Prinzessin Schwarzenberg, wird von
allen ihren Zeitgenossen als „wahre Freundin
und Beschützerin der Armen“ geschildert. Sie
habe in ihrem Landhaus in der Ungargasse 1810
mit einigen anderen wohltätigen Damen den
„Verein adelicher Frauen zur Beförderung des
Guten und Nützlichen“ gegründet. Zahllos sollen
die Bittsteller gewesen sein, die zu allen Stunden
des Tages den Garten füllten. In einem 1799
erschienenen Gedicht von Hammer-Purgstall82)
wird Lobkowitz nicht gerade geschmackvoll „der
erhabene Liebling des Gottes“ genannt, „dem er
sich zum Priester geweiht und seine Säle zum
Tempel“. Gleichfalls in phrasenhafter, für unser
Empfinden beleidigender Form wird beiläufig zu
gleicher Zeit Palast und Garten wie folgt be-
sungen83):
„Und dann der prächtige Garten samt Gebäude
des würdigen Fürsten Lobkowitz
ein Aufenthalt der Musen und der Freude
kurzum ein echter Fürstensitz.“
Nach des Fürsten Tod 1816 wechselt der
Palast mehrere Male seine Eigentümer. Zuerst
geht er auf dessen Sohn Ferdinand Philipp
über84), um dann an den Fürsten Johann Liechten-
stein85), später an den Grafen Ferdinand Leopold
Palffy86) und schließlich an den Hofkonzipisten der
ungarischen Hofkanzlei Michael von Barich87) ver-
kauft zu werden. Dieser erlangt 1847 vom Stadt-
magistrat die Erlaubnis zur Parzellierung der Realität
und zum Verkauf der Gründe als einzelne Bau-
stellen, und somit verschwindet aus dem Wiener
Stadtbild ein zweiter Althanscher Palast, der an
Pracht und Originalität dem ersten wohl weit über-
legen war. * *
Fig. 17 Ausschnitt aus dem Plan der Anguissola und Marinoni:
Althansche Gartengebäude auf der Wieden
l9) Reichardt Josef Friedrich, Vertraute Briefe, 1810,
S. 182.
80) Caroline Pichler, Denkwürdigkeiten, Bd. II,
S. 125, 482.
81) Thürheim, Mein Leben.
82) Wiens Gärten und Umgebung, besungen von
Hammer-Purgstall, 1799, S. 22.
s3) Gewey und Meisl, „Wien mit seinen Vorstädten“.
Die Ehrenrettung der Landstraße, 1800, S. 26.
s4) Nicolai, Gewährbuch Nr. 11, S. 25.
S5) Ebendort Nr. II, S. 28.
Der dritte' und letzte Althansche Gartenpalast,
von dem hier gesprochen werden soll, war 1716 in
den Besitz von Gundacker Althans Vetter, Johann
Michael III., Obriststallmeister und „Favoriten“, wie
Khevenhtiller ihn nennt, gekommen. Er war auf der
Wieden unweit der Favorita, in der heutigen Walter-
gasse gelegen, der weitläufige Garten aber erstreckte
sich von der Maj^erhofgasse bis zur Rainergasse, von
86) Ebendort Nr. 12, S. 84.
87) Oeconomicum 1/1848, Archiv der Stadt Wien.
Beiblatt
Jahrbuch des kunstliist. Institutes der k. k. Z. K. für Denkmalpflege 1917.
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rend der warmen Jahreszeit bewohnte und daß seiner
großen musikalischen Neigung entsprechend daselbst
Opern Vorstellungen79) und Konzerte stattfanden, an
denen neben Mitgliedern des Hofes und der adeligen
Kreise das geistige Wien dieser Epoche teilnahm.
