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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 13.1892

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I. Theil: Abhandlungen
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Schlosser, Julius von: Typare und Bullen in der Antikensammlung des Allerhöchsten Kaiserhauses
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https://doi.org/10.11588/diglit.5884#0061
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Typare und Bullen in der Münz-, Medaillen- und Antikensammlung des Ah. Kaiserhauses.

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zeichnet.1 Aber noch Anderes kommt in Betracht. An dem 1518 vorgeschlagenen Entwurf werden Aende-
rungen verlangt: die Königskrone solle an Stelle der kaiserlichen gesetzt, das ungarische Wappen seinen
Platz vor dem österreichischen erhalten. Beides ist an unserer Bulle thatsächlich wahrzunehmen. Maxi-
milian erscheint, merkwürdig genug, nicht mit der kaiserlichen Infelkrone (welche das Reichswappen
der Rückseite bedeckt), sondern mit der durch einen einfachen Bügel geschlossenen Königskrone, der-
selben, welche auch Kaiser Karl V. auf seinen Thronsiegeln trägt (vgl. Heffher, a. a. O., Tafel XX,
129 und i3o). Das ungarische Wappen, das aber noch in der älteren Bulle Maximilians2 (bei Heffner
a. a. O.) hinter dem österreichischen, d. h. heraldisch links, stand, erscheint nunmehr an dem heraldisch
bevorzugten, ihm zukommenden und durch den Aenderungsbefehl geforderten Platze rechts.

Die vorliegende Bulle ist, wie ich vermuthe, wegen des schon im Januar 151g erfolgten Todes
Maximilian I. nicht fertiggestellt, jedenfalls nicht mehr verwendet worden. Wenigstens findet sich in
den Acten kein weiterer Vermerk, dass sie abgeliefert und bezahlt worden wäre. Heraeus dürfte dann
vielleicht das in einem weichen Stein — wie er von den Medailleuren benützt wurde — ausgeführte
Modell Ursenthaler's vorgelegen haben, das er verwandte, um daraus nach seiner naiven Manier eine
seltene Medaille in Edelmetall für das kaiserliche Cabinet zu gewinnen. Glücklicherweise haben die
Hände seiner englischen Ciseleure die Bulle ziemlich intact gelassen.

Wir besitzen also in dieser eine datirte Arbeit des Ulrich Ursenthaler, eines Künstlers, der keiner
der unbedeutendsten im Kreise Maximilians ist. Ich stelle im Folgenden aus den in diesem Jahrbuche
(Band II) publicirten Regesten einige Daten zusammen, die sich auf sein Wirken als Siegelstecher
beziehen.

Ueber Ursenthaler's Herkunft sind wir nicht weiter unterrichtet. Sein Leben fliesst, unähnlich
demjenigen der meisten seiner Zeit- und Kunstgenossen, in stillbürgerlicher Ruhe und Ordnung dahin.
1508 kam er mit 50 Gulden Gehalt als Eisenschneider in die Münze von Hall, 1512 wurde er dort
Wardein, 1535 Münzmeister, 1561 pensionirt; im selben Jahre ist er gestorben.

Besonders Kaiser Max hat den tüchtigen und redlichen Meister in Ehren gehalten. 1513 wollte er
ihn zu sich nach Augsburg kommen lassen; die Innsbrucker Regierung, die ihm stets das beste Zeugniss
ausstellte, erklärte aber, seiner nicht entrathen zu können. In ihm haben wir den Meister zu erkennen,
der für Maximilian I. und Ferdinand I. (neben Münzen und Medaillen) die weitaus grösste Zahl ihrer
Siegel geschnitten hat. 1514 führte er für den Erstgenannten einen Siegelring mit Wappen aus; 1515 be-
stellte der Kaiser für seinen Kanzler Sebastian Reinbacher wiederum einen ähnlichen Wappenring.
Ins Jahr 1518 fällt die oben besprochene goldene Bulle. 1520 erhält Ursenthaler für neugeschnittene
Siegel eine Abschlagszahlung von 15 Gulden; 1523 für zwei Siegel, ein grosses und kleines, 36 Gulden.
!523 muss er dem Erzherzog Ferdinand ein Siegel für Belehnungen nach Görz schicken und erhält
dafür 10 Gulden, zwei für das verwendete Silber und 8 Gulden Macherlohn. 1527 werden ihm für zwei
neue Siegel (wiederum als »grosses« und »kleines« bezeichnet), die er nach einer ihm zugekommenen
Visirung geschnitten hatte, abermals 10 Gulden ausbezahlt; 1529 hören wir von einem für das Land-
gericht Rankweil bestimmten königlichen Siegel, für welches er 6 Gulden erhält. Im selben Jahre
wird ihm der Auftrag zu Theil, nach einer von König Ferdinand gebilligten, wohl von Ursenthaler
selbst gefertigten Vorzeichnung, welche die Innsbrucker Regierung eingesandt hatte, das böhmische
Thron- und Secretsiegel zu machen. Binnen acht Tagen ist er damit fertig; vom 20. August datirt die
Bestellung und schon am 28. August kann die Arbeit übergeben werden. Auch sonst erfahren wir bei
dieser Gelegenheit interessante Details. Der Meister erhält 40 Gulden rheinisch; es wird hervorgehoben,
dass dies kein unziemlicher Preis sei; ausserdem seien ihm zwei Mark Silber, die er zur Arbeit be-
nöthigte, bezahlt worden. Die Regierung macht ferner die für uns wichtige Bemerkung, ein Merk-

1 Die Siegel Friedrich III. sind die ersten, welche mit Jahreszahlen bezeichnet wurden; Heffner, a. a. O., S. 29, Nr. 40,
und Sava, Mittheilungen der Central-Commission, 1864, S. 175.

2 Ein sehr schönes (gegossenes) Exemplar hangt mit goldenen Schnüren an einer für den Czar Wassili von Russ-
land bestimmten, jedoch nicht angenommenen Urkunde von 1514 im k. u. k. Haus-, Hof- und Staatsarchiv.

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