Dr. Julius von Schlosser.
in den Reichsfarben (Schwarz-Gelb) auf dem Haupte, einzeln und paarweise. Einmal
trägt er jedoch (Wb., I, fol. 233'), als halbe Figur aus einem Blumenkelche wachsend,
zwei Wappenschilder, in deren einem sich der Eisvogel, im anderen die Schleife
befindet. Er schwingt aber auch Kübel und Quast, hält die Devise und den Eisvogel
und erscheint endlich in freiem Spiel der Laune im Kampf mit einem Genossen, ja
selbst mit dem böhmischen Löwen, der, den Kopf mit dem gekrönten Reichshelm be-
deckt, auf ihn losspringt. Ja einmal hat er sich sogar im E gefangen und sitzt König
Wenzel, der sich in gleicher Lage im Monogramm WE befindet, gegenüber. Auch
zwei Waldfräulein kommen vor (Wb., II, fol. 98), ähnlich wie die wilden Männer aber
deutlich mit weiblichem Haarschmucke gebildet und an einer Ranke emporkletternd.
Diese Figuren sind jedoch nicht die einzigen Gegenstände der Drolerien. Namentlich auf den
Titelblättern der Handschrift finden wir allerlei Gethier: Vögel und Affen, die Wappenthiere: Löwe
und Adler (auch als Wappenhalter dargestellt), Hirsche, einen sehr schönen schlanken Reiher (Wb., III,
fol. 87"), dann phantastische Thier- und Menschengestalten aller Art, Greifen, Drachen, Thier-
menschen etc. Genrehaften Charakter trägt eine kleine Figur in bäuerlichem Ge-
wände mit Kapuze, die mit dem Bademädchen zusammen gruppirt ist (Wb., III,
fol. 40'). Einmal kommt, wie ein Nachklang aus frühmittelalterlicher Zeit, Simson mit
dem Löwen als Randverzierung vor (Wb., I, fol. 56').
ie schon aus dem Vorhergehenden zu ersehen ist, bilden die beiden oft genannten Buch-
staben W und E allenthalben einen Grundaccord der Darstellung. Sie erscheinen einzeln
und als Monogramm verschlungen (einfach dadurch bewirkt, dass sich eine Ranke durch
die beiden ersten Schäfte des W schlingt und so das E bildet), sehr häufig mit heraldischen Flügen
oder gekrönt, als Streumuster ganze Seiten übersäend. Dass das W sowohl einzeln als auch im Mono-
gramm mit der königlichen Krone darüber (Wb., I, fol. 120', mit der Kaiserkrone) vorkommt, bestätigt
nur unsere oben gegebene Deutung auf Wenzel; auffallend ist
aber, dass sich auch das E allein, gekrönt (mehrere Male sogar
mit der kaiserlichen Tiara, z. B. Wb., I, fol. 58) findet. Wb., II,
fol. 41 endet die Krone wie in ein Nest, in welchem fünf Peli-
kane, sich die Brust aufreissend, stehen. Wb., II, fol. 186' balancirt
ein Reiher (und ihm gegenüber der Eisvogel) dieses E im Schnabel;
auf fol. 64' des III. Bandes steckt das E im Kübel. Aber auch als
Muster sowohl der Kleider, wie wir schon oben gesehen haben,
als auch namentlich als Tapetenmuster in den Hintergründen der
Miniaturen und Initialen treten diese Buchstaben ausserordent-
lich häufig in allen Handschriften auf, in Rauten gestellt und mit
dem Reichsadler und dem Eisvogel in der Schleife wechselnd. (Ein
schönes Beispiel in der Wiener astronomischen Handschrift.)
Eine sehr bemerkenswerthe Ausnahme findet sich jedoch in
einer der alten ursprünglichen Initialen des Münchener Avennares.
Hier steht unter dem W ein deutliches O, beide mit Flügen.
Das W kommt einmal (Wb., II, fol. 48'), gleichsam als Sym-
bol der figürlichen Darstellung, von einer Kette umschlungen vor.
Im Willehalm (fol. 2) trägt die Bademagd das E gestickt auf
einer Art Tasche, die ihr vom Gürtel herabhängt; in der Wiener
astronomischen Handschrift hat sie das Monogramm WE wie einen
Schmuckgegenstand an einer Kette um den Hals hängen.
Ich erwähne zum Schlüsse, dass die Lesung des Buch-
stabens E vollkommen sichergestellt ist, namentlich durch das
Vorkommen eines deutlichen versalen €( im Willehalm (fol. 200').
