Die Bilderhandschriften Königs Wenzel I.
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wider ihre ehrliche Dienste zu reden. Däfern aber jemands ihnen oder ihrem ehrlichen und
reinlichen Handtwercke zu Nachtheil und Verkleinerung etwas muthwillig reden würde, der-
selben jeglicher solte ohn alle Gnade in des gegenwärtigen oder zukünfftigen Königs von
Böhmen Zorn und Ungnade fallen, seines Kopffs verlustig und alles sein beweglich und un-
beweglich Gut von Rechtswegen an die Aeltisten des Bader-Handwercks, so dazumal seyn
würden, verfällig seyn (sie!), welches sie an ihres Handwercks gemeinen Nutz und Frommen
anzuwenden schuldig seyn solten. Daneben hat ihnen gemeldter König aus Gnaden verliehen,
dass sie sich allesamt dieses Wapens gebrauchen solten, als nemlich: In einem güldenen Schilde
eine blaufarb knotenweise gebundene Binden führen, darinnen in der mitten ein
grüner Papagei (sie!) stehen solle. Dessen allen zu Zeugnuss hat der König zu diesem Brieff
seine Majestät in weissem Wachse mit eigener Hand angehengt und auf rothem Wachse sein
Secret, darinnen eine Baderin im Bade-Kittel, welche am lincken Arm einen Wasser-Kübel
hengende und in der rechten Hand einen grünen Quast hält, ausgegraben, aufgedrückt etc.«1
Dieser anmuthig und naiv erzählte Bericht trägt in seiner romanhaften Ausschmückung
augenscheinlich sagenhaftes Gepräge. Schon die älteren böhmischen Geschichtsschreiber,
Pelzel (Lebensgeschichte Königs Wenceslaus, Prag 1788, I, 291 f.) und Palacky (Würdi-
gung der alten böhmischen Geschichtsschreiber, Prag i83o, S. 273), haben dies erkannt
und die Erzählung in das Reich der Fabel verwiesen. In neuerer Zeit hat dann Horc"i£ka
(Mittheil, des Inst. f. österr. Geschichtsforsch. I, 107 f.) den Ursprung des Berichtes aufzu-
klären versucht. Er meint, Häjek habe seine Erzählung aus den Bildern der Wenzels-
bibel heraus erfunden; seine Argumentation ist aber zum Theile höchst abenteuerlicher Art,
wie denn der Aufsatz überhaupt manche Unrichtigkeiten enthält. Das Costüm der Figuren
stimme ganz mit der Beschreibung des Zustandes überein, in welchem der König und die Magd
vor der Burg ankommen (aber Wenzel ist doch noch viel öfter reich gekleidet dargestellt;
selbst die Bademagd kommt, wie wir gesehen haben, in anderem als ihrem charakteristischen
Gewände vor: das Costüm ergibt sich in der Sage wie im Bilde eben aus der Situation),
ie Erzählung von der Gefangenschaft Wenzels sei durch den Block und die Ketten
veranlasst worden; in den wilden Männern habe Häjek die »Diener der Gerechtigkeit
erblickt, die den König in das Bad geleiten« (!); die Darstellung eines Botes im Wille-
halm (fol. 223) habe den Kahn geliefert (!!). Selbst den Namen Susanna soll Häjek
aus der Sigle E, die er mit einem gothischen f verwechselt habe, erfunden haben. Eine ernst-
liche Widerlegung dieser Behauptungen lohnt sich kaum der Mühe; es ist aber noch ausser-
dem darauf hinzuweisen, dass sich die Wenzelsbibel mit den übrigen Handschriften seit dem
Beginne des 15. Jahrhunderts im Besitze des Hauses Habsburg befand und auch Ferdinand I.
diese ungefügen Bände schwerlich aus Wien oder Neustadt wieder zurück nach Böhmen genom-
men haben wird. Als kaiserliches Besitzthum waren sie gewiss auch nicht so leicht zugänglich
und Häjek, welcher erst gegen sein Lebensende (f ig. März 1553) in eine angesehenere Stel-
lung als Propst zu Altbunzlau kam, wird sie kaum jemals eingesehen haben. Wäre dieses der
Fall, so möchte es doch gerechtes Befremden erregen, dass er niemals die Malereien dieser
Handschriften, welche seiner Erzählung eine so kräftige Stütze geben, erwähnt hätte.
