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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 14.1893

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II. Theil: Quellen zur Geschichte der kaiserlichen Haussammlungen und der Kunstbestrebungen des Allerdurchlauchtigsten Erzhauses
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Beer, Rudolf: Inventare aus dem Archivo del Palacio zu Madrid, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.5885#0441
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II

Inventare aus dem Archivo del Palacio zu Madrid.

hält dieser letzte Band das Inventar der Joyas Mar-
garitas (geb. i584 $u Graz, f %u Madrid 1611), Tochter
des Er^her^ogs Karl von Oesterreich und Marias von
Baiern und Gemahlin Philipp III.1 Dass der grösste
Theil der Kunstgegenstände aus Oesterreich kam, be-
weist einerseits die strenge Scheidung von dem spanischen
Besitze, andererseits auch das Inventar selbst, welches
Z- B. unter den Nippesachen goldene Schlitten mit nach-
gebildeten Figuren — Schlitten sind in Spanien fast
unbekannt — ferner Bilder der Brüder der Königin, end-
lich eine eigene Rubrik aufweist, in welcher nur Gegen-
stände aufgeführt werden, die eine bestimmte Persön-
lichkeit aus Deutschland brachte: piezas de plata dorada
. . . que trujo Gorge Reytamer de Alemania, p. 317.2

Das Inventar dürfte bald nach dem Tode der
Königin, und pvar 1613 abgefasst worden sein. Das
Studium desselben wird jedoch durch den Umstand
erschwert, dass dieser letzte Band der Collection uns
keineswegs in so klarer, sachlicher Gestalt entgegen-
tritt wie z- B. Band I und II. Auf 60 Blätter voll
Acten folgen in einzelnen Abtheilungen Betten, Bücher,
Geschmeide, dazwischen Bilder, Statuen, Reliefs wirr
durcheinander verzeichnet. Um die Schwierigkeiten
noch %u erhöhen, erscheint zum Schluss ein Index, der
^war schön sachlich geordnet ist und die Angaben der
betreffenden Folien in einem gewissen Inventar enthält;
doch eben dieses Verzeichniss, auf welches er sich bezieht,
konnte nicht aufgefunden werden: keine einzige An-
gabe stimmt mit den Rubriken im Bande V selbst.

Nun existirt zwar noch eine wohlgeordnete so-
genannte Copia duplicada desselben Inventars, aber
auch diese Copie stimmt weder mit Band V noch ent-
sprechen die Folien desselben den Angaben des er-
wähnten Index.

Nach längerem Vergleichen fiel mir auf, dass
einzelne Rubriken der Copia duplicada in der oberen
Ecke links Folionummern tragen, und eine Vergleichung
mit dem mehrfach genannten Index ergab, dass sowohl
dieser als auch die Eckzahlen der Copie auf ein und
dasselbe Inventar, wohl auf ein heute verschollenes Ori-
ginal, zurückgehen. Die Geschichte des Inventars Hesse
sich also graphisch etwa so darstellen:

Band Vder Sammlung »Felipe Hz

Copia duplicada

Band V ist spät eingebunden worden. Er besteht
aus ursprünglich sicher zerstreuten Theilen. Die Ttteile
a—h bilden Abtheilungen nach den Fonds der Ueber-

1 Bild derselben von Velaique\, Museo del Prado Nr. 106S.

2 Es sind Silberfiguren, Menschen, Pferde, Ziegen. Schweine
u. s. tv. darstellend.

bringer (Ante mi . . . entrego . . .) und nach diesem
wurde X sehr gut und übersichtlich geordnet und mit
einem Index versehen, von dem sich eine Abschrift
unter die Papiere des Band V verlor (i), beigebunden
wurde und heute natürlich nicht mit a—h correspondirt.
Dagegen entsprechen ihm die linken Eckzahlen der
Copia duplicada. Uebrigens ist die Copia durchaus
authentisch, da jeder Artikel die Unterschrift des Christo-
bal Ferroche, des aus dem Inventar Philipp II.
bekannten Schreibers, trägt. Aus diesem und den
bereits dargelegten inneren Gründen konnte also die
»Copia« mit voller Beruhigung als Grundlage unserer
Edition verwendet werden.

Kürzer können wir uns in der Besprechung der
beiden ersten, weitaus wichtigeren Bände des Inventars
fassen. Sie wurden im Nachfolgenden diplomatisch getreu
Zur Veröffentlichung gebracht und blieben nach dem
Programme des Jahrbuches nur jene Rubriken unberück-
sichtigt, welche keine Kunstgegenstände, also zumeist
nur Rohmaterial oder Gebrauchsgegenstände im gewöhn-
lichen Sinne des Wortes beschreiben. Desgleichen wur-
den die wiederkehrenden Marginalnotizen, welche nichts
weiter als Identitätsvermerke bei der Revision bedeuten,
in der Folge auch jene Documente weggelassen, welche
den stereotypen Schlusstheil eines jeden Absatzes, und
Zwar die officielle Beglaubigung des Inventarverfassers
gegenüber den Schatzverwahrern und beeideten Taxa-
toren bilden.

Wer das Inventar auch nur mit oberflächlichen
Blicken prüft, den wird es nicht Wunder nehmen, dass
bei der ungeheuren Masse des Materials die Anlage
des Werkes, welche naturgemäss von zahllosen Nach-
forschungen, Abschätzungen und amtlichen Aufnahmen
abhängig war, nahezu ein volles Jahrzehnt währte.

In dieser Beziehung hat fast jeder einzelne Theil
seine eigene Geschichte und es musste unsererseits dafür
Sorge getragen werden, die jeder Partie beigeschlossenen
Documente, obwohl sie die chronologische Folge unter-
brachen, nicht zu trennen sondern die planmässige An-
lage des Originals auch in dieser Richtung zu wahren.

Veranlassung zur ganzen Inventarisirung gab
bekanntlich der Befehl Philipp II, sämmtliche Güter
aus seinen Sammlungen, »sei es nun in welcher Menge
und Art immer«, zu vereinigen, »aufdass sie in einer
Versteigerung verkauft würden«., um aus dem Erlös
die aufgelaufenen Schulden des königlichen Hauses
Zu bezahlen. Diese Testamentsbestimmung, welche
Philipp II. allein aus dem Grunde traf, um seine Rech-
nung mit der Welt ebenso gewissenhaft zu begleichen, wie
er sie dem Himmel gegenüber einzuhalten nach seiner
besten Ueberzeugung stets bemüht war; diese einfache
Clausel ist in ihren Folgen gleichwohl ein Mittel ge-
worden, um nicht blos in den Reichthum des königlichen
Schatzes sondern auch in eine Sphäre hoher Kunst-
pflege, als deren Mittelpunkt wir Philipp II. bereits so
oft dargestellt haben, in eine ganze Reihe formvollen-
deter Kunstgegenstände aller möglichen Stylarten und
aller möglichen Gattungen, wie sie im Hause und auf
der Reise, bei der Andacht und bei der Zerstreuung, kurz
bei fast allen Anlässen, welche das tägliche Leben mit
sich bringt, gebraucht wurden, einen auf quellenmässige
Darlegung gegründeten Einblick zu gewinnen. So wird
das vorliegende Inventar zu etwas, woran seine treff-
lichen Verfasser wohl am wenigsten gedacht haben:
 
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