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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 14.1893

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I. Theil: Abhandlungen
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Wickhoff, Franz: Die Ornamente eines altchristlichen Codex der Hofbibliothek
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https://doi.org/10.11588/diglit.5885#0233
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2 IO

Franz Wickhoff.

und wo der Becher in dessen Mitte, der Beche.r darüber, zu dem sich zwei Vögel gesetzt haben, und die
beiden Thyrsen am Rande auf dieVerehrung des Bacchus deuten. Diese geschlossene Composition könnte,
in eine Linienzeichnung übersetzt, sogleich als Zierblatt eines Codex Verwendung finden. E. G.Visconti
hat eine Ära der Villa Borghese, die sich jetzt im Louvre befindet, sowie die übrigen Antiken jener
Sammlung in Umrissen stechen lassen. Diesen Stich wiederholt unsere Fig. io.1 Es ist wieder ein
Kranz in der Mitte aus Aehren, darüber der Adler und zur Seite Aehrenbüschel. Visconti erklärt sie
für die vereinigten Abzeichen des Jupiter und der Ceres. Aus dieser zufälligen modernen Uebertragung

Fig. io.

in Linien sieht man, dass von jenen antiken Compositionen zu unseren Zierblättern kein weiter Weg
war; es war nichts weiter nöthig als die paganen Symbole mit christlichen zu vertauschen. Doch war
auch diese leichte Aufgabe nicht unseren Zeichnern zugefallen sondern das war schon früher von christ-
lichen Steinmetzen besorgt worden, die für Sarkophagseiten, Grabsteine und anderen Gebrauch einfach
die Compositionen beibehielten, welche sie auf den antiken Altären auszuhauen gewohnt waren, nichts
an deren Gesammtheit ändernd sondern nur an den einzelnen Symbolen. Auf koptischen Grabplatten

Fig. 14. Fig. 15.

des 4. Jahrhunderts begegnet uns fast regelmässig dieselbe Composition, ein grosser Kranz, in dessen
Mitte das Kreuz, meist die Crux monogrammatica; von dem Kranze Schleifen wehend und darunter
eine Taube mit ausgebreiteten Flügeln,2 so wie auf der Ära im Louvre der Adler über dem Kranze sitzt.
Wie im Osten so im Westen. Fig. n und 12 geben zwei Sarkophagschmalseiten nach Zeichnung von
Ch. Rohault de Fleury,3 die eine aus St. Severin in Bordeaux, die andere aus Moisac. Sie hätten unseren
Zeichnern als inspirirende Vorbilder dienen können. Das Einzige, worin diese christlichen Compositionen

1 E. G. Visconti, Sculture del Palazzo della Villa Borghese, Part. 1, Roma MDCCXCVI, Stanza III, Nr. 14.

2 Memoires publies par les membres de la mission archeologique francaise au Caire. Tome troisieme, 3e Fascicule:
Les monuments coptes du musec de Boulaq, par AI. Gayet. PI. XXII, Fig. 37; PI. XXXIV, Fig. 46; PI. XXXV, Fig. 47;
PI. XXXVI, Fig. 49; PI. XXXVII, Fig. 50; PL XL, Fig. 55; PL XLI, Fig. 56; PL XLII, Fig. 57; PI. XLVI, Fig. 62; PL XLIII, Fig. 64;
Pl.L, Fig. 66; P1.LVH, Fig.73; PL LVIII, Fig. 74; PL LIX, Fig. 75; PL LX, Fig. 76; PL LXI, Fig. 77; PL LXIX, Fig. 87 bis.

3 Ch. Rohault de Fleury, La messe, Vol. 6, PL DXIV und Vol. 5, PI. CCCCIX.
 
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