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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 14.1893

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I. Theil: Abhandlungen
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Schlosser, Julius von: Die Bilderhandschriften Königs Wenzel I.
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https://doi.org/10.11588/diglit.5885#0313
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Dr. Julius von Schlosser.

welches Frau Venus auf einem auf allen Vieren gehenden wilden Mann reitend zeigt. Die Schmal-
seite weist einen Kampf zwischen zwei solchen behaarten Rüpeln auf, einen Gegenstand, der sich ja des
Oefteren auch in der Wenzelsbibel findet. Der zu Grunde liegende Gedanke, welcher bewirkt hat, dass
diese phantastischen Gebilde in den erotischen Kreis Eingang fanden, ist leicht zu durchschauen: es ist
die Macht der Liebe, welche auch das Thier und den Halbmenschen bezwingt; dasselbe Motiv, nur in
echt mittelalterlicher Weise behandelt, welches uns die schöne Gemme des Protarchos, Eros auf dem
Löwen reitend und ihn durch seine Leier bändigend, der Empfindung der Antike gemäss vor Augen
führt. Es scheint die gleiche Bedeutung zu haben, wenn die Bademagd in der Wenzelsbibel auf einem
kriechenden wilden Mann (vol. I, fol. 150') oder, wie schon erwähnt, auf phantastischen Thieren reitend
vorkommt.

Dass der Name der Geliebten, welchen zu nennen in der höfischen Poesie ja für unschicklich galt,
nur mit dem Anfangsbuchstaben bezeichnet wurde, dafür haben wir manche Beispiele bei den mittel-
alterlichen Dichtern.

In einem Gedichte in Lassberg's Liedersaal (Nr. 46, v. 3) heisst es:

Disz klag tun ich umb ain G,
Nach dem ich trag liebliches we.

Ebenda, Nr. 261:

Ich han in meinem herzen begraben

Ain E für al buochstaben

Ir aigen bin ich vnd niemantz me.

Auch Oswald von Wolkenstein feiert seine »Gret«, Margarethe von Schwangau, unter ihren
Initialen M und G (Uebersetzung von L. Passarge, Nr. 49 und 50). Das Monogramm mit den Initialen
des Liebes- oder Ehepaares ist im 15. Jahrhundert nicht selten. Das Monogramm Peters von Bourbon
 
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