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Dr. Julius von Schlosser.
und ebenda fol. 41 hält eine bartlose jugendliche Figur in modischem Kleide, im
E-Block gefangen (vielleicht doch auch Wenzel vorstellend?), folgendes Schriftband:
. . . not dy cunig.1
Es sind indessen nicht blos die Handschriften, in welchen diese Allegorien und
Symbole — als solche können wir sie vorausgreifend bezeichnen — vorkommen,
wir treffen sie auch an anderen, selbst an öffentlichen
/ \k Denkmälern in einer Weise, dass wir namentlich den
Eisvogel in der Schleife geradezu als ein Symbol Wenzels
auffassen können.
Zunächst findet sich eben dieses Symbol an einem
Gegenstand, der noch in naher Beziehung zu den Codices
steht. Es ist dies der in Lederbrandtechnik hergestellte
Einband des Liber contractuum domorum im Prager
Stadtarchive Nr. 996, eines Protokollbuches, welches im
Jahre 1400, also unter Wenzel, angelegt worden ist.2 Der
Vorderdeckel zeigt oben den Eisvogel in der Schleife,
unten den Reichsadler in Ranken; die Rückseite den
böhmischen Löwen und nochmals den Adler.
Das merkwürdigste hiehergehörige Denkmal ist aber
jedenfalls die Gewölbemalerei in der Durchfahrt des Alt-
städter Brückenthurmes, der bekanntlich von Karl IV.
begonnen, von Wenzel beendet wurde. Sie war bis auf
wenige Reste vollständig verblichen — keine der alten
Beschreibungen Prags thut ihrer meines Wissens Erwäh-
nung — und wurde daher in den Siebzigerjahren einer
vollständigen Restauration unterzogen, wobei man sich jedoch, wie mir von Seite
der Fachmänner, welchen die Leitung dieser Arbeit anvertraut war, versichert
wird,3 streng an die ursprüngliche noch leidlich erkennbare Composition hielt und
nur für das Detail die Muster aus der Wenzelsbibel benützte.
Diese Fresken sind derart in die gothi-
schen Rippen des Gewölbes eingeordnet, dass
rechts und links vom Schlussstein das deutsche
und böhmische Wappen, in den anstossenden
Compartimenten je ein Paar Eisvögel in der
Schleife (im Ganzen acht) und in den dazwischen
befindlichen Dreiecksfeldern jederseits das alte
Wappen der Altstadt sichtbar ist. Die Stich-
kappen zeigen viermal die Bademagd. Ueber
den beiden Eingangsbögen befindet sich auf der einen Seite die vera icon, von zwei
Engeln getragen, gegenüber das moderne Wappen von Prag.
Nicht weniger merkwürdig sind die Aussenwände des Thurmes. Hier be-
finden sich an der Stadtseite, in ziemlich rohem Relief ausgemeisselt, vier symme-
trisch angeordnete Eisvögel in Schleifen. Auch an der Brückenseite waren sie
/
1 Leider ist das vorhergehende (u. e. etlich?) unleserlich. Ich gebe das Spruchband in dop-
pelter Vergrösserung hier wieder.
2 fol. 1. A. D. MDCCCC . . . inchoatus est liber istc post combustionem scribae dominorum et librorum ibidem con-
sistentium.
'} Vgl. auch das Statistische Handbüchlein der königlichen Hauptstadt Prag für das Jahr 1878, Prag 1880, S. 123.
Dr. Julius von Schlosser.
und ebenda fol. 41 hält eine bartlose jugendliche Figur in modischem Kleide, im
E-Block gefangen (vielleicht doch auch Wenzel vorstellend?), folgendes Schriftband:
. . . not dy cunig.1
Es sind indessen nicht blos die Handschriften, in welchen diese Allegorien und
Symbole — als solche können wir sie vorausgreifend bezeichnen — vorkommen,
wir treffen sie auch an anderen, selbst an öffentlichen
/ \k Denkmälern in einer Weise, dass wir namentlich den
Eisvogel in der Schleife geradezu als ein Symbol Wenzels
auffassen können.
Zunächst findet sich eben dieses Symbol an einem
Gegenstand, der noch in naher Beziehung zu den Codices
steht. Es ist dies der in Lederbrandtechnik hergestellte
Einband des Liber contractuum domorum im Prager
Stadtarchive Nr. 996, eines Protokollbuches, welches im
Jahre 1400, also unter Wenzel, angelegt worden ist.2 Der
Vorderdeckel zeigt oben den Eisvogel in der Schleife,
unten den Reichsadler in Ranken; die Rückseite den
böhmischen Löwen und nochmals den Adler.
Das merkwürdigste hiehergehörige Denkmal ist aber
jedenfalls die Gewölbemalerei in der Durchfahrt des Alt-
städter Brückenthurmes, der bekanntlich von Karl IV.
begonnen, von Wenzel beendet wurde. Sie war bis auf
wenige Reste vollständig verblichen — keine der alten
Beschreibungen Prags thut ihrer meines Wissens Erwäh-
nung — und wurde daher in den Siebzigerjahren einer
vollständigen Restauration unterzogen, wobei man sich jedoch, wie mir von Seite
der Fachmänner, welchen die Leitung dieser Arbeit anvertraut war, versichert
wird,3 streng an die ursprüngliche noch leidlich erkennbare Composition hielt und
nur für das Detail die Muster aus der Wenzelsbibel benützte.
Diese Fresken sind derart in die gothi-
schen Rippen des Gewölbes eingeordnet, dass
rechts und links vom Schlussstein das deutsche
und böhmische Wappen, in den anstossenden
Compartimenten je ein Paar Eisvögel in der
Schleife (im Ganzen acht) und in den dazwischen
befindlichen Dreiecksfeldern jederseits das alte
Wappen der Altstadt sichtbar ist. Die Stich-
kappen zeigen viermal die Bademagd. Ueber
den beiden Eingangsbögen befindet sich auf der einen Seite die vera icon, von zwei
Engeln getragen, gegenüber das moderne Wappen von Prag.
Nicht weniger merkwürdig sind die Aussenwände des Thurmes. Hier be-
finden sich an der Stadtseite, in ziemlich rohem Relief ausgemeisselt, vier symme-
trisch angeordnete Eisvögel in Schleifen. Auch an der Brückenseite waren sie
/
1 Leider ist das vorhergehende (u. e. etlich?) unleserlich. Ich gebe das Spruchband in dop-
pelter Vergrösserung hier wieder.
2 fol. 1. A. D. MDCCCC . . . inchoatus est liber istc post combustionem scribae dominorum et librorum ibidem con-
sistentium.
'} Vgl. auch das Statistische Handbüchlein der königlichen Hauptstadt Prag für das Jahr 1878, Prag 1880, S. 123.