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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Editor]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Zimerman, Heinrich: Quirin Ritter von Leitner
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0440
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Quirin Ritter von Leitner.

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Jahren seiner activen Dienstzeit der Einrichtung und Ausgestaltung des k. und k. Heeresmuseums,
dessen Curatoriumsmitglied er seit seiner Gründung war, seine Aufmerksamkeit zugewendet, so wid-
mete er diesem nachher seine ganze Thätigkeit, liess einen im Manuscript gedruckten Entwurf für
Anlage, Druck und Illustration des Kataloges und eine Publication über die Quellen zur Geschichte
der Bewaffnung, Ausrüstung und Adjustirung des österreichischen Heeres erscheinen, unternahm
grössere Reisen, um die fehlenden zur Ergänzung nöthigen Rüstungsstücke aufzutreiben, arbeitete
eifrigst an der Aufstellung der auf Urkunden und authentischen alten Abbildungen beruhenden Rüstungs-
typen und der Gedenktafeln mit den Namen der vom Beginne des dreissigjährigen Krieges bis zum
Jahre 1878 vor dem Feinde gebliebenen k. k. Generale und Oberste und war mit Erfolg bemüht eine
tüchtige jüngere Kraft heranzubilden zur Ausführung seines Planes, das neue Museum zu einem auf
streng wissenschaftlicher Grundlage stehenden leuchtenden Vorbilde für ähnliche Anstalten zu machen.
Die hohe Anerkennung, welche sich Leitner auch auf diesem Felde seiner Thätigkeit durch unermüd-
liches selbstloses Wirken zu erringen wusste, findet wohl ihre glänzendste Illustration in dem Um-
stände, dass der hohe Protector-Stellvertreter des Curatoriums, Seine k. und k. Hoheit der durch-
lauchtigste Herr Erzherzog Wilhelm, es sich nicht verdriessen liess, seine Sommervilleggiatur nur zu
dem Zwecke zu unterbrechen, um dem pflichttreuen Curatoriumsmitgliede bei seinem Leichenbegäng-
nisse durch seine persönliche Anwesenheit die letzte Ehre zu erweisen.

So sehen wir Leitner gegen das Ende seines Lebens zu seiner ersten Liebe, der Geschichte des
glorreichen k. und k. Heeres zurückkehren. Den alten österreichischen Officier in des Wortes bestem
Sinne hat er auch zeitlebens nie verleugnet. Er war thatkräftig und bescheiden, ein aufrichtiger männ-
licher Charakter, ein liebenswürdiger humaner Vorgesetzter, ein treuer aufopferungsfähiger Freund
und Kamerad. Ein loyaler Gegner, verstand er gegebenen Falles eine scharfe Klinge zu führen, kämpfte
aber stets nur mit offenem Visir. Voll von fruchtbringenden Ideen und erfüllt von geistvollen weit-
tragenden Plänen, überliess er die Ausführung und Verbesserung derselben im Detail gerne ihm nach-
strebenden jüngeren Kräften, die er nach bestem Können förderte und unterstützte. Neid und klein-
liche Missgunst waren seinem Wesen fremd.

Als er am 23. Juli d. J. die einst so hellblickenden, nun durch monatelange überaus qualvolle
körperliche Leiden getrübten Augen schloss, konnte er trotz mancher auch ihm anhaftender allgemein
menschlicher kleiner Fehler und Irrthümer mit dem tröstlichen Bewusstsein eines durch und durch
edel denkenden Ehrenmannes und eines glühenden Patrioten scheiden, dem sein Lebelang als höchstes
Ziel vorgeschwebt, auch auf künstlerischem und wissenschaftlichem Gebiete zu wirken zur Ehre Oester-
reichs und zum Ruhme seines erlauchten Herrscherhauses.

Nun hat auch dieser rastlose Kämpfer auf dem steilansteigenden Friedhofe zu Hietzing das
sonnige Ruheplätzchen gefunden, das er sich immer gewünscht. Wollte man auf seinem Grabsteine
sein in mehr als einer Richtung bahnbrechendes Wirken mit kurzen Worten charakterisiren, so könnte
es kaum besser geschehen, als wenn man darauf den Wahlspruch setzte, der an der Decke eines Saales
der von ihm erst so recht geschaffenen, jetzt im neuen Museum aufgestellten kaiserlichen Waffensamm-
lung prangt, die alte Devise Karl des Kühnen: »Je Tay emprins«.

Wien, am Allerseelentage i8g3.

H. Zimerman.
 
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