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in den Reichsfarben (Schwarz-Gelb) auf dem Haupte, einzeln und paarweise. Einmal
trägt er jedoch (Wb., I, fol. 233'), als halbe Figur aus einem Blumenkelche wachsend,
zwei Wappenschilder, in deren einem sich der Eisvogel, im anderen die Schleife
befindet. Er schwingt aber auch Kübel und Quast, hält die Devise und den Eisvogel
und erscheint endlich in freiem Spiel der Laune im Kampf mit einem Genossen, ja
selbst mit dem böhmischen Löwen, der, den Kopf mit dem gekrönten Reichshelm be-
deckt, auf ihn losspringt. Ja einmal hat er sich sogar im E gefangen und sitzt König
Wenzel, der sich in gleicher Lage im Monogramm WE befindet, gegenüber. Auch
zwei Waldfräulein kommen vor (Wb., II, fol. 98), ähnlich wie die wilden Männer aber
deutlich mit weiblichem Haarschmucke gebildet und an einer Ranke emporkletternd.
Diese Figuren sind jedoch nicht die einzigen Gegenstände der Drolerien. Namentlich auf den
Titelblättern der Handschrift finden wir allerlei Gethier: Vögel und Affen, die Wappenthiere: Löwe
und Adler (auch als Wappenhalter dargestellt), Hirsche, einen sehr schönen schlanken Reiher (Wb., III,
fol. 87"), dann phantastische Thier- und Menschengestalten aller Art, Greifen, Drachen, Thier-
menschen etc. Genrehaften Charakter trägt eine kleine Figur in bäuerlichem Ge-
wände mit Kapuze, die mit dem Bademädchen zusammen gruppirt ist (Wb., III,
fol. 40'). Einmal kommt, wie ein Nachklang aus frühmittelalterlicher Zeit, Simson mit
dem Löwen als Randverzierung vor (Wb., I, fol. 56').
ie schon aus dem Vorhergehenden zu ersehen ist, bilden die beiden oft genannten Buch-
staben W und E allenthalben einen Grundaccord der Darstellung. Sie erscheinen einzeln
und als Monogramm verschlungen (einfach dadurch bewirkt, dass sich eine Ranke durch
die beiden ersten Schäfte des W schlingt und so das E bildet), sehr häufig mit heraldischen Flügen
oder gekrönt, als Streumuster ganze Seiten übersäend. Dass das W sowohl einzeln als auch im Mono-
gramm mit der königlichen Krone darüber (Wb., I, fol. 120', mit der Kaiserkrone) vorkommt, bestätigt
nur unsere oben gegebene Deutung auf Wenzel; auffallend ist
aber, dass sich auch das E allein, gekrönt (mehrere Male sogar
mit der kaiserlichen Tiara, z. B. Wb., I, fol. 58) findet. Wb., II,
fol. 41 endet die Krone wie in ein Nest, in welchem fünf Peli-
kane, sich die Brust aufreissend, stehen. Wb., II, fol. 186' balancirt
ein Reiher (und ihm gegenüber der Eisvogel) dieses E im Schnabel;
auf fol. 64' des III. Bandes steckt das E im Kübel. Aber auch als
Muster sowohl der Kleider, wie wir schon oben gesehen haben,
als auch namentlich als Tapetenmuster in den Hintergründen der
Miniaturen und Initialen treten diese Buchstaben ausserordent-
lich häufig in allen Handschriften auf, in Rauten gestellt und mit
dem Reichsadler und dem Eisvogel in der Schleife wechselnd. (Ein
schönes Beispiel in der Wiener astronomischen Handschrift.)
Eine sehr bemerkenswerthe Ausnahme findet sich jedoch in
einer der alten ursprünglichen Initialen des Münchener Avennares.
Hier steht unter dem W ein deutliches O, beide mit Flügen.
Das W kommt einmal (Wb., II, fol. 48'), gleichsam als Sym-
bol der figürlichen Darstellung, von einer Kette umschlungen vor.
Im Willehalm (fol. 2) trägt die Bademagd das E gestickt auf
einer Art Tasche, die ihr vom Gürtel herabhängt; in der Wiener
astronomischen Handschrift hat sie das Monogramm WE wie einen
Schmuckgegenstand an einer Kette um den Hals hängen.
Ich erwähne zum Schlüsse, dass die Lesung des Buch-
stabens E vollkommen sichergestellt ist, namentlich durch das
Vorkommen eines deutlichen versalen €( im Willehalm (fol. 200').
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