Denn es geht doch nicht an, einen Schriftsteller ohne Weiteres der Fälschung
zu zeihen. Viel wahrscheinlicher ist ein anderes Verhältniss. Wir wissen aus einem
bei Palacky (a. a. O.) abgedruckten Briefe des Chronisten an den Burggrafen von
Königgrätz, dass Häjek eifrig den alten Sagen des Volkes nachspürte. Er schreibt:
»inquiri diligenter facias de areibus dirutis et desertis, quarum magnus nu-
merus est in Regino-Hradecensi provincia. Et quamquam vix aliqua docu-
menta ibi reperientur, faciat tarnen tua prudentia, ut convocentur maxime
1 Diese Urkunde auch in Goldast's Reichstagssatzungen, Hanau 1609, II, 82.
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wider ihre ehrliche Dienste zu reden. Däfern aber jemands ihnen oder ihrem ehrlichen und
reinlichen Handtwercke zu Nachtheil und Verkleinerung etwas muthwillig reden würde, der-
selben jeglicher solte ohn alle Gnade in des gegenwärtigen oder zukünfftigen Königs von
Böhmen Zorn und Ungnade fallen, seines Kopffs verlustig und alles sein beweglich und un-
beweglich Gut von Rechtswegen an die Aeltisten des Bader-Handwercks, so dazumal seyn
würden, verfällig seyn (sie!), welches sie an ihres Handwercks gemeinen Nutz und Frommen
anzuwenden schuldig seyn solten. Daneben hat ihnen gemeldter König aus Gnaden verliehen,
dass sie sich allesamt dieses Wapens gebrauchen solten, als nemlich: In einem güldenen Schilde
eine blaufarb knotenweise gebundene Binden führen, darinnen in der mitten ein
grüner Papagei (sie!) stehen solle. Dessen allen zu Zeugnuss hat der König zu diesem Brieff
seine Majestät in weissem Wachse mit eigener Hand angehengt und auf rothem Wachse sein
Secret, darinnen eine Baderin im Bade-Kittel, welche am lincken Arm einen Wasser-Kübel
hengende und in der rechten Hand einen grünen Quast hält, ausgegraben, aufgedrückt etc.«1
Dieser anmuthig und naiv erzählte Bericht trägt in seiner romanhaften Ausschmückung
augenscheinlich sagenhaftes Gepräge. Schon die älteren böhmischen Geschichtsschreiber,
Pelzel (Lebensgeschichte Königs Wenceslaus, Prag 1788, I, 291 f.) und Palacky (Würdi-
gung der alten böhmischen Geschichtsschreiber, Prag i83o, S. 273), haben dies erkannt
und die Erzählung in das Reich der Fabel verwiesen. In neuerer Zeit hat dann Horc"i£ka
(Mittheil, des Inst. f. österr. Geschichtsforsch. I, 107 f.) den Ursprung des Berichtes aufzu-
klären versucht. Er meint, Häjek habe seine Erzählung aus den Bildern der Wenzels-
bibel heraus erfunden; seine Argumentation ist aber zum Theile höchst abenteuerlicher Art,
wie denn der Aufsatz überhaupt manche Unrichtigkeiten enthält. Das Costüm der Figuren
stimme ganz mit der Beschreibung des Zustandes überein, in welchem der König und die Magd
vor der Burg ankommen (aber Wenzel ist doch noch viel öfter reich gekleidet dargestellt;
selbst die Bademagd kommt, wie wir gesehen haben, in anderem als ihrem charakteristischen
Gewände vor: das Costüm ergibt sich in der Sage wie im Bilde eben aus der Situation),
ie Erzählung von der Gefangenschaft Wenzels sei durch den Block und die Ketten
veranlasst worden; in den wilden Männern habe Häjek die »Diener der Gerechtigkeit
erblickt, die den König in das Bad geleiten« (!); die Darstellung eines Botes im Wille-
halm (fol. 223) habe den Kahn geliefert (!!). Selbst den Namen Susanna soll Häjek
aus der Sigle E, die er mit einem gothischen f verwechselt habe, erfunden haben. Eine ernst-
liche Widerlegung dieser Behauptungen lohnt sich kaum der Mühe; es ist aber noch ausser-
dem darauf hinzuweisen, dass sich die Wenzelsbibel mit den übrigen Handschriften seit dem
Beginne des 15. Jahrhunderts im Besitze des Hauses Habsburg befand und auch Ferdinand I.
diese ungefügen Bände schwerlich aus Wien oder Neustadt wieder zurück nach Böhmen genom-
men haben wird. Als kaiserliches Besitzthum waren sie gewiss auch nicht so leicht zugänglich
und Häjek, welcher erst gegen sein Lebensende (f ig. März 1553) in eine angesehenere Stel-
lung als Propst zu Altbunzlau kam, wird sie kaum jemals eingesehen haben. Wäre dieses der
Fall, so möchte es doch gerechtes Befremden erregen, dass er niemals die Malereien dieser
Handschriften, welche seiner Erzählung eine so kräftige Stütze geben, erwähnt hätte.
Denn es geht doch nicht an, einen Schriftsteller ohne Weiteres der Fälschung
zu zeihen. Viel wahrscheinlicher ist ein anderes Verhältniss. Wir wissen aus einem
bei Palacky (a. a. O.) abgedruckten Briefe des Chronisten an den Burggrafen von
Königgrätz, dass Häjek eifrig den alten Sagen des Volkes nachspürte. Er schreibt:
»inquiri diligenter facias de areibus dirutis et desertis, quarum magnus nu-
merus est in Regino-Hradecensi provincia. Et quamquam vix aliqua docu-
menta ibi reperientur, faciat tarnen tua prudentia, ut convocentur maxime
1 Diese Urkunde auch in Goldast's Reichstagssatzungen, Hanau 1609, II, 82.
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