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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 14.1893

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I. Theil: Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5885#0083
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Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.

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Germersheim; er wurde in Speier beigesetzt, sein Grab aber wie die übrigen Kaisergräber im Dome
daselbst von den Franzosen unter Marquis d'Huxelles 1689 zerstört.1

RVDOLPHVS | ROM: REX Brustbild links, mit gekröntem Helm und Ringelpanzerkragen über dem
rothen Waffenrock, an der rechten Achsel eine gelbe, mit einer Spitze versehene Scheibe, das Antlitz
mit blauen Augen, Habichtsnase und braunem Schnurrbart voll Kampfbegierde; er ist im Stammbaum
dem Könige Ottokar das Schwert in die Brust stossend dargestellt. Dieser Vorgang ist ebenso wenig
historisch als das Bildniss Rudolfs authentisch ist; die Aufnahme der höchst bewegten dramatischen
Scene hat nur symbolische Bedeutung, indem durch sie nach der naiven Anschauung jener Zeit, der
das Original (der Stammbaum) angehört, der Sieg
Rudolfs, der seinem Gegner Thron und Leben
kostete, veranschaulicht werden sollte.

Katalog Nr. 5.

Weder Roo noch Primisser bringen das eben
beschriebene Bildniss, augenscheinlich, weil es völlig
unhistorisch ist. Man kann dies begreiflich finden,
muss aber doch bemerken, dass Letzterer, um
das Bildniss Rudolfs als des Begründers der Dy-
nastie in seinem Werke über den Stammbaum nicht
entbehren zu müssen, zu einer bedenklichen Aus-
kunft griff; obwohl es eben diesen Stammbaum
veröffentlichen sollte, liess er die Persönlichkeiten,
deren Bildnisse hier in Nr. 1—4 besprochen wur-
den, gänzlich weg und schob zwischen den bei-
den Frauen Rudolfs ein anderes Porträt desselben
aus Gerbert's Monumenten, welches der Strassburger
Reiterstatue2 nachgebildet ist, ein. Roo gibt von
Rudolf zwei andere Bildnisse, beide in späteren
Plattenharnischen, das eine mit Helm und Speer
(S. 6), das andere mit Krone und Scepter (S. 12),
beide aber unbärtig und wohl mit Benützung der
eben genannten Reiterstatue hergestellt.

Bekanntlich enthält das beste Bildniss des
Königs Rudolf die vom Hofmaler des Kaisers Maxi-
milian I. Hans Knoderer auf dessen Befehl im
Jahre 1508 hergestellte Copie3 des Grabsteines von Speier, die mit der Schilderung der Kolmarer
Chronik übereinstimmt.'» Der Vergleich desselben mit dem vorliegenden wie dem nächstfolgenden
Bilde zeigt, dass beide Letztere völlig unverlässlich sind.

6. Derselbe, nicht nach dem Stammbaume. Aufschrift in grossen rohen Buchstaben von gelber Farbe.

RVDOLFFVS I REX ROMAN | AN: MCCLXXIII Brustbild von vorne mit vielzackiger Krone, braunen
Augen, langem braunen Haupthaar und Vollbart, in rother mit Rauten und Adlern verzierter Tunica,
der Mantel vorne mit einer Goldschnur geschlossen, an dieser eine Quaste.

1 Ueber sein Grab vergleiche Herrgott, Taphographia I, 89 f.

2 Vgl. Freiherr von Sacken in der Festschrift zur 600jährigen Gedenkfeier der Belehnung des Hauses Habsburg mit
Oesterreich, herausgegeben von den historischen Vereinen Wiens. Wien 1882, S. 128, Fig. 2.

3 Dieses Jahrbuch II, Regesten, p. XXXVII, Nr. 905. Am 24. April 1508 erfolgt die Anweisung von 4 fl. rheinisch
an Knoderer dafür, »dass er auf majestät befehl hir zu Speyr ein kunig Rudolf abgemahlt« hat.

4 Das Bild jetzt im Hochparterre des k. k. kunsthistorischen Hofmuseums, Saal XVII. — Der obere Theil in Helio-
gravüre abgebildet in der Abhandlung über die authentischen Porträts Königs Rudolf von Habsburg und dessen Grabsteine
von E. Freiherrn von Sacken in der oben angeführten Festschrift, Tafel zu S. 126. — Ahv. Schultz, Das höfische Leben
zur Zeit der Minnesinger I, 231.

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