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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 14.1893

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I. Theil: Abhandlungen
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Schlosser, Julius von: Die Bilderhandschriften Königs Wenzel I.
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https://doi.org/10.11588/diglit.5885#0309
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28o

Dr. Julius von Schlosser.

dort bildet auch der noeud d'amour ein auf Kunstwerken häufig vorkommendes Symbol. Das Haus
Bourbon führte als Emblem ein verschlungenes P und A (auf die Hochzeit Peters von Bourbon mit
Anna, Tochter Ludwig XL, bezüglich) innerhalb eines Liebesknotens, wie alte Gobelins im Louvre
zeigen.1 Auf Anna von der Bretagne werden die laqs d'amour (Liebesseile), ein heraldisches Bei-
zeichen, welches den Witwenstand bezeichnen und von der Cordeliere, dem Franziskanerstrick her-
kommen soll, zurückgeführt.2 Sie finden sich z. B. in den Randverzierungen des im XII. Bande dieses
Jahrbuches publicirten Officium b. Mariae virginis sowie auf einer noch zu erwähnenden Medaille auf
Philibert von Savoyen und Margaretha von Oesterreich. Auch die Schleifen an der Satteldecke Kaisers
Maximilian I. in einem schönen Relief von Hans Daucher (im Besitze v. Lannas' in Prag), welche eine
ganz ähnliche Form wie jene der Wenzelsbibel haben, gehören vielleicht hieher.

Nach alledem trage ich kein Bedenken, auch die in unserer Handschriftengruppe so bedeutsam
auftretende Figur der Schärpe des Bademädchens mit ihrem schön geschlungenen Knoten symbolisch,
als nceud d'amour, zu deuten. Die Darstellung fügt sich dann ganz passend in den erotischen Kreis der
Bilder. Auch dass Wenzel zuweilen die Schleife wie der Ritter beim Turniere das Pfand seiner Dame
(namentlich den Handschuh,3 vgl. den altfranzösischen Roman: Le Chevalier ä la manche, Hist. litt, de la
France XXX, 121 f.) trägt, bestärkt in dieser Vermuthung.

Vielleicht ist sogar ihre Farbe nicht ohne Bedeutung. Sie ist gewöhnlich, auch wenn sie rein
ornamental verwendet und ausgeschmückt ist, blau, in einer Farbe also, welche schon im Mittelalter
als die der »Stätigkeit« der Treue, galt. In einem altdeutschen Gedichte »Von den Farben« in Lass-
berg's Liedersaal I, 26 wird die symbolische Bedeutung derselben erörtert:

nu sag mir wie gefeit dir der funt
dez man nu phlig durch alli lant,
Vnd man mit rocken tut bekant
Iglicher gen sin hertzens frowen
Wie sy sich lasent schowen
Vnd wie sy gen jr amyen sint gemut
Blau mainet vil licht stättikeit
wann wer dar jn ist bekleit
Dem zimpt wol daz er stät sy.
Wem hertze lieb wonnet by
Der zieche sich in blawen orden
fru an dem morgen.

So erscheint auch in dem Gedichte »Der Wiedertail« (ebenda 1S0) die Be-
ständigkeit im blauen wie die Minne im rothen Kleide.

An den Knoten reiht sich die Kette, die ja auch in unseren Handschriften
eine bedeutende Rolle spielt.*

Carm. Bur. 50, 17:

forma tua fulgida
tunc me catenavit.

1 Ferrario, Romanzi di cavalleria, Milano 1828, II, p. 123.

2 Wattenbach, Schriftwesen, S. 335. Freiherr von Hess-Diller in diesem Jahrbuche, Bd. XII, S. 293.

3 Ucbrigens gilt auch die Schärpe als Turnierpfand. Ferrario a. a. O. II, 89.

4 Schon die antiken Elegiker gebrauchen dieses Bild. Tibulli carm. L. II, 4, v. 1 ff.:

Hic mihi servitium video dominamque paratam

iam mihi, libertas illa paterna, vale.
Servitium sed triste datur teneorque catenis

et numquam misero vincla remittit Amor.

L. IV, 5, v. 15 (Sulpicia an Cerinthus):

sed potius valida teneamur uterquc catena
nulla queat posthac nos soluisse dies.
 
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