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Dr. Julius von Schlosser.
Jehan duc de Berry suis, ce de verite saige
Qui en tenant prison et pour mon pere ostaige,
Le roy Jehan, qui estoit es mains des Anglois pris,
Je fu si ardamment d'estre amoureux espris
D'une dame Englaische (Anglaise) servante au dieu d'Amours,
Que vaincu me senty par ses gracieux tours.
Pour eile prins ung mot, et mis soubz mon escu
Le cygne blanc navre. Autre mot puis n'y fu.
En ses lyens me tint, dont je ne peu partir,
Et lors me commanda le dieu d'Amours venir
Moy rendre son subget avec ceulx qui y sont
Apportant mon blazon, comme les autres font.
(Oeuvres completes du roi Rene, ed. du comte Quatrebarbes,
t. Iii, p. 117. Angers 1846.)
In der dazu gehörigen Miniatur sieht man auf einem Schwibbogen das Lilienwappen, gehalten
von Bär und Schwan (Abbild. Nr. 17 bei Quatrebarbes).
Froissart berichtet uns allerdings, dass Jean de Berri die Absicht hatte, seine Cousine Katharina
von Lancaster zu heiraten (Oeuvres, t. XIII, 110—116). Dieser Plan zerschlug sich aber und er führte
Jeanne d'Auvergne heim.
Ganz ähnlich wie Wenzel hat auch Herzog Johann seine Symbole nicht nur in seinen Miniatur-
handschriften sondern auch auf anderen Kunstwerken anbringen lassen. So sah man noch im 17. Jahr-
hundert in dem von ihm umgebauten Schloss Concressault das Lilienwappen mit den gewöhnlichen
Wappenhaltern, Bär und Schwan; unter den Glasfenstern der von ihm erbauten Sainte Chapelle in
Bourges findet man an fast allen Ornamenten die Devise: »Le temps vendra.« Um 1450 Hess Karl VII.
von Frankreich seinem Oheim ein Grabmal in der Kathedrale von Bourges errichten; auf dem Saume
des Herzogsmantels sowie auf dem Piedestal sind die Embleme und die Devise ornamental angebracht."
Als ein Gegenstück zu dem Bilderrebus: Ours-Cygne möchte ich noch ein Beispiel, freilich späterer
Zeit, anführen. Margaretha von Oesterreich, die spätere Regentin der Niederlande (f i53o), gebrauchte
als Symbol ihres Namens die Marguerite, das Massliebchen, welches sich als Streumuster sowohl in
einem Miniaturcodex der Hofbibliothek2 als auch auf ihrer Vermählungsmedaille mit Philibert von Sa-
voien (von Märende, ein Exemplar im Wiener Hofmuseum, Saal XV, Schautisch V, Tafel VIII, Nr. 3)
findet. Es ist dies aus der Heraldik übernommen: die »redenden« Wappen sind ja uralt.
Die Sitte, Devisen in den Manuscripten anzubringen, ist namentlich in Frankreich sehr verbreitet.
So findet sich die Devise Philipp des Guten von Burgund: »Aultre n'auray« mit dem Herzogshut darüber
und einem doppelten E sehr häufig in den Bordüren der Chronik von Jerusalem (Hofbibl., Nr. 2533),
während König Rene den Spruch »Tant mieux« führt.3
1 Ich habe diese Notizen aus Raynal, Hist. du Berri, Bourges 1844, t. II, p. 409, gezogen.
2 Vgl. Jahrbuch IX, 442.
3 Lecoy de la Marche a. a. O.
Dr. Julius von Schlosser.
Jehan duc de Berry suis, ce de verite saige
Qui en tenant prison et pour mon pere ostaige,
Le roy Jehan, qui estoit es mains des Anglois pris,
Je fu si ardamment d'estre amoureux espris
D'une dame Englaische (Anglaise) servante au dieu d'Amours,
Que vaincu me senty par ses gracieux tours.
Pour eile prins ung mot, et mis soubz mon escu
Le cygne blanc navre. Autre mot puis n'y fu.
En ses lyens me tint, dont je ne peu partir,
Et lors me commanda le dieu d'Amours venir
Moy rendre son subget avec ceulx qui y sont
Apportant mon blazon, comme les autres font.
(Oeuvres completes du roi Rene, ed. du comte Quatrebarbes,
t. Iii, p. 117. Angers 1846.)
In der dazu gehörigen Miniatur sieht man auf einem Schwibbogen das Lilienwappen, gehalten
von Bär und Schwan (Abbild. Nr. 17 bei Quatrebarbes).
Froissart berichtet uns allerdings, dass Jean de Berri die Absicht hatte, seine Cousine Katharina
von Lancaster zu heiraten (Oeuvres, t. XIII, 110—116). Dieser Plan zerschlug sich aber und er führte
Jeanne d'Auvergne heim.
Ganz ähnlich wie Wenzel hat auch Herzog Johann seine Symbole nicht nur in seinen Miniatur-
handschriften sondern auch auf anderen Kunstwerken anbringen lassen. So sah man noch im 17. Jahr-
hundert in dem von ihm umgebauten Schloss Concressault das Lilienwappen mit den gewöhnlichen
Wappenhaltern, Bär und Schwan; unter den Glasfenstern der von ihm erbauten Sainte Chapelle in
Bourges findet man an fast allen Ornamenten die Devise: »Le temps vendra.« Um 1450 Hess Karl VII.
von Frankreich seinem Oheim ein Grabmal in der Kathedrale von Bourges errichten; auf dem Saume
des Herzogsmantels sowie auf dem Piedestal sind die Embleme und die Devise ornamental angebracht."
Als ein Gegenstück zu dem Bilderrebus: Ours-Cygne möchte ich noch ein Beispiel, freilich späterer
Zeit, anführen. Margaretha von Oesterreich, die spätere Regentin der Niederlande (f i53o), gebrauchte
als Symbol ihres Namens die Marguerite, das Massliebchen, welches sich als Streumuster sowohl in
einem Miniaturcodex der Hofbibliothek2 als auch auf ihrer Vermählungsmedaille mit Philibert von Sa-
voien (von Märende, ein Exemplar im Wiener Hofmuseum, Saal XV, Schautisch V, Tafel VIII, Nr. 3)
findet. Es ist dies aus der Heraldik übernommen: die »redenden« Wappen sind ja uralt.
Die Sitte, Devisen in den Manuscripten anzubringen, ist namentlich in Frankreich sehr verbreitet.
So findet sich die Devise Philipp des Guten von Burgund: »Aultre n'auray« mit dem Herzogshut darüber
und einem doppelten E sehr häufig in den Bordüren der Chronik von Jerusalem (Hofbibl., Nr. 2533),
während König Rene den Spruch »Tant mieux« führt.3
1 Ich habe diese Notizen aus Raynal, Hist. du Berri, Bourges 1844, t. II, p. 409, gezogen.
2 Vgl. Jahrbuch IX, 442.
3 Lecoy de la Marche a. a. O.