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Kunsthistorische Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses <Wien> [Hrsg.]
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses (ab 1919 Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien) — 15.1894

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Abhandlungen
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Zimerman, Heinrich: Quirin Ritter von Leitner
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https://doi.org/10.11588/diglit.5906#0439
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Quirin Ritter von Leitner.

gegründete Ueberführung des grössten Theiles der Laxenburger Sammlung nach Ambras und für den
gleichzeitigen Austausch von Gegenständen der Hof-Waffen- und Ambrasersammlung einer- und der
Sammlung im Schloss Ambras andererseits aus und wirkte durch einen Artikel im »Tiroler Boten«
derart aufklärend, dass 1880 der Austausch anstandslos durchgeführt werden konnte und der Tiroler
Landtag und die Stadt Innsbruck durch ihre Vertreter den unterthänigsten Dank für die erneuerte Ver-
herrlichung von Schloss Ambras ausdrückten.

Im Jahre 1879 begann Leitner die Vorarbeiten für das bereits im Generalprogramm von 1876
als wissenschaftliches Organ der kaiserlichen Kunstsammlungen vorgesehene Jahrbuch. Im Vertrauen
auf seine erprobte Gewissenhaftigkeit bei historischen Forschungen, seine gründliche Kenntniss des
einschlägigen Quellenmaterials und seine bekannte durch keine Schwierigkeiten zu beugende Ausdauer
wurde von dem sonst üblichen vielgliedrigen Redactionscomite abgesehen und ihm allein die Redi-
girung des Jahrbuches von Amtswegen übertragen. Innerhalb zwei Jahren war der erste Band er-
schienen, der allgemeine Anerkennung fand, und inzwischen auch der »Freydal« 1 veröffentlicht. Dieses
bis dahin kaum benützte Quellenwerk bildet eine wahre Fundgrube für Culturgeschichte sowie für die
noch lückenhafte Kenntniss der Genealogie und Geschichte des Adels jener Zeit und ist für das Ver-
ständniss der Turniere von um so höherer Bedeutung, als Kaiser Maximilian I. für das Turnierwesen
tonangebend war und hierin als Autorität galt.

Im September i883 war auch der zweite Band des Jahrbuches im Drucke fertig und bildeten
beide Bände im Vereine mit den übrigen durch Allerhöchste Munificenz ermöglichten von Leitner ver-
fassten Prachtwerken einen hervorragenden Bestandtheil der damals eben eröffneten Ausstellung der
graphischen Künste. Durch diese gediegenen Publicationen und mustergiltigen historischen Leistungen
hatte sich Leitner einen ehrenvollen Platz unter den Fachgelehrten errungen und einen bedeutenden
wissenschaftlichen Ruf erworben.

Wir müssen es uns versagen, auf die lobenden Kritiken der weiteren unter Leitner's Redaction
erschienenen Bände des Jahrbuches und seiner in denselben veröffentlichten kleineren Aufsätze, wie
des im fünften Bande enthaltenen über das Wappen mit den drei Löwenköpfen von Dürer, als dessen
Besitzer er den kaiserlichen Secretär Jakob de Banissis nachwies, des Näheren einzugehen, und wollen
nur noch auf die als Beilage zu den von ihm redigirten Bänden erschienene erste prächtige Gesammt-
ausgabe der Holzschnittwerke Kaisers Maximilian I. hinweisen, deren cyklischer Zusammenhang von
Leitner zuerst erkannt und nachgewiesen wurde.

Mit Allerhöchster Entschliessung vom ig. September i883 erhielt er taxfrei den Titel und Cha-
rakter eines Hofrathes und wurde in Anerkennung seiner fortgesetzten gewissenhaften Verwaltung der
Schatzkammer, seines unermüdlichen Eifers, seiner Umsicht und Fachkenntniss in der Redaction des
Jahrbuches, welches in wissenschaftlichen Kreisen immer mehr Beachtung und Anerkennung fand und
sehr wesentlich dazu beitrug, den Ruf der kaiserlichen Sammlungen zu verbreiten und die allgemeine
Erkenntniss des in allen Generationen sich gleichmässig wiederfindenden Kunstsinnes der Mitglieder
des Kaiserhauses zu fördern, am 8. März 1885 zum wirklichen Hofrathe ernannt.

Zunehmende Folgeübel seines langjährigen Nervenleidens, welche ihm die gewissenhafte Erfüllung
seiner dienstlichen Obliegenheiten oft nur unter peinlichen physischen Zuständen ermöglichten, bewogen
Leitner, am 16. October 1887 nach mit Einschluss seines Kriegsjahres (1859) mehr als vierzigjähriger
Dienstzeit um seine Versetzung in den dauernden Ruhestand anzusuchen. Die mit Allerhöchster Ent-
schliessung vom 6. November 1887 bei gleichzeitiger Erfüllung dieser Bitte erfolgte Verleihung des
Ordens der eisernen Krone II. Classe bildet die schönste Anerkennung seiner langjährigen stets eifrigen
und erspriesslichen Dienste.

Allein der Mann, dessen einzige Lebensfreude die unermüdliche Arbeit bildete, konnte auch nach
seiner Pensionirung keine Befriedigung in beschaulicher Müsse finden. Hatte er schon in den letzten

' Freydal. Des Kaisers Maximilian I. Turniere und Mummereien, mit einer geschichtlichen Einleitung, einem facsi-
milirten Namensverzeichnisse und 255 Heliogravüren, Wien 1880—1882.
 
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