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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 14.1893

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I. Theil: Abhandlungen
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Kenner, Friedrich: Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5885#0121
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Die Porträtsammlung des Erzherzogs Ferdinand von Tirol.

Söhne und Töchter des Herzogs Leopold III.
(Nr. 79-)

86. Wilhelm der Freundliche, geboren 1370, am Hofe Ludwig des Grossen, Königs von
Ungarn und Böhmen erzogen, regierte nach seines Vaters Tode (i386) im Namen seiner Brüder in den
Vorlanden und 1400—1403 für den im heil. Lande abwesenden Vetter Albrecht IV. (vgl. Nr. 99) auch
in Oesterreich. Er verlängerte 1394 den Frieden mit den Schweizern, ergriff in Folge seiner Vermäh-
lung die Partei Kaisers Wenzel gegen König Sigmund von Ungarn, stiftete gegen die Raubritter in
Oesterreich die Adelsgenossenschaft vom »silbernen Haftel« und starb kinderlos durch einen Sturz
vom Pferde 15. Juli 1406, worüber sich, wie die alten Historiker erzählen, der von ihm gezähmte
Löwe zu Tode härmte.1 Herzog Wilhelm wurde in der Fürstengruft in St. Stephan beigesetzt; man
hat 1739 sein völlig erhaltenes Skelet in einem
langen Kleide aus rother Seide, mit Gold durch-
wirkt, mit weiten Aermeln und drei Knöpfen am
Halse, gefunden. Darüber lag ein Tuch aus weis-
ser Seide, mit Gold durchwirkt, i'/2 Ellen breit,
nach der ganzen Länge des Sarges ausgebreitet;
darüber wieder lag ein zweites Tuch, '/3 Elle
breit, mit Gold verziert. Das Schwert auf der
Brust war vom Rost stark angefressen. Das Kreuz
aus Blei enthielt die Inschrift: wilhelmvs -j- leo-
poldi f filius f j dvx f avstrie 7 tc f obiit f in y
xo y xi (sie) y die y ivli y anno j domini |mf
cccc 7 vi -j- hic y est y reconditus j.

WILHELMVS ARCH : AVS. Brustbild links, mit
blauen Augen, lichtbraunem lockigen Haupthaar
und Vollbart, auf dem Kopfe den Herzogshut mit
einem Bügel, in rothem ärmellosen Oberkleid,
das Unterkleid grün, auf der Brust eine glatte
Goldkette, darunter eine zweite zierlich gear-
beitete mit Perlen und Steinchen.

Roo, Seite 118 (im Gegensinne), Fugger I,
405 nach dem Original. — Katalog Nr. 82. —
Primisser, Tafel 34.

87. Dessen erste Gemahlin Hedwig, Toch-
ter des Königs Ludwig des Grossen von Ungarn,
Erbin der Krone von Polen, geboren 1372, wurde beim Abschluss eines Defensivbündnisses zwischen
Herzog Leopold III. und König Ludwig am 18. August 1374 mit Herzog Wilhelm verlobt,2 mit dem
sie erzogen und durch tiefe Neigung verbunden war. Die Trauung wurde 1378 noch in ihrem Kindes-
alter vollzogen.3 Nach dem Tode ihres Vaters in Krakau gekrönt, zwangen sie die Grossen ihres
Reiches, zum Nutzen des Letzteren dem König Jagiello von Lievland die Hand zu reichen, was, nach-
dem Wilhelm, der sie 1385 in Krakau besuchte, vertrieben war und Jagiello mit seinem Volke sich

1 Die Stammbäume machen davon Erwähnung. Ebenbacher spricht von einem Leonculus, wahrscheinlich jener
schöne Leoparde, den der Herzog ebenso wie Herzog Albert IV. von der Republik Venedig 1402 zu Geschenk erhielt.
Siehe darüber E. Birk, Berichte und Mittheilungen des Alterthumsvereines zu Wien I (1856), S. III.

2 Die betreffenden Urkunden bei Herrgott, Pinacotheca I, p. 9 und 11; die Hochzeit wurde auf das Jahr i385 fest-
gesetzt, was aber späterhin abgeändert worden zu sein scheint.

3 A. Huber, Geschichte Oesterreichs II, 327.
 
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