Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.
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Die erste Braut des Herzogs Albrecht III. war die präsumtive Thronerbin von Ungarn, Elisabeth
Nichte des Königs Ludwig des Grossen, Tochter seines Bruders Stephan, Herzogs von Slavonien und
Dalmatien. Auf Betreiben Herzogs Rudolf IV. erfolgte die Verlobung i36i, als er ein Bündniss mit
König Ludwig gegen Kaiser Karl IV. schloss. Letzterer wusste es aber 1365 dahin zu bringen, dass
die Verlobung gelöst und Elisabeth vielmehr seinem Sohne Wenzel versprochen wurde. Auch diese
Vermählung kam nicht zu Stande;1 Elisabeth heiratete Ende 1370 den Herzog Philipp von Tarent
(f 1374).2 Dagegen wurde Herzog Albrecht III. im folgenden Jahre, i366, mit der achtjährigen
Tochter Kaisers Karl IV. vermählt.
77. Dessen erste Gemahlin Elisabeth, Tochter des Kaisers Karl IV., geboren 19. März 1358,
mit acht Jahren vermählt i366, starb 4. September i3y3 kinderlos und wurde in der Karthause zu
Gaming bestattet, wo man im Jahre 1739 ihrtreff-
lieh erhaltenes Skelet, auf einem Kissen ruhend,
auffand; von der Schädeldecke hing noch ein
Haarzopf, eine halbe Elle lang, und anderes
krauses lichtes Kopfhaar.3
ELISABET CAROLI ROM : ET BOHE : REGIS • F.
Brustbild rechts, fast von vorne, mit grosser
weisser Haube, die das Haupthaar bedeckt, die
Augen braun, das Oberkleid blau, mit zwei
Ketten, an der oberen ein Kleinod; am Halse
eine feinere zweifache Goldkette.
Roo, Seite 154 (im Gegensinne). — Katalog
Nr. 74. — Primisser, Tafel 3i.
Es scheint hier seit alter Zeit eine unrich-
tige Bezeichnung vorzuliegen. Elisabeth ist im
Jahre 1373 gestorben, als sie im fünfzehnten
Lebensjahre stand, während die Züge des hier
vorliegenden Porträts auf ein Alter von vierzig
bis fünfzig Lebensjahren hinweisen. Es ist nun
ganz gegen die Art des Malers des Stammbaumes,
— wir meinen das Original — so beträchtliche
Verstösse gegen das Alter zu machen; es werden
allerdings Kinder von wenigen Jahren älter, wenn
auch immer als Kinder dargestellt; doch findet
sich kein Fall, in welchem Fürstinnen, die in der
Blüthe des Lebens starben, als alte Frauen erscheinen. Zudem sind die Gesichtszüge in dem vorliegen-
den Bilde individualisirt und machen völlig den Eindruck der Wahrheit, so dass der Verdacht be-
gründet ist, es habe schon in der Bearbeitung der dem Stammbaume zu Grunde liegenden Materialien
eine Verwechslung mit einer anderen Fürstin dieses Namens, die ein höheres Alter erreichte, etwa der
Gemahlin Heinrichs (Nr. 38) oder der Herzogin von Lothringen (Nr. 45; Beide Muhmen unserer Eli-
sabeth) stattgefunden.
Nr. 77.
' König Ludwig von Ungarn erhielt seihst noch zwei Töchter: Maria, geboren um 1366, und Hedwig, geboren 1372.
Dadurch verlor Elisabeth die Erbansprüche auf Ungarn und Polen, noch bevor die Vermählung vollzogen war. Dies der
Grund der Lösung ihrer Verlobung mit Wenzel.
2 Letzterer war seit 1355 in erster Ehe mit Maria, einer Schwester der Königin Johanna, vermählt, welche im Jahre
1366 starb.
3 Taphographia i, p. 169.
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Die erste Braut des Herzogs Albrecht III. war die präsumtive Thronerbin von Ungarn, Elisabeth
Nichte des Königs Ludwig des Grossen, Tochter seines Bruders Stephan, Herzogs von Slavonien und
Dalmatien. Auf Betreiben Herzogs Rudolf IV. erfolgte die Verlobung i36i, als er ein Bündniss mit
König Ludwig gegen Kaiser Karl IV. schloss. Letzterer wusste es aber 1365 dahin zu bringen, dass
die Verlobung gelöst und Elisabeth vielmehr seinem Sohne Wenzel versprochen wurde. Auch diese
Vermählung kam nicht zu Stande;1 Elisabeth heiratete Ende 1370 den Herzog Philipp von Tarent
(f 1374).2 Dagegen wurde Herzog Albrecht III. im folgenden Jahre, i366, mit der achtjährigen
Tochter Kaisers Karl IV. vermählt.
77. Dessen erste Gemahlin Elisabeth, Tochter des Kaisers Karl IV., geboren 19. März 1358,
mit acht Jahren vermählt i366, starb 4. September i3y3 kinderlos und wurde in der Karthause zu
Gaming bestattet, wo man im Jahre 1739 ihrtreff-
lieh erhaltenes Skelet, auf einem Kissen ruhend,
auffand; von der Schädeldecke hing noch ein
Haarzopf, eine halbe Elle lang, und anderes
krauses lichtes Kopfhaar.3
ELISABET CAROLI ROM : ET BOHE : REGIS • F.
Brustbild rechts, fast von vorne, mit grosser
weisser Haube, die das Haupthaar bedeckt, die
Augen braun, das Oberkleid blau, mit zwei
Ketten, an der oberen ein Kleinod; am Halse
eine feinere zweifache Goldkette.
Roo, Seite 154 (im Gegensinne). — Katalog
Nr. 74. — Primisser, Tafel 3i.
Es scheint hier seit alter Zeit eine unrich-
tige Bezeichnung vorzuliegen. Elisabeth ist im
Jahre 1373 gestorben, als sie im fünfzehnten
Lebensjahre stand, während die Züge des hier
vorliegenden Porträts auf ein Alter von vierzig
bis fünfzig Lebensjahren hinweisen. Es ist nun
ganz gegen die Art des Malers des Stammbaumes,
— wir meinen das Original — so beträchtliche
Verstösse gegen das Alter zu machen; es werden
allerdings Kinder von wenigen Jahren älter, wenn
auch immer als Kinder dargestellt; doch findet
sich kein Fall, in welchem Fürstinnen, die in der
Blüthe des Lebens starben, als alte Frauen erscheinen. Zudem sind die Gesichtszüge in dem vorliegen-
den Bilde individualisirt und machen völlig den Eindruck der Wahrheit, so dass der Verdacht be-
gründet ist, es habe schon in der Bearbeitung der dem Stammbaume zu Grunde liegenden Materialien
eine Verwechslung mit einer anderen Fürstin dieses Namens, die ein höheres Alter erreichte, etwa der
Gemahlin Heinrichs (Nr. 38) oder der Herzogin von Lothringen (Nr. 45; Beide Muhmen unserer Eli-
sabeth) stattgefunden.
Nr. 77.
' König Ludwig von Ungarn erhielt seihst noch zwei Töchter: Maria, geboren um 1366, und Hedwig, geboren 1372.
Dadurch verlor Elisabeth die Erbansprüche auf Ungarn und Polen, noch bevor die Vermählung vollzogen war. Dies der
Grund der Lösung ihrer Verlobung mit Wenzel.
2 Letzterer war seit 1355 in erster Ehe mit Maria, einer Schwester der Königin Johanna, vermählt, welche im Jahre
1366 starb.
3 Taphographia i, p. 169.