Wir sehen den Fürsten, Theodor Körner fördern,
mit Caroline Pichler in freundschaftlichen Verkehrso),
1812 zum Hoftheaterdirektor ernannt, aber wegen
gänzlich zerrütteter Vermögensverhältnisse schon ein
Jahr später dieses Amt niederlegen. Gräfin Lulu
Thürheim erzählt, der Fürst habe „wahrhaft könig-
lichen Aufwand getrieben“81), er habe „eine eigene
Kapelle aus ausgezeichneten Musikern gehalten
und in Gesellschaft von allerhand Possenreißern
sein Vermögen verschwendet“. Seine Gattin, eine
geborene Prinzessin Schwarzenberg, wird von
allen ihren Zeitgenossen als „wahre Freundin
und Beschützerin der Armen“ geschildert. Sie
habe in ihrem Landhaus in der Ungargasse 1810
mit einigen anderen wohltätigen Damen den
„Verein adelicher Frauen zur Beförderung des
Guten und Nützlichen“ gegründet. Zahllos sollen
die Bittsteller gewesen sein, die zu allen Stunden
des Tages den Garten füllten. In einem 1799
erschienenen Gedicht von Hammer-Purgstall82)
wird Lobkowitz nicht gerade geschmackvoll „der
erhabene Liebling des Gottes“ genannt, „dem er
sich zum Priester geweiht und seine Säle zum
Tempel“. Gleichfalls in phrasenhafter, für unser
Empfinden beleidigender Form wird beiläufig zu
gleicher Zeit Palast und Garten wie folgt be-
sungen83):
„Und dann der prächtige Garten samt Gebäude
des würdigen Fürsten Lobkowitz
ein Aufenthalt der Musen und der Freude
kurzum ein echter Fürstensitz.“
Nach des Fürsten Tod 1816 wechselt der
Palast mehrere Male seine Eigentümer. Zuerst
geht er auf dessen Sohn Ferdinand Philipp
über84), um dann an den Fürsten Johann Liechten-
stein85), später an den Grafen Ferdinand Leopold
Palffy86) und schließlich an den Hofkonzipisten der
ungarischen Hofkanzlei Michael von Barich87) ver-
kauft zu werden. Dieser erlangt 1847 vom Stadt-
magistrat die Erlaubnis zur Parzellierung der Realität
und zum Verkauf der Gründe als einzelne Bau-
stellen, und somit verschwindet aus dem Wiener
Stadtbild ein zweiter Althanscher Palast, der an
Pracht und Originalität dem ersten wohl weit über-
legen war. * *
Fig. 17 Ausschnitt aus dem Plan der Anguissola und Marinoni:
Althansche Gartengebäude auf der Wieden
l9) Reichardt Josef Friedrich, Vertraute Briefe, 1810,
S. 182.
80) Caroline Pichler, Denkwürdigkeiten, Bd. II,
S. 125, 482.
81) Thürheim, Mein Leben.
82) Wiens Gärten und Umgebung, besungen von
Hammer-Purgstall, 1799, S. 22.
s3) Gewey und Meisl, „Wien mit seinen Vorstädten“.
Die Ehrenrettung der Landstraße, 1800, S. 26.
s4) Nicolai, Gewährbuch Nr. 11, S. 25.
S5) Ebendort Nr. II, S. 28.
Der dritte' und letzte Althansche Gartenpalast,
von dem hier gesprochen werden soll, war 1716 in
den Besitz von Gundacker Althans Vetter, Johann
Michael III., Obriststallmeister und „Favoriten“, wie
Khevenhtiller ihn nennt, gekommen. Er war auf der
Wieden unweit der Favorita, in der heutigen Walter-
gasse gelegen, der weitläufige Garten aber erstreckte
sich von der Maj^erhofgasse bis zur Rainergasse, von
86) Ebendort Nr. 12, S. 84.
87) Oeconomicum 1/1848, Archiv der Stadt Wien.
Beiblatt
Jahrbuch des kunstliist. Institutes der k. k. Z. K. für Denkmalpflege 1917